top agrar: Die Bundesregierung hat erneut Vorschläge an die EU-Kommission für die Verschärfung der Düngeverordnung geschickt. Wie lange werden die Maßnahmen jetzt halten?
Schulze: Frau Klöckner und ich haben dieses Problem geerbt, weil in der letzten Legislaturperiode durch enormen Lobbydruck des Bauernverbandes die Anforderungen der Nitratrichtlinie absehbar nicht ausreichend umgesetzt wurden. Deutschland verstößt schon seit vielen Jahren gegen die EU-Nitratrichtlinie. Das bemängelt die EU-Kommission seit langem und hat Deutschland erfolgreich vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt. Auch unsere Nachbarländer fordern, dass gleiches Recht für alle gilt. Deshalb haben wir in Brüssel Vorschläge vorgelegt, wie wir das Nitrat im Grundwasser reduzieren wollen. Das letzte Wort aber hat Brüssel, wir müssen also jetzt abwarten, wie die EU-Kommission unsere Vorschläge fachlich bewertet.
Umstritten ist weiterhin der Abschlag von 20% bei der Düngung in den roten Gebieten. Die Ausnahmen, die sie davon nun geschaffen haben, sind kompliziert, warum halten Sie dennoch daran fest?
Schulze: Die Reduzierung der Düngung um 20% im Betriebsdurchschnitt ist die Kernmaßnahme des Vorschlags, sie ist einvernehmlich innerhalb der Bundesregierung und die weit überwiegende Zahl der Länder stimmt ihr zu. Auch die Ausnahme ist sehr einfach: Wer in den roten Gebieten wenig düngt, konkret unter 160 kg pro ha und davon maximal 80 kg Mineraldünger, und somit nicht besonders zur Belastung in den roten Gebieten beiträgt, wird von dieser Auflage freigestellt.
Brüssel hat auch die Regelungen für die Gülleausbringung auf Hanglagen kritisiert. Worauf haben Sie sich geeinigt?
Schulze: Wir schlagen vor, dass bei Flächen mit über 15 Prozent Hangneigung die Gewässerabstände, wo nicht gedüngt werden darf, von 5 auf 10 Meter erhöht werden. Bei Flächen zwischen 5 und 10 Prozent Hangneigung sollen die Abstände von einem auf zwei Meter erhöht werden. Außerdem muss Dünger auf den stark geneigten Flächen unmittelbar eingearbeitet werden, wenn kein schützender Pflanzenbewuchs besteht.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wollte in den roten Gebieten lieber verpflichtende Wasserkooperationen einsetzen. Warum haben Sie das nicht aufgegriffen?
Schulze: Diese Wasserkooperationen können ja jetzt schon stattfinden. Dabei bezahlen die Wasserversorger Landwirte für eine gewässerschonende Bewirtschaftung ihrer Flächen. Tatsächlich zahlen also die Verbraucher für eine ordentliche, schonende Landwirtschaft. Auf freiwilliger Basis finde ich das in Ordnung, aber verpflichtend ist das eine Umkehrung des Verursacherprinzips. Das ist dann nicht in Ordnung.
Welchen Spielraum haben die Bundesländer jetzt überhaupt noch für Änderungen?
Schulze: Wir haben die Bundesländer eng in unsere Diskussionen einbezogen und diese tragen die wesentlichen Vorschläge mehrheitlich mit. Sie wissen, dass wir schnell handeln müssen. Sonst drohen Strafzahlungen von 870.000 € pro Tag. Dass dieses Geld am Ende aus dem Agraretat abgezogen würde, muss allen klar sein, die jetzt noch auf der Bremse stehen.
Bleibt es dabei, dass die verschärfte Düngeverordnung ab Mai 2020 gelten soll?
Schulze: Nein, die Kommission hat Beschleunigungen verlangt und wir haben nun März 2020 vorgeschlagen.
Viele Landwirte kämpfen noch mit den Anpassungsfolgen der novellierten Düngeverordnung von 2017. Jetzt müssen Sie sich erneut anpassen, ohne dass die Preise, Umsätze und Gewinne gestiegen sind.
Schulze: Wir hätten lieber schon die Düngeverordnung von 2017 ambitionierter gehabt. Meine Vorgängerin hat damals schon gesagt, das wird nicht reichen, sie wurde aber überstimmt. Jetzt ist genau das passiert, was mein Ministerium befürchtet hatte, es musste wieder nachgebessert werden.
Was raten Sie den Landwirten denn jetzt wie sie mit den bevorstehenden Veränderungen umgehen sollen?
Schulze: Zuerst müssen wir die Rückmeldung aus Brüssel abwarten. Dann würde ich daraufsetzen, dass EU-Recht gilt und auch umgesetzt wird. Wir werden nicht drum herumkommen, gerade in den roten Gebieten den Nährstoffeintrag zu reduzieren. Mittel, die Landwirtschaft dabei zu unterstützen, sind in der europäischen und nationalen Agrarpolitik vorhanden, wir müssen sie aber gezielt dafür einsetzen, den Landwirtinnen und Landwirten bei ihren Anpassungsmaßnahmen zu helfen.
