Ein Kommentar von Anselm Richard, Chefredakteur vom Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben:
Bundestag und Regierungsbildung, Agrarministerkonferenz, EU-Agrarpolitik: Überall herrscht zur Zeit eher Stillstand. Das nervt. Dabei müssen dringend Entscheidungen gefällt werden.
Schon die „Sommerpause“ nervt ungeduldige Zeitgenossen. Über Wochen und Monate hinweg kommen politische Prozesse und Verwaltungshandeln ins Stocken. Die Ferienzeit ist jetzt vorbei – und trotzdem geht es in wichtigen Sachfragen einfach nicht voran. Entscheidungen lassen auf sich warten:
- Die Bundestagswahl liegt fast nun einige Wochen zurück, aber echte Fortschritte zur Regierungsbildung gibt es bislang nicht. Die Parteien warten erst die Niedersachsenwahl am 15. Oktober ab. Erst wenn deren Ergebnis vorliegt, beginnen ernsthafte Sondierungsgespräche, von Koalitionsverhandlungen ganz zu schweigen.
- Die Agrarministerkonferenz hatte kürzlich getagt, aber zu den wirklich wichtigen Fragen gibt es keine Beschlüsse. Wie es mit der Stoffstrombilanz weitergeht, steht noch in den Sternen. Bund und Länder haben teilweise sehr unterschiedliche Vorstellungen dazu. Ganz ähnlich ist es mit der Haltung von Sauen im Kastenstand. Welche Übergangsfristen sollen gelten und unter welchen Voraussetzungen?
- Auch zur Weiterentwicklung der europäischen Agrarpolitik und zur Ausgestaltung des Milchmarktes haben die Länder Ideen, die weit auseinanderliegen. Bei der Milch gibt es sogar eine Allianz zwischen „grünen“ Bundesländern und Bayern in Sachen Sicherheitsnetz und Mengenregulierung, die andere Länder total ablehnen. Das ist selten, macht es aber nicht einfacher.
- Das Gerangel zieht sich weiter bis auf die Ebene der Europäischen Union. Beim Thema Glyphosat-Zulassung ringen die Mitgliedstaaten seit Jahren um eine mehrheitsfähige Lösung. Gelegentlich verändern einzelne Regierungen ihre Position, doch eine einheitliche Linie fehlt. In Brüssel wartet man auf ein klares Signal aus Berlin, aber das kommt nicht. Auch zu diesem Thema gibt es keinen Beschluss der Agrarministerkonferenz. Und schließlich dümpeln selbst die Brexit-Verhandlungen nach der vierten Runde vor sich hin – obwohl nichts die Zukunft der EU in den kommenden Jahren so sehr beeinflussen wird wie die Konditionen des britischen Ausstiegs.