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Jan Peters: „Russland braucht Geld“

Die Getreidepreise sind abgestürzt, die Verunsicherung ist groß: Was sind die Ursachen? Und wie geht’s weiter? Marktexperte Jan Peters im Interview.

Lesezeit: 3 Minuten

Dieses Interview ist zuerst erschienen im "Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben".

Wochenblatt: Herr Peters, die aktuellen Preisnotierungen für die Ernte 2023 sind ernüchternd. Wie ist das zu erklären?

Jan Peters: Die Antwort ist zweigeteilt. Futterweizen notiert in Hamburg aktuell bei 172 €/t, Brotweizen bei 197 €/t. Die relativ hohe Differenz liegt daran, dass B-Weizen knapper ist – weil das vergangene Jahr in Deutschland und anderen Ländern nass war, die Fallzahlen vielfach schlecht sind und somit mehr Futtergetreide vorhanden ist als geplant. Das insgesamt relativ niedrige Preisniveau liegt daran, dass die Ukraine und vor allem Russland den weltweiten Getreidemarkt aktuell regelrecht fluten.

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Das drückt die Getreidepreise weltweit?

Jan Peters: Absolut. Die Ukraine exportiert derzeit rund 4,5 Mio. t Getreide pro Monat. Das gelingt, weil wieder Exporte per Schiff über den Hafen in Odessa möglich sind. Russland exportiert monatlich rund 4 Mio. t. So kommt doppelt so viel russisches Getreide auf den Markt wie erwartet. Denn die Russen führen nicht nur die Lagerbestände aus dem Jahr 2023 aus, sondern auch die staatlichen Reserven. Und das zu einem Dumpingpreis: Vergangene Woche haben russische Exporteure Brotweizen für 200 US-$/t Brotweizen „frei an Bord“ Rostov am Don verkauft. Das ist das niedrigste Niveau seit Jahren. Und dafür kann niemand auf der Welt Getreide produzieren.

Welches Kalkül steckt dahinter?

Jan Peters: Russland braucht Geld! Die Welt kann auf russisches Gas und Öl verzichten. Die Welt kann aber nicht auf russisches Getreide verzichten. Das wissen die Russen. Sie verkaufen in Dollar, somit kommt Geld ins Land und füllt die Kriegskasse.

Baut Russland damit neue ­Abhängigkeiten auf?

Jan Peters: Auf jeden Fall verlieren die USA und Europa zunehmend Anteile am Weltmarkt. Die Vereinigten Staaten werden dieses Jahr beispielsweise vermutlich nur 39% ihrer Weizenernte ausführen, sonst waren es ­immer rund 50%. Russland dürfte hingegen 56% seiner Weizenernte exportieren, ein Plus zum Fünfjahresdurchschnitt von 48%.

Also ist die Welt auf russisches Getreide angewiesen?

Jan Peters: Ja, und auf ukrainisches auch. In den vergangenen zehn Jahren hat Russland die Getreideproduktion um 60% gesteigert von 80 auf 130 Mio. t. Die Ukraine hat im gleichen Zeitraum um 80 % von 50 auf 90 Mio. t zugelegt. Und beide Länder zusammen haben ihre Exporte von 30 auf 100 Mio. t gesteigert – eine Zunahme von 230 %!

Kann die Ukraine denn im Krieg diese Produktionsmengen halten?

Jan Peters: Ich gehe davon aus, dass sie bis zu 25 % weniger Wintergetreide ausgebracht haben, auch wenn offizielle Statistiken geringere Rückgänge melden. Denn insbesondere die Logistikkosten bei Getreide sind extrem hoch. Daher bauen die ukrainischen Landwirte mehr Raps und Hülsenfrüchte an. Entscheidend ist aber auch die Frage: Hält der Exporthafen in Odessa?

Zurück nach Deutschland: Was raten Sie Ackerbauern, die noch Getreide liegen haben?

Jan Peters: Ich sehe wenig Chancen auf steigende Kurse. Auch mit der Vermarktung der neuen Ernte 2024 würde ich weiter abwarten, auch wenn das Angebot für Brotweizen bei fast 180 €/t liegt.

Und Ihre Empfehlung für Tierhalter?

Jan Peters: Jetzt ist der ideale Zeitpunkt für langfristige Kontrakte! Auch die Sojapreise sind niedrig, wenngleich sie möglicherweise noch ­etwas sinken.

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