Vielen Dank für das Gespräch.
{{::textbox::standard::Das vollständige top agrar Interview mit Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) auch zu weiteren Themen wie Pflanzenschutz, Insektenschutz, Klimaschutz, Wolf und zur Reform der EU-Agrarpolitik steht in der kommenden Ausgabe der top agrar, die am 25. Juni 2019 erscheint.::}}
von Willy Toft
Die roten Gebiete sind groß gehalten!
Bei uns sind nur 3 Messstellen in Stadtnähe über die Maßen belastet, und wir haben im 40 Km Radius alle das Nachsehen! Wie soll das alles gerecht zugehen?
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von Gerd Uken
@ Geveke
Vielleicht mal hier: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/publikation/long/4058.pdf
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von Jens Geveke
Weiss eigentlich irgendjemand wo es eine detaillierte Karte mit den Roten Gebieten gibt ?
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von Hermann Kamm
leider gibts zu diesen Thema nichts mehr zu sagen,
außer das die Politik und der Bauernverband kompletter Linie versagt haben!!!!! bevor man solche Aktionen startet, obwohl man weiß das etliche Gebiete als rot ausgewiesen werden und dabei keiner den Arsch in der Hose hat die Messergebnisse anzuzweifeln. Armes Deutschland, da geht ja ... mehr anzeigen sche langsam alles den Bach hinunter. Wir Landwirte werden anscheinend wirklich nicht mehr gebraucht. weniger anzeigen
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von Bernhard Kremling
Gewinner und Verlierer
Diejenigen, die in den grünen Gebieten zuhause sind, zählen zu den Gewinnern, und die in den roten Gebieten zu den Verlierer. Die geplante Einschränkung in den roten Gebieten führt dazu, dass über Nacht diese Flächen deutlich an Wert verlieren werden. Humus, den Generationen ... mehr anzeigen aufgebaut haben, wird wieder abgebaut, denn Humusaufbau geht nur mit Nährstoffzufuhr. Wenn das so kommt wie geplant, bluten diese Flächen aus. Ausweg scheint hier nur der Ökolandbau zu sein, denn da gibt es dann Ausnahmen, hier ist es auch unwichtig mit wieviel Nmin es in den Winter geht. weniger anzeigen
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von Heinrich Steggemann
Man doktert an den Symtomen herum
Anstatt pauschal 20% Düngeabschlag einzufordern, obwohl grosse Teile der roten Gebiete im grünen Bereich sind, sollte ein Aktionsprogramm Humusaufbau durch stark belebte Böden aufgelegt werden. Dazu müssten weltweite Spezialforschungsergebnisse zusammengetragen werden und auf ein ... mehr anzeigen praxistaugliches Niveau heruntergebrochen werden. Dies würde uns Landwirte auch in die Lage versetzen aktiv CO2 aus der Atmosphäre zu saugen. Pro 1% Humus werden 1500 kg Stickstoff und 15000kg Kohlenstoff (entspricht 60 to CO2) pro Hektar fest verbaut. Ob Humus auf- oder abgebaut wird, entscheidet das Bodenleben. Wir brauchen praxistaugliche Beratung um es in die richtige Richtung zu lenken. weniger anzeigen
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von Wolfgang Rühmkorf
Diese Haltung der Ministerin entlarvt mal wieder die in den zuständigen Ministerien versammelte Fachkompetenz. Hier geht es ausschließlich um Politstrategie und Wählerstimmen. Denn es gibt genügend Versuchsergebnisse, die spezifisches statt pauschalem Handeln nahelegen und positive ... mehr anzeigen Ergebnisse ohne Kollateralschäden ermöglichen würden. weniger anzeigen
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von Andreas Gerner
Zentrale Frage bleibt unbeantwortet
Wenn zu den ungerechtfertigt groß ausgewiesenen Roten Gebieten aufgrund eines einzelnen, nicht repräsentativen Messwerts trotz bester Durchschnittswerte, rein gar nichts gesagt wird, ist das mehr als traurig. Wo tatsächlich das Grundwasser belastet ist UND nachweislich die ... mehr anzeigen Landwirtschaft schuld ist, UND in der Lage ist, daran etwas zu ändern, ist klar, dass dort weniger gedüngt werden darf. Wo aber ganze Landkreise mit bestem Wasser zum Roten Gebiet werden, weil Oberflächenwasser aus einer Kompostierungsfläche ein schlechtes Messergebnis verursacht, sind Verschärfungen ein Skandal. weniger anzeigen
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von Wilhelm Grimm
SCHULZE IST MEIN ROTES TUCH,
die hat die Leitung des Agrarministeriums an sich gerissen, während sich Frau Klöckner beim aufeinander Zugehen verlaufen hat. Kein Wort zur Berechtigung roter Gebiete an Hand nachvollziehbarer Messergebnisse. Frau Klöckner tut nichts, die CDU tut nichts. der Bauernverband tut nichts ... mehr anzeigen und die DLG auch nicht. Alle kriechen vor Frau Schulze und bitten um Gnade. Warum also sollte sich die Regierung bewegen??? weniger anzeigen
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