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Ein ewiger Konflikt?

Lesezeit: 12 Minuten

Streitereien zwischen Schwiegermüttern und Schwiegertöchtern sind (leider) nicht selten. Warum der Ehemann und Sohn der wichtigste Vermittler zwischen den beiden ist und wie ein harmonisches Miteinander aussehen kann, erklärt unsere Autorin Dr. Silvia Riehl.


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Wenn Frauen sich nicht leiden können, fliegen schnell die Fetzen. Entsprechend explosiv ist die Stimmung häufig, wenn mit dem Hoferben eine „neue“ Frau auf den Hof zieht.


Das Verhältnis zwischen Schwiegermutter und -tochter ist oft schwierig und vielschichtig. Besonders gilt das in landwirtschaftlichen Familien. Hier macht das enge Zusammenleben und die Verflechtung von Betrieb, Haushalt und Privatleben die Situation noch gereizter und beeinflusst den Familienalltag nicht selten negativ.


Zwei Probleme:

Warum ist gerade das Verhältnis der Schwiegermutter zur Partnerin ihres Sohnes so problematisch? Zum Schwiegersohn besteht meist ein besseres Verhältnis, auch Schwiegerväter kommen oft blendend mit ihren Schwiegertöchtern aus. Zwei wesentliche Gründe bestimmen diesen Konflikt: Es ist immer noch so, dass die Frau hauptsächlich den Haushalt organisiert. Auch, wenn sie daneben voll berufstätig ist. Von der Einrichtung über die Atmosphäre und Innendekoration bis zum Speiseplan oder der Gestaltung des Gartens in der überwiegenden Mehrzahl der Familien ist und bleibt die Frau die „Hüterin“ von Familie und Haushalt. Eine „neue“ Frau in der Familie wirkt da zunächst störend. Dieser Eindruck verstärkt sich besonders dann, wenn die junge und ältere Generation gemeinsam unter einem Dach leben, wie es in der Landwirtschaft typisch ist. Die Schwiegermutter fühlt sich in ihrer Zuständigkeit betroffen. Eine junge Frau bringt auch Veränderungen in die Haushaltsabläufe. Sie kocht andere Gerichte, nutzt dabei andere Gewürze, sortiert die Wäsche auf „ihre“ Art und betrachtet die anfallenden Aufgaben mit einer anderen Wichtigkeit. Ein Schwiegersohn wird in der Regel keinen Anspruch auf die Gestaltung des Haushaltes erheben und wirkt daher nicht so störend.


Die Beziehung zum gegengeschlechtlichen Kind, also zwischen Mutter und Sohn bzw. Vater und Tochter, ist zudem besonders eng. Heiratet der Sohn, empfindet die Mutter mehr oder weniger bewusst einen Verlust. Die Schwiegertochter wird schnell zum Objekt misstrauischer Beobachtung. „Ist sie auch gut genug für meinen Jungen? Er könnte doch jede andere haben!“ „Wird sie ihn auch ordentlich versorgen? Seine Hemden sehen jetzt immer ungebügelt aus!“


So ergibt sich für die Mütter, deren Söhne heiraten, eine brodelnde Gefühlssuppe, die je nach Temperament und Lebensumständen langsamer oder schneller überkochen kann.


Unklare Rollen im Alltag:

In landwirtschaftlichen Familien wird die Situation durch die räumliche Nähe und die Verflechtung von Betrieb und Familie noch komplizierter. Die junge Frau ­heiratet nicht nur den geliebten Mann, sondern auch einen Hof. Auf der anderen Seite verliert die Schwiegermutter nicht nur ihre eindeutige Stellung im Haus und in der Familie. Auch im Betrieb stehen Umstrukturierungen an, von denen sie direkt ­betroffen ist. So wächst die unterschwellig gefühlte „Bedrohung“ durch „die Neue“ noch weiter an.


Jede Familie und schon gar eine mit langer Tradition, hat ihre Verhaltensmuster, die niemand mehr hinterfragt. Sie geben dem Alltag Sicherheit und Struktur. Das beginnt bei eher lapidaren Dingen wie den Essenszeiten, der ersten Tasse Kaffee im Melkstand oder der gemeinsamen Fernsehstunde. Weitreichender umfasst dies auch die Diskussionskultur, z. B. die Frage, ob man Probleme offen anspricht oder nicht, und die Körperlichkeiten, z. B. ob man sich schnell mal in den Arm nimmt oder eher reserviert ist.


