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Verendete Tiere

Hasen-Syphilis: Die heimliche Krankheit

Während die Syphilis bei Hauskaninchen erstmals 1920 beschrieben wurde, war sie beim Feldhasen lange Zeit wenig erforscht. Eine Studie zeigt, dass der Erreger auch bei Feldhasen verbreitet ist.

Lesezeit: 4 Minuten

Der folgende Text von Dr. Luisa Fischer von der Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung NRW und Prof. Sascha Knauf vom Friedrich-Loeffler-Institut ist zuerst im aktuellen „Rheinisch-Westfälischen Jäger“ erschienen.

Der Erreger der Hasen-Syphilis ist das Bakterium TPeL (Treponema paraluisleporidarum ecovar Lepus), das dem Syphilis-Bakterium des Menschen sehr ähnelt. Von TPeC (ecovar Cuniculus) redet man, wenn der Erreger bei Kaninchen auftritt.

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Ob die Einteilung in Hasen- und Kaninchen-infizierende Stämme sich langfristig halten wird oder die gleichen Erregerstämme Hasen und Kaninchen infizieren, ist Gegenstand aktueller Forschung. Trotz der nahen genetischen Verwandtschaft geht man derzeit davon aus, das der Hasen-Syphilis-Erreger nicht auf Menschen übertragbar ist.

Die Krankheit beim Hasen

Bei Hasen wurde die Syphilis erstmals 1957 beschrieben. Die Infektion geht in den meisten Fällen aber nicht mit Krankheitsanzeichen einher - die Tiere erscheinen gesund. Bei domestizierten Kaninchen wird die Erkrankung vor allem mit krustigen Hautveränderungen am Kopf (v.a. Nase, Lippen, Augen, Ohren) sowie Schwellungen und Gewebeschädigung an den äußeren Geschlechtsorganen in Verbindung gebracht.

Wie bei der menschlichen Syphilis befällt der Erreger nicht nur (Schleim-) Haut, sondern breitet sich im gesamten Organismus aus. Infizierte Tiere bilden innerhalb weniger Wochen Antikörper gegen das Bakterium aus. Diese schützen aber nicht vor erneuter Ansteckung durch andere Erregerstämme und führen auch nicht zu einer Heilung. Ein infizierter Feldhase wird den Erreger also nicht mehr los und bleibt sein Leben lang Träger.

Europaweite Forschung - auch in NRW

Da das Bakterium nicht ohne seinen Wirt in der Umgebung überleben kann, ist der direkte, sexuelle Kontakt zwischen infiziertem und empfänglichem Tier der wahrscheinlichste Übertragungsweg. Dies wird auch durch den Antikörpernachweis in einer niedersächsischen Hasenpopulation deutlich, in der noch sehr junge Tiere weniger Antikörper gegen den Erreger aufwiesen als geschlechtsreife.

Seit wann sich der Erreger unter wilden Hasenartigen ausbreitet, konnte bislang nicht geklärt werden. Auch ist unklar ob Hasen und Kaninchen sich mit den gleichen Erregerstämmen infizieren. Es gibt Hinweise darauf, das zumindest in einem Fall ein Hauskaninchen und ein Hase in Hessen mit dem gleichen Stamm infiziert waren. Es ist daher davon auszugehen, dass auch andere Übertragungswege möglich sind und etwa Fliegen eine Rolle bei der artübergreifenden Ausbreitung der Krankheit spielen könnten.

Fliegen wurden auch für andere Treponemen-Krankheiten als mögliche Überträger diskutiert, da sie das Sekret infizierter Wunden aufsaugen und an anderen Stellen wieder hervorwürgen. Aufgrund der nur Minuten bis wenige Stunden getragenen Überlebenszeit des Bakteriums außerhalb des Wirtes ist dieser Übertragungsweg aber wohl eher selten.

Hasenpopulation unter Druck

Dass der Erreger in Hasen in nur wenigen Fällen zu sichtbaren Krankheitsanzeichen führt, spricht für eine evolutionäre Erreger-Wirt-Anpassung. Ob und inwieweit Infektionen einen Einfluss auf die in vielen Teilen Europas abnehmende Hasenpopulation haben, lässt sich noch nicht beurteilen. Es ist anzunehmen, dass die Intensivierung der Landwirtschaft und Krankheiten wie Rabbit Haemorrhagic Disease (RHDV-2) oder Tularämie einen bedeutenden Einfluss auf die Rückgänge haben.

Das Vorkommen der Hasen-Syphilis könnte auch mit der Klimaerwärmung zusammenhängen. So konnte in einer Studie ein Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein von Antikörpern und der Höhenlage der Region gezeigt werden.

Auch die Ausbreitung über das in Teilen Europas noch praktizierte Ansiedeln gefangener/gezüchteter Feldhasen und Wildkaninchen könnte bei der Verbreitung eine Rolle spielen.

Trotz vieler neuer Daten zu Vorkommen und Verbreitung bleibt einiges unklar, zur Aufklärung dieser Fragen können nur weitere wissenschaftliche Studien helfen!

Jäger können mithelfen

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft unterstützt eine Forschungsgruppe am Friedrich-Loeffler-Institut dabei, den heimischen Erreger der Syphilis bei Hasen und Kaninchen europaweit zu erforschen. Mittlerweile steht fest: TPeC/L kommt in großen Teilen Europas (Ungarn, Schweden, Italien, Tschechien, Österreich, Deutschland, Niederlande) regelmäßig bei Hasenartigen vor. Auch bei den Apennin-Hasen (Korsika-Hase) wurde das Bakterium erstmalig nachgewiesen.

Durch die Beprobung von Feldhasen- und Wildkaninchenstrecken (einschließlich Fallwild) hat sich die Forschungsstelle in Zusammenarbeit mit den Chemischen und Veterinäruntersuchungsämtern NRW an diesen Studien beteiligt. Bei Untersuchungen in NRW wurden bereits 29 von 130 Feldhasen, aber keines der 10 Wild- und zwei Hauskaninchen, positiv auf das Syphilis-Bakterium getestet, nur ein Feldhase zeigte Veränderung am Genital. Wie auch in anderen Teilen Deutschlands und Europas zeigte sich eine Vielzahl unterschiedlicher Erregerstämme.

In Zukunft will die Forschungsgruppe das vollständige Genom der verschiedenen Erreger entschlüsseln, um auch der Frage nachzugehen, wie häufig der Austausch zwischen einzelnen Feldhasen-Vorkommen stattfindet und v.a., welche Rolle Wildkaninchen dabei spielen. Dazu liegt das Hauptaugenmerk derzeit an der Beprobung von Gebieten, in denen beide Arten vorkommen.

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