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Agrarreform

Für Ulrike Müller ist die neue GAP nur ein Übergangsmodell

Die beschlossene Agrarreform ist nach Einschätzung von Ulrike Müller (Freie Wähler) nur „eine Art Übergangsmodell“ bis 2027. Deutschland habe wieder vorschnell Gesetze auf den Weg gebracht.

Lesezeit: 5 Minuten

Der Förderzeitraum der Gemeinsamen Agrarpolitik läuft von 2023 bis 2027 - also lediglich fünf Jahre. Das ist eine vergleichsweise kurze Reformperiode. Im Jahr 2025 wird dann eine Zwischenbilanz gezogen. Dann muss möglicherweise bei Themen wie Transparenz und der Bekämpfung von Korruption noch nachgebessert werden, sagt Ulrike Müller von den Freien Wählern im Gespräch mit Agra Europe. Sie sieht die neue GAP daher nur als eine Art Übergangsmodell an.

Lobende Worte findet sie dabei für die Arbeit ihrer Fraktion Renew Europe. "So haben wir einiges bei der prozentualen Höhe der Eco-Schemes und der praxisgerechten Umsetzung der Konditionalität erreichen können. Besonders wichtig für uns war auch, dass Teile des Agrarbudgets für klima-, umweltschutz- und tierwohlrelevante Investitionen Verwendung finden. Dabei ist es wichtig, den Landwirten einen echten Anreiz zu bieten, nachhaltig zu produzieren", sagte sie.

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Müller kritisiert jedoch, dass Deutschland ihrer Ansicht nach vorschnell Gesetze auf den Weg gebracht habe, bevor klar war, was in Brüssel beschlossen wird. Damit verschenke die Regierung den Spielraum, den Europa geben würde.

Anrechnung von Beihilfen für den Klimaschutz

Teile der Beihilfen aus der Zweiten Säule dürfen in der neuen GAP für Tierschutz und benachteiligte Gebiete als Mittel für den Klimaschutz angerechnet werden. Kritiker werfen der EU daher lediglich rechnerischen Klimaschutz vor. Müller versteht diesen Eindruck, der jedoch trügt.

So gebe es gerade in den benachteiligten Gebieten sehr viele Grünlandflächen. Wegen der nicht oder sehr selten stattfindenden Bodenbearbeitung wird hier im Vergleich zu Flächen mit klassischem Ackerbau mehr Kohlendioxid beziehungsweise Kohlenstoff dauerhaft gebunden. "Diese Art der Flächenbewirtschaftung zu unterstützen und damit zu erhalten, macht deshalb durchaus auch mit Blick auf den Klimaschutz Sinn. Würde das Grünland umgebrochen, würde durch die Mineralisierung der Humusgehalt sinken und Kohlendioxid in erheblichem Umfang in die Atmosphäre gelangen", so die Politikerin.

Eine extensive Tierhaltung mit Flächenbindung, Dauergrünland und Eigenfutter sei klimaschonender als eine intensive Massentierhaltung mit importiertem Kraftfutter. Wer Dauergrünland oder Feldfutterbau erhalten will, braucht laut Müller im Nachgang zwangsläufig die Tierhaltung zur sinnvollen Verwertung der Aufwüchse. Der dabei anfallende Wirtschaftsdünger helfe auch beim Humusaufbau, welcher wiederum CO2 bindet. Verschwindet die Tierhaltung, würden solche Flächen für die Landwirtschaft uninteressant, argumentiert sie.

"Die wahrscheinlichste Alternative wäre ein Umbruch, soweit rechtlich möglich, mit wiederum negativen Klimafolgen. Oder aber die Flächen bleiben ungenutzt, verbuschen und verwalden - und auch dies wäre für das Klima kontraproduktiv, denn wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass im Grünlandboden mehr Kohlenstoff gespeichert ist als in Waldböden. Außerdem führt dies zu einer deutlichen Abnahme der Artenvielfalt auf den Flächen. Die weit verbreitete Meinung, dass Tierhaltung per se schädlich für den Klima- und Artenschutz sei, trifft insbesondere in diesen Gebieten nicht zu", erklärt Müller.

