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topplus Wildtierrettung

So bewahren Sie Rehkitze vor dem Mähtod

Beim 1. und 2. Schnitt sterben immer wieder Rehkitze bei der Mahd. ­Doch es gibt einige wirkungsvolle Maßnahmen, um dies zu verhindern. Hier finden Sie wichtige Tipps zur gezielten Wildtierrettung.

Lesezeit: 1 Minuten

Unsere Autoren: Stefan Thurner, Tamara Wiesel und Dr. Juliana Macuhová, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), Institut für Landtechnik und Tierhaltung, Freising

Schnell gelesen

Der erste Schritt zur effektiven ­Wildtierrettung ist die Kommunikation mit allen Beteiligten vor, beim, aber auch nach dem Mähen.

Zum zuständigen Jagdpächter sollte intensiver Kontakt gepflegt werden. Er sollte vor dem Mähen gefragt werden, ob er auf Flächen tragende Rehgeißen bzw. Rehkitze gesichtet hat.

Die Suche von Rehkitzen mit Drohne und Wärmebildkamera ist im ersten Drittel der Setzzeit zu empfehlen, der Einsatz eines Wildretters am Mähwerk (< 10 km/h) im letzten Drittel.

Scheuchen werden mit einer Kombination aus Licht- und Tonsignal eingesetzt oder selbst gebaute Plastiksackscheuchen bzw. beides zusammen.

Beim Mähen von Grünland- und Feldfutterbaubeständen können Wildtiere verletzt oder getötet werden. Rehkitze stehen beim ersten und zweiten Schnitt in den Monaten Mai und Juni im Fokus. Ziel dieses Beitrags ist es, anhand neuester Erkenntnisse den Bewirtschaftern und Lohnunternehmern praktikable Wege zur erfolgreichen Vermeidung des Mähtods aufzuzeigen. Die Systematik der Rehkitz- und Wildtierrettung zeigt die Übersicht.

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Ablenken und Vermeiden

Vermieden wird der Konflikt mit Wildtieren, indem der Schnittzeitpunkt gezielt außerhalb der kritischen Zeitspanne gewählt wird. Dies kann durch einen frühen Schnitt zur Silierreife gelingen, da niedrige Bestände wenig Deckung bieten und daher unattraktiv sind – zudem sind Ende April je nach Region noch keine bis nur wenige Rehkitze gesetzt.

Agrarumweltprogramme fördern z. B. einen sehr späten ersten Schnitt ab Mitte Juni – zu diesem Zeitpunkt flüchten bereits die meisten Rehkitze. Ein weiterer Faktor im ersten Drittel der Setzsaison sind überwiegend frisch gesetzte und sich drückende Rehkitze zu finden. Im letzten Drittel der Setzsaison überwiegen die älteren flüchtenden Rehkitze; dazwischen gibt es beide Altersgruppen. Dadurch werden im ersten und zweiten Drittel mehr Rehkitze angemäht als im letzten Drittel der Setzzeit. Daher wird empfohlen, Verfahren und Maßnahmen entsprechend dem sich ändernden Rehkitzverhalten im Verlauf der Setzzeit auszuwählen.

Drohne und Wärmebild­kamera

Ein Beispiel für effizient gewählte Maßnahmen wäre daher die Suche und Sicherung mittels Drohne und Wärmebildkamera im ersten Drittel oder der Einsatz eines akustischen Wildretters am Mähwerk in Kombination mit langsamerem Fahren (< 10 km/h) im letzten Drittel. Sehr gefährdet für den Besatz mit Wildtieren sind Flächen, die sich in der Nähe von Waldrändern oder Feldgehölzen befinden. In angrenzenden Wiesen werden mehr als drei Viertel der registrierten Rehkitze innerhalb der ersten 100 m gefunden. 

Weiterhin sind Flächen besonders gefährdet, die als Letztes in einem ­Gewanne gemäht werden und auf die dann alle Rehkitze und Wildtiere von den bereits gemähten Flächen ­geflüchtet/ausgewichen sind. Das Stehenlassen von Altgrasstreifen an geeigneter Stelle (Waldrand) zielt zunächst auf das Vermeiden des Mähtods. Im weiteren Verlauf können Sie aber auch der Ablenkung dienen und einen bevorzugten Lebensraum für Rehkitze und andere Wildtiere bieten.

Vergrämen und Vertreiben

Bei den Maßnahmen zum Vergrämen sind Scheuchen sehr oft im Einsatz. Rückmeldungen, die wir von Landwirten, Jägern und Rehkitzrettern erhielten, zeigten, dass überwiegend Scheuchen mit einer Kombination aus Licht- und Tonsignal oder selbst gebaute Plastiksackscheuchen oder beides zusammen eingesetzt wurden.