In diesen eingefahrenen Betrieb kommt nun jemand von außen, aus einer Familie, mit Verhaltensmustern, die unter Umständen auch auf anderen Werten beruhen. Auf Anhieb kann ein solcher Zusammenschluss nicht funktionieren. Alle Beteiligten müssen ein Stück „Integrationsarbeit“ leisten, um wieder ein gelingendes Familienleben zu ermöglichen.


Vor allem zwischen Schwiegermutter und -tochter spitzt sich dieser Konflikt oft zu, weil die beiden in der Regel viele Berührungspunkte haben und emotional am meisten betroffen sind. Die Schwiegermutter hat Angst, nicht mehr „gut genug“ zu sein, weniger Anerkennung zu bekommen, ihren Sohn zu „verlieren“. Die Schwiegertochter muss ihre Rolle und ihre Stellung in der neuen Familie erst finden. Sie hat ihre Herkunftsfamilie verlassen und fühlt sich ziemlich hilflos, besonders dann, wenn ihr Mann keinen klaren Standpunkt bezieht.


Nun gehen Menschen unterschiedlich mit solchen ungewohnten, konfliktträchtigen Situationen um. Es gibt die eher defensiven und zurückhaltenden, die auch einiges „schlucken“. Da brodelt es dann oftmals unter der Oberfläche und kann irgendwann durch eine Lapalie zur Explosion kommen. Nehmen die Betroffenen dagegen immer alles hin, können sie mit der Zeit eine eher depressive Haltung einnehmen. Auf der anderen Seite gibt es die „Bissigen“, die immer und sofort austeilen, be- und verurteilen. Wohl bemerkt, gibt es diese Persönlichkeiten auf beiden Seiten der Schwieger-Beziehung! Besonders schwer ist es, wenn ein bissiger Typ auf einen defensiven Typen trifft.


Leider gibt es nur wenige Frauen, die es schaffen, gute Freundinnen zu werden. Ein entscheidender Faktor ist da­-bei sicher, dass gut funktionierende Schwiegermutter-Tochter-Paare ihr Verhalten reflektieren und gemeinsam Lösungen suchen.


Den anderen wahrnehmen:

Ein erster Schritt in die richtige Richtung ist, sich den eigenen Gefühlen zu stellen. Man muss sich die Ursachen für die Spannungen bewusst machen. Sitzt meine Schwiegertochter, die Vollzeit als Arzthelferin arbeitet, z. B. immer, wenn ich gerade zum Melken gehe, im Wohnzimmer bei einer Tasse Tee und liest? Dann mag mein erster Gedanke sein: „Faule Socke, die hat überhaupt kein Interesse für den Betrieb, und ich ackere mich hier ab.“ Hinter diesem harten Urteil steckt aber das Bedürfnis, selbst mal auszuspannen, weil man vielleicht überlastet ist. Urteile sind also immer auch ein Ausdruck eigener unerfüllter Wünsche: Ich empfinde „die“ als faul und uninteressiert, weil ich mir selbst kaum Entspannungspausen gönne.


Hier ist es hilfreich, auf die eigenen Bedürfnisse zu schauen. Gleichzeitig sollte man überlegen, was die Schwiegertochter wohl für einen Tag hinter sich hat, mit rappelvollem Wartezimmer, schwerkranken Patienten und nörgelndem Chef.


Umgekehrt mag die Schwiegertochter in der gleichen Situation den Satz der Schwiegermutter „wir gehen jetzt zum Melken“ als Vorwurf empfinden. Für sie könnte das wie der tägliche Tadel klingen, dass sie nichts zum Erfolg des Betriebes beiträgt. Sie fühlt sich ausgegrenzt. Wirklich heilsam kann hier ein Gespräch sein, in dem man sich gegenseitig zuhört und versucht, die Gefühle und Bedürfnisse des anderen wahrzunehmen. Das bedeutet nicht, jede Ansicht des anderen für richtig zu halten, aber sie zu erkennen und zu akzeptieren. Um ein solches Gespräch zu führen, braucht es aber Vertrauen und Verständnis.


Mit Zeit und Geduld:

Über die eigenen Gefühle redet man nicht sofort mit einem fremden Menschen. Hier sollte sich die Familie des Ehemanns vor Augen halten, dass die einheiratende Schwiegertochter aus einer völlig anderen Welt kommt. Das verstärkt sich vor allem dann, wenn sie zusätzlich aus städtischen Verhältnissen stammt. Für die Familie auf dem Hof zieht eine Fremde ins Haus, die unter Umständen so gar nicht in die vorhandenen Verhaltensmuster passt. Hier hilft es sehr, wenn beide Seiten die gegenseitigen Erwartungen nicht zu hoch schrauben, sondern sich vorsichtig und geduldig miteinander vertraut machen.


