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Bio-Wasserstoff

Weltweit erster Wasserstoff aus Biogas

Die TU Graz und das Start-up Rouge H2 Engineering erzeugen weltweit erstmalig hochreinen Wasserstoff aus Biogas direkt bei einer Biogasanlage mit einem neuen Prozess.

Lesezeit: 5 Minuten

Grüner Wasserstoff gilt als Hoffnungsträger in der Energie- und Mobilitätswende, ist derzeit aber noch nicht massentauglich. Das hat mehrere Gründe: Wasserstoff wird derzeit überwiegend zentral aus fossilen Rohstoffen erzeugt. Anschließend muss er in einem teuren sowie energieintensiven Prozess komprimiert oder verflüssigt werden, um ihn beispielsweise an Tankstellen liefern zu können. Und dort sind teure Infrastruktur mit hohen Investitionskosten nötig, um große Wasserstoffmengen zu speichern.

Forscher rund um Verfahrenstechniker Viktor Hacker vom Institut für Chemische Verfahrenstechnik und Umwelttechnik der TU Graz haben 2020 gemeinsam mit dem Grazer Start-Up Rouge H2 Engineering ein nachhaltiges Verfahren zur dezentralen Wasserstofferzeugung präsentiert, die sogenannte „Chemical-Looping Hydrogen-Methode“. Die mehrfach ausgezeichneten Forschungsergebnisse mündeten in einer kompakten Anlage, die – ausgehend von Biogas, Biomasse oder Erdgas – Wasserstoff erzeugen kann.

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Wasserstoff aus bestehender Biogasanlage



Nun haben Hacker und Co. in einer der weltweit größten industrienahen Demonstrationsanlagen direkt bei einer bestehenden Biogasanlage hochreinen Wasserstoff aus echtem Biogas erzeugt.„Wir zeigen damit, dass ein Chemical-Looping System in eine bestehende Biogasanlage eingebunden werden kann. Es entsteht hochreiner Wasserstoff für Brennstoffzellen aus realem Biogas, und zwar nicht nur im Labor, sondern tatsächlich im industriellen Maßstab“, erläutert Hacker.

Das reale Biogas – Methangas aus Schweinegülle, Glycerinphase, Silomais und Getreideresten – stammt von der südsteirischen Ökostrom Mureck GmbH. Dort ist man sehr interessiert an einem zusätzlichen Standbein: „Die Option, dass unser Biogas neben Strom zusätzlich auch grünen Wasserstoff für nachhaltige Mobilität erzeugt, ist natürlich hochspannend für uns“, so Geschäftsführer Karl Totter. 

Am Firmengelände in Mureck hatten Rouge H2 Engineering und die TU Graz im Sommer 2021 die Demonstrationsanlage errichtet und bis Ende Oktober zu Testzwecken in Betrieb.

Eisen-Wasserdampf-Prozess

Die 10 Kilowatt-Anlage zweigt dabei etwa 1 % des Biogasstroms ab (etwa 30 Liter pro Minute) und vermischt es mit Wasserdampf. Das Gemisch strömt in den Reaktor der Anlage. Dort wird das Biogas reformiert und Synthesegas hergestellt. Dieses Gas reduziert in weiterer Folge Eisenoxid zu Eisen. Dann kommt Wasserdampf in den Reaktor, der das Eisen wieder zu Eisenoxid reoxidiert. Dabei wird Wasserstoff mit einem Reinheitsgrad von 99,998 % frei. 



Mit diesem Eisen-Wasserdampf-Prozess wird ein Wirkungsgrad von 75 % erreicht. „Würden wir anstelle des einen Prozents den gesamten Biogasstrom der Murecker Biogasanlage (etwa 480 Kubikmeter pro Stunde) durch eine entsprechend hochskalierte Chemical-Looping-Anlage leiten, kämen wir sogar auf eine Wasserstoffproduktionsanlage mit 3 MW. Das bedeutet, die Technologie ist nun reif für den kommerziellen Einsatz. Wir können auch im großen Maßstab dezentralen Wasserstoff aus realem Biogas herstellen“, betont Rouge H2 Projektleiter Gernot Voitic.



Diese Art der dezentralen Herstellung wirkt sich auch positiv aus auf den Produktions- und somit auf den Einkaufspreis des Wasserstoffs. Derzeit wird Wasserstoff an der Tankstelle mit 10 Euro/kg angeboten. Mit dem neuen Verfahren lässt sich Wasserstoff laut Analysen für 5 €/kg dezentral produzieren. Damit sei das Verfahren gegenüber anderen Technologien wie z.B. der Elektrolyse konkurrenzfähig (5 bis 12 Euro/kg Wasserstoff), so Hacker. 



Das Problem mit dem Druck

Die Technologie funktioniert also bewiesenermaßen und lässt sich auch in eine bestehende Biogasanlage integrieren. Zentrale Fragen zur flächendeckenden Verfügbarkeit sind aber noch offen, darunter: Was soll mit dem Wasserstoff in weiterer Folge geschehen? Und: Wer macht den ersten Schritt? 

Naheliegend ist die Überlegung, neben der Anlage zur Wasserstofferzeugung aus Biogas gleich auch eine Wasserstofftankstelle zu installieren. Die Krux dabei: Wasserstoffbetriebene Fahrzeuge müssen laut Vorgaben derzeit mit 700 bar Druck betankt werden, „um möglichst viel Wasserstoff in einen möglichst kleinen Tank zubekommen und so eine attraktive Reichweite zu erlangen.“, erklärt Viktor Hacker. Die Chemical-Looping-Anlage erzeugt Wasserstoff mit einem Druck von bis zu 100 bar, was vergleichsweise hoch ist, aber für eine Betankung nicht reicht. Den Wasserstoff auf 700 bar zu komprimieren, ist sowohl knifflig als auch teuer. „Irgendwo muss diese Verdichtung erfolgen, entweder direkt am Herstellungsort oder spätestens bei der Tankstelle, die man freilich auch mit abgefülltem Wasserstoff beliefern könnte. Die Kosten werden anfallen, und damit sind wir wieder beim Tankpreis.“

Vermarktungsweg noch offen



Technisch notwendig wäre diese Verdichtung nicht: Brennstoffzellen-Fahrzeuge können prinzipiell auch mit nur 2 bar Druck fahren – nur eben nicht sehr weit. Daher würde sich die dezentrale Wasserstoffproduktion direkt bei Biogasanlagen für kürzere Fahrtstrecken anbieten, etwa für Wasserstoff-Traktoren (die es derzeit am Markt noch gar nicht gibt) oder für wasserstoffbetriebene Lagerfahrzeuge wie etwa Gabelstapler. 

Andere Möglichkeiten der Nutzung von Wasserstoff „ab Biogasanlage“ wären etwa die Abfüllung in Gasflaschen zum weiteren Transport, die Verlegung von Wasserstoffleitungen direkt zu mit Brennstoffzellen ausgestatteten Wohnhäusern oder die Nutzung in industriellen Prozessen. Für Karl Totter Junior und Senior ist für die Ökostrom Mureck GmbH klar: „Wir könnten uns sehr gut vorstellen, unser Biogas auch zur Herstellung von Wasserstoff zu verwenden und unser Gelände um eine entsprechende Anlage zu ergänzen. Aber abkaufen muss uns den Wasserstoff auch jemand. Nachfrageseitig muss sich noch etwas bewegen, damit wir diesen Investitionsschritt setzen können“.

Weitere Infos: www.tugraz.at

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