Die Grünen wollen innerhalb der nächsten 20 Jahren aus der industriellen Massentierhaltung aussteigen. Das ist eine der Kernforderungen des Wahlprogramms der Partei, das die Spitzenkandidaten Katrin Göring-Eckhardt und Cem Özdemir gestern im Entwurf unter dem Titel „Zukunft wird aus Mut gemacht“ vorgestellt haben.
Ziel der Grünen ist laut Programmentwurf eine Landwirtschaft, die
- ohne Gift, Gentechnik und Tierquälerei gesundes Essen für alle erzeugt,
- die Leistungen der Landwirtinnen und Landwirte würdigt und ihnen ein gutes Auskommen verschafft,
- die Versorgung mit gesunden und bezahlbaren Lebensmitteln sichert,
- die dem Klima nützt, statt ihm zu schaden,
- mit der Natur arbeitet und nicht gegen sie und
- Tiere nicht durch Amputationen an die Industriehaltung anpasst.
Ziel: Schnelle Agrarwende
Um diese Ziele zu erreichen, wollen die Grünen so schnell wie möglich eine Agrarwende durchsetzen. Viele Bäuerinnen und Bauern hätten sich bereits auf den Weg zu einer nachhaltigen Landwirtschaft gemacht. Dennoch gebe es „leider noch industrielle Massentierhaltung im Stall, Glyphosat und Bienengift in ausgedehnten Agrarwüsten ohne Baum und Strauch“. Diese Art der Landwirtschaft vernichte ihre eigenen Grundlagen durch Monokulturen von Mais und Raps auf den Äckern und beschränke sich auf wenige Hochleistungs-Tierrassen. Übrig blieben industrielle Agrarfabriken, die „zum größten Naturkiller unserer Zeit“ geworden sind, heißt es im Programmentwurf.
Leit- und Vorbild bleibt für die Grünen der ökologische Landbau. Deshalb wollen sie diese Bewirtschaftungsform in den in den nächsten sieben Jahren mit 1 Mrd. € unterstützen. Es sei nicht zu verstehen, warum der Exportweltmeister Deutschland ausgerechnet bei der Versorgung mit Biolebensmitteln auf Importe angewiesen sei.
Außerdem will die Partei, die in elf Bundesländern mitregiert, einem Pakt für faire Tierhaltung schließen, damit sich tier- und umweltgerechte Haltung auch rechnet. Schon mit wenigen Cents beim Fleischpreis könne man dafür sorgen, dass Tiere weniger leiden müssten und Verbraucherinnen und Verbraucher besseres Fleisch auf den Tisch bekämen, sind die Parteistrategen sicher. Das belegten viele Gutachten, auch das der Bundesregierung.
Pflanzenschutzmittelsteuer soll kommen
Auch den chemischen Pflanzenschutz wollen die Grünen eindämmen. Der flächendeckende massive Einsatz von Pestiziden habe verheerende Folgen für den Artenreichtum und den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit, heißt es im Wahlprogramm. Darum will die Partei den Einsatz von besonders schädlichen und gesundheitsgefährdenden Stoffen wie Glyphosat und Neonicotinoiden verbieten und zusätzliche eine Pflanzenschutzmittelsteuer auflegen. Alternativ wollen die grünen Programmplaner die Forschung für den nicht chemischen Pflanzenschutz, zum Beispiel durch robuste Sorten, vielseitige Fruchtfolgen und die Förderung von Nützlingen stärken.
Eine tier- und umweltfreundliche Landwirtschaft sei nicht umsonst zu haben, betonen die Grünen. Deshalb müssten die EU-Agrargelder umgeschichtet werden. Allein in Deutschland werden jedes Jahr mehr als sechs Milliarden Euro aus diesem Topf verteilt. Bislang werde nur „der Besitz von Flächen“ belohnt, unabhängig davon, wie sie bewirtschaftet werden. 80 % der Mittel gingen deshalb an 20 % der Betriebe. Das soll sich unter einer grünen Regierungsbeteiligung ändern.
Die Grünen hatten in den Umfragen zuletzt stark eingebüßt. Im Deutschlandtrend der ARD liegt die Partei aktuell bei 8 %. Das Politbarometer der ZDF sieht sie bei 7 %. Zu Beginn des Jahres waren die Umfragewerte noch zweistellig.