Die Bereitschaft, den anderen so zu nehmen, wie er ist, und vielleicht sogar neugierig zu sein auf seine Ideen vom Leben und von dieser Welt. Das kann den Weg zu einem guten Mit­einander ebnen. Da sind alle Hofbewohner gefragt, nicht nur Schwiegermutter und -tochter. Vielleicht kann z. B. der Schwiegervater, der einen besseren Draht zur Frau seines Sohnes hat, erklären, warum seine Frau hier und dort so gereizt reagiert.


Ehemann und Sohn sein:

Eine besondere Rolle in dem „Integrationsprozess“ der Schwiegertochter spielt der Sohn bzw. Ehemann. Gerne würden sich die meisten Männer aus Konflikten zwischen ihrer Mutter und ihrer Frau heraushalten. Sie versuchen häufig, den vermeintlich einfachsten Weg zu wählen und nicht klar Stellung zu beziehen. Schließlich wollen sie die uneingeschränkte Liebe beider Frauen behalten.


In der Beziehung zwischen Mutter und Ehefrau nimmt der Mann aber eine Schlüsselrolle ein. Männer tragen erhebliche Verantwortung, wenn es brennt und brodelt. Ihre Aufgabe ist es, sich von der Mutter zu lösen und zur Ehefrau zu bekennen, ohne die Wertschätzung für die Mutter dabei zu verlieren. Gerade am Anfang können sie zwischen den beiden vermitteln. Das ist keine leichte Aufgabe und je einfacher sie es sich machen, desto schwieriger wird es für Mutter und Ehefrau.


„Macht das mal unter euch aus, ich habe damit nichts zu tun“, ist eine Einstellung, die die Lunte an ein explosives Gemisch legt. Ein klares Bekenntnis zur Ehefrau und damit zur „neuen“ Familie vermag die Fronten zu klären und, wenn es verbunden ist mit einer weiterhin liebevollen Zuwendung zur Mutter, die Wogen zu glätten.


Die Rollen klären:

Ist es gelungen, über Bedürfnisse und Gefühle zu reden und sich gegenseitig zu akzeptiern, kann die Familie gemeinsam überlegen, wie man die Karten auf dem Hof neu verteilt. Dazu ist es wichtig, dass alle akzeptieren, dass sich in dem Gefüge etwas ändert, weil jemand Neues dazukommt.


Ist das geschafft, kann sich die Familie beraten, wie in Zukunft die Rollenverteilung aussehen soll. Das kann die Frage sein, wer welche Aufgaben im Betrieb wahrnimmt, wer eher außerhalb des Betriebes das Familieneinkommen erhöht, wer kocht, wer für den Garten zuständig ist, und, und… Wenn offen über die Bedürfnisse gesprochen wurde, ist das auch keine Machtfrage mehr und keine Frage von Wertschätzung, sondern ganz pragmatisch: Wer macht am besten was? Eine Familie, die wertschätzend miteinander redet, kann die Schwiegertochter als bereichernd und ideengebend empfinden, ohne sich durch ihre „anderen“ Ansichten und Einstellungen bedroht zu fühlen. Das bedeutet natürlich auch, dass die Schwiegertochter zu Zugeständnissen bereit ist und Empathie für ihre neue Familie entwickelt.


Konfliktpunkt Erziehung:

Kommen die ersten Enkelkinder ins Haus, tut sich möglicherweise ein neues Konfliktfeld auf. Die Vorstellung von „richtiger“ Erziehung wandeln sich fast mit jeder Generation. So haben die Eltern oft eine andere Vorstellungen als die Großeltern. Auch die Verhaltensmuster der Familien, also auch der Herkunftsfamilie der Schwiegertochter, beeinflussen das Erziehungsverhalten. Leben nun die drei Generationen unter einem Dach, prallen diese Vorstellungen aufeinander.


