Die deutschen Wurst- und Schinkenproduzenten drängen die Bundesregierung zu mehr Tempo beim Umbau der Tierhaltung. Verbandspräsidentin Sarah Dhem sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Wir müssen jetzt endlich mal ins Machen kommen."
Dhem verwies darauf, dass schon der Vor-Vorgänger von Bundesagrarminister Cem Özdemir, CSU-Politiker Christian Schmidt, an einer Tierwohlkennzeichnung gearbeitet habe, "und es gibt immer noch nichts". Mittlerweile sei die Wirtschaft selbst sehr weit bei dem Thema, so Dhem.
Sie verwies auf die privatwirtschaftliche Initiative Tierwohl, die bessere Tierhaltung auf Verpackungen kennzeichnet und Bauern entsprechend honoriert. "Darauf muss man aufsatteln", so Dhem. Sie bezweifle, dass der Staat das besser lösen könne. "Jetzt noch einmal von null anfangen zu wollen ist für mich keine Lösung."
In Sachen Finanzierung lehnte sie die Anhebung des Mehrwertsteuersatzes auf tierische Produkte ab. Es könne niemand garantieren, dass die Mehreinnahmen tatsächlich bei den Bauern ankämen. Zudem würde eine Anhebung von 7 auf dann 19 % auch die schon jetzt teurere Ware aus besserer Tierhaltung verteuern. Dhem sagte, sie sei stattdessen "Fan einer Fonds-Lösung, bei der das Geld auf der Wirtschaftsseite eingesammelt und verteilt wird".
Veganer Fleischersatz löst keine Existenzängste aus
Das wachsende Angebot veganer und vegetarischer Fleischersatzprodukte löst bei den deutschen Wurst- und Schinkenproduzenten indes keine Existenzängste aus. "Wir können aus einer Masse an Rohstoffen eine Wurstware machen. Ob da nun Fleisch oder Erbsen drin sind, ist zweitrangig", so Dhem weiter. Größere Sorgen bereite der Branche hingegen der Wandel bei den Essgewohnheiten. Statt Pausen- oder Abendbrot mit Wurstbelag kämen zunehmend Fertiggerichte wie Fertigpizzen auf die Teller.
Insgesamt sei die Wurst-Branche dabei, sich neu aufzustellen, so Dhem mit Blick auf den sinkenden Fleischkonsum in Deutschland. Diese Entwicklung mache den Betrieben nichts aus. "Die Zeit der Völlerei ist vorbei. Unsere Gesellschaft hat in den vergangenen Jahren mehr Fleisch gegessen, als es gut für sie war." Ein nachhaltigerer Lebensstil bedeute geringeren Fleischkonsum. "Weniger heißt aber nicht schlechter", betonte Dhem. Die Wertschätzung gegenüber Lebensmitteln werde wachsen. "Das ist für meine Branche eine gute Entwicklung."