Nur zur Absicherung

Der Einsatz von olfaktorischen Scheuchen wird nur zur Absicherung von abgesuchten Flächen gesehen. Das Ablaufen der Fläche mit einem Hund wirkt nach Erfahrungsberichten von Jägern durch zurückbleibende Hundehaare hingegen gut und verstänkert die Flächen nicht zu stark. Wichtig beim Einsatz von Scheuchen und weiteren vergrämenden Maßnahmen ist, dass diese am Tag vor dem Mähen aufgestellt oder durchgeführt werden, da sonst eine Minderwirkung (unter 20 Stunden Standzeit) oder ein Gewöhnungseffekt (ab 24 Stunden Standzeit) bei den Rehkitzen eintritt. Wichtig ist, dass Scheuchen nur unterstützend eingesetzt werden können, da sie nie alle Tiere aus der Fläche vertreiben und somit weitere Maßnahmen zwingend notwendig sind.

Das Anmähen der Fläche am Tag vor dem Mähen kann ebenfalls eine Störung der Fläche erzeugen und dadurch einen Teil der Wildtiere vergrämen. Zu den Maßnahmen zum Vertreiben der Wildtiere zählt das Mähen von innen nach außen.

Wenn dabei und beim Mähen zusätzlich der akustische Wildretter am Mähwerk zum Einsatz kommt, können Wildtiere aufgeschreckt und zur Flucht getrieben werden.

Zum Aufspüren von Rehkitzen können Landwirte oder Jäger mithilfe einer Menschenkette die Fläche absuchen. Der Abstand zwischen den Suchenden (2 bis 5 m) ist an die Bestandshöhe anzupassen. Weiterhin gibt es die Möglichkeit, den Schlag mit z. B. einer tragbaren Wärmebildkamera Tage/Wochen vor dem Mähtermin zu beobachten und dadurch einen möglichen Besatz mit Rehkitzen zu bestätigen.

Tragbare Wildretter

Als eine technische Maßnahme steht schon länger der tragbare Wildretter zur Verfügung. Dieser detektiert im Bestand liegende Rehkitze mithilfe von Infrarotsensoren. Da hierfür neben dem direkten Sichtkontakt von oben auf das Rehkitz, ein gewisser Temperaturunterschied zwischen Rehkitz und Umgebung er­forderlich ist, kann der Einsatz nur in den Morgenstunden erfolgen. Der tragbare Wildretter eignet sich für kleinere Flächen oder das Absuchen von Flächenteilen mit hohem Rehkitzbesatz, da die Flächenleistung je nach Bestandsdichte und -höhe sowie Rehkitzbesatz auf maximal 3 bis 5 ha pro Morgen begrenzt ist.

Sehr häufig werden Drohnen mit Wärmebildkamera zum Suchen von Rehkitzen eingesetzt. Die Detektion basiert dabei ebenfalls auf der Identifizierung des wärmeren Rehkitzes in der kälteren Umgebung, wodurch der Einsatzzeitraum auf die Morgenstunden begrenzt ist. Der Arbeitszeitbedarf lag nach eigenen Daten für ein gesamtes Team (2 bis 5 Personen) im Mittel bei 0,36 Stunden pro Hektar mit einer sehr großen Bandbreite (0,05 bis 1,49 Stunden pro Hektar).

Zahlen mit aktuelleren Verfahren, welche die Suche aufteilen in den Flug mit der Drohne sowie einer KI-unterstützen Rehkitzdetektion und dem späteren Aufsuchen der detektierten Positionen durch ein Helferteam, liegen nicht vor. Mit dieser Technik sollte die Flächenleistung gemäß Erfahrungsberichten von Piloten jedoch höher liegen. Die wichtigsten Einflussfaktoren, die Flächenleistung und Erfolgsraten der Rehkitzsuche beeinflussen können, sind: Qualität der Wärmebildkamera, Anzahl und Leistung der verfügbaren Akkus, Größe und Umriss der abzusuchenden Fläche, Anwendung KI-basierter Detektionsunterstützung, Erfahrung und Geschick des Piloten, Tageszeit sowie Anzahl an Helfern usw.

Wichtig ist, dass die Dauer zwischen dem Absuchen der Fläche bis zum Beginn des Mähens möglichst kurz ist, damit z. B. herausgetriebene Tiere nicht zurücklaufen.

Sensorbalken vorm Mähwerk

Seit einiger Zeit gibt es einen Sensorbalken mit optischen Sensoren, der vor dem Mähwerk angebracht wird und so direkt beim Mähen Rehkitze detektiert. Dabei wird vereinfacht dargestellt das Rehkitzfell selbst detektiert. Durch eine