24 % der Gelder für Eco Schemes

Im weiteren Gespräch fragte Agra Europe dann nach der komplizierten Regelung bei den Eco Schemes. Im Durchschnitt sollen die Mitgliedstaaten zwischen 2023 und 2027 mindestens einen Anteil von 24 % der Gelder in der Ersten Säule für die Eco-Schemes reservieren. Wenn man sich allerdings die Details ansieht, in welchen Jahren unter welchen Umständen welche Prozentzahl zu erreichen ist, entsteht nicht der Eindruck, dass mit dieser Reform beim Thema Vereinfachung große Schritte gemacht werden.

Das bestätigt Müller. Hier seien die teils komplizierten Vorgaben hinsichtlich der prozentualen Höhe allerdings den Forderungen des Rats geschuldet. Sie könne aber auch zum Teil verstehen, dass die Mitgliedsländer beispielsweise auf eine Lernphase setzen, um den Verlust von EU-Agrarbeihilfen zu vermeiden. Zur Flexibilität sei jedoch festzuhalten, dass die Mitgliedstaaten mit ihren nationalen Strategieplänen künftig die Möglichkeit haben, regionale Besonderheiten stärker zu berücksichtigen.

"Die klima- und umweltrelevanten Maßnahmen, die in der Zweiten Säule mit Fünfjahresprogrammen belegt sind, können künftig auch für die Eco-Schemes in der Ersten Säule angerechnet werden - das ist ein Pluspunkt. Auch beim Thema Transparenz ist uns nach meiner Auffassung ein wesentlicher Schritt nach vorn gelungen. Und wir haben ein paar Vereinfachungen bei der Konditionalität erzielt. So ist zum Beispiel die Tierkennzeichnung nicht mehr Teil der Flächenkontrolle", antwortete Müller.

EU-Kommission selbst kontrolliert nicht mehr

Nicht zu bestreiten sei aber, dass sich die EU-Kommission zunehmend aus der Verantwortung nimmt und dies den Mitgliedsländern überträgt. Brüssel prüfe künftig nur noch, ob die Verwaltungen in den Mitgliedstaaten funktionieren. Wo ein funktionierendes System vorhanden ist, wird die Kommission laut Müller keine Kontrollen mehr durchführen. "Natürlich kann sie bei Verdacht auf Missbrauch, Betrug oder spezielle Vergehen auch weiterhin unangemeldet Überprüfungen vor Ort durchführen. Aber in der Regel wird es so sein, dass Beamte der Kommission nicht mehr auf landwirtschaftlichen Betrieben zur Inspektion auftauchen werden. Das ist für die Mitgliedsländer eine große Erleichterung. Natürlich weiß ich, dass das deutsche Verwaltungssystem sehr gut funktioniert und die Landwirte hierzulande weiterhin genau kontrolliert werden."

Auf die Frage, ob nun nicht zu befürchten sei, dass Länder mit „problematischen“ Regierungen wie in Ungarn oder Tschechien dies zugunsten ihrer Oligarchen und Günstlinge ausnutzen, muss Müller eingestehen, dass das Parlament hier deutlich mehr gefordert hatte. Gut sei, dass jetzt unter anderem im Transparenzkapitel Agrarholdingstrukturen veröffentlicht werden müssen. Schon bisher wurde veröffentlicht, welche Einzelpersonen wie viel Geld bekommen. Jetzt umfasst dies ihren Informationen nach auch die oftmals verschachtelten Holdings, um erkennen zu können, in welche Strukturen europäisches Geld fließt.

"Somit werden wir dem Anspruch der Steuerzahler gerecht. Des Weiteren gibt es jetzt die Möglichkeit, das von der Kommission entwickelte Risikobewertungsinstrument ARACHNE auch zur Kontrolle der Agrarausgaben zu nutzen. Hierbei handelt es sich um ein Data-Mining-Tool, das bisher in der Kohäsionspolitik für Projekte angewendet worden ist."

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