Stellen wir uns vor, die Schwiegertochter spielt an einem sonnigen Nachmittag im Frühjahr für eine Stunde mit ihrer dreijährigen Tochter im Garten in der Sandkiste. Währenddessen arbeitet die Schwiegermutter im Gemüsebeet, setzt die ersten Pflänzchen und schafft Ordnung nach dem Winter. „Die lässt sich die Sonne auf den Bauch scheinen. Ich hatte nie Zeit, mit den Kindern zu spielen. Die konnten sich aber auch immer alleine beschäftigen und waren nicht so verwöhnt wie diese Göre.“ Das mögen in so einem Moment die Gedanken der Schwiegermutter sein – und wieder sind es ihre eigenen, damals unerfüllten Bedürfnisse, die sie zu diesen Gedanken führen.


Aber auch andere Fragen, wie z. B. der Süßigkeitenkonsum, die Fernsehzeiten oder Tischmanieren, können die Eltern und Großeltern unterschiedlich sehen. Ganz problematisch wird es hier, wenn Oma und Opa hinter dem Rücken der Eltern andere Maßstäbe setzen. Sicher ist es das Recht der Großeltern, die Enkel mal zu verwöhnen, aber es muss klar sein: Die Leitlinien der Erziehung setzen die Eltern. Auch hier helfen klärende Gespräche, und das junge Paar sollte dabei mit einer Stimme spre­chen. Überlassen die Männer diesen Konflikt wiederum Schwiegermutter und -tochter, wird es schwieriger. Die Großelterngeneration ist gut beraten, sich nicht in Erziehungsfragen einzumischen – auch dann nicht, wenn die Eltern manches anders machen als sie selbst. Die Eltern­generation sollte aber die damalige Erziehung nicht als „falsch“ verpönen, sondern eben als „anders“ anerkennen. Auch Kompromisse und das Verständnis für die Situation des anderen helfen dabei, Konflikten aus dem Weg zu gehen. So wie man nicht unbedingt am 1. Mai bei strahlendem Sonnenschein Gülle fahren sollte, muss ich vielleicht nicht gerade dann mit meinem Kind draußen spielen, wenn meine Schwiegermutter den Garten umgräbt.


Viele Frauen hatten es damals, als sie selbst auf den Hof einheirateten, sehr schwer. Teilweise wurden sie von ihrer eigenen Schwiegermutter geradezu traktiert. Eventuell lebt diese immer noch auf dem Hof und hat weiterhin einen negativen Einfluss auf die Stimmung. Die Erfahrung zeigt, dass diese Frauen nicht etwa verständnisvoller mit ihren Schwiegertöchtern umgehen, weil sie wissen, wie schwer das war. Nein, sie geben die volle Härte weiter – manchmal sogar doppelt. „Ich hatte es so schwer und bin hier immer noch die Magd, nun siehst du mal, wie das ist.“ Wiederum sind es die eigenen Befindlichkeiten und Empfindungen der Schwiegermutter, die nie jemand anerkannt hat, die sie so hart und unnahbar machen. Vielleicht hat auch ihr eigener Mann nicht eindeutig Stellung bezogen und ihr den Rücken gestärkt. Dieses Verhaltensmuster übernimmt sie voll, unter Umständen als unbewusste Rache. Hat die Schwiegertochter die Stärke, über einen Vorwurf hinwegzuhören und sich in die Schwiegermutter einzufühlen, kann das der erste Schritt auf einem guten Weg sein. Vielleicht mal einen Kuchen backen und dann zusammen über „früher“ reden und versuchen, zu verstehen. Wenn jemand nicht völlig versteinert ist, öffnet das Herzen.


Freiräume pflegen:

Viele der Probleme treten in nicht landwirtschaftlichen Familien gar nicht erst auf, weil alte und neue Familie getrennt voneinander leben. Man besucht sich mehr oder weniger häufig und kommt gut miteinander aus. Vielleicht ist höchstens Weihnachten eine Krisenzeit, weil man meint, die Feiertage gemeinsam in Frieden und Freude verbringen zu müssen.


In Bauernfamilien gibt es diese komplette Trennung nur selten. Gerade deshalb sollte man aber das, was man trennen kann, auch trennen. Dazu zählen z. B. Küche, Wohnung und Aufgaben im Betrieb. Je klarer die Abgrenzung, desto weniger Reibungspunkte gibt es. Damit steigt eher die Bereitschaft, auch mal etwas gemeinsam zu machen, z. B. das Essen in betrieblichen Stressphasen oder einen Ausflug mit den Kindern.


Denken Sie immer daran: Das Gegenteil von „gut“ ist „gut gemeint“! Lassen Sie sich gegenseitig Freiräume.


Wie läuft‘s bei Ihnen? Schreiben Sie uns! Redaktion top agrar, Postfach 78 47, 48042 Münster. E-Mail: familie@topagrar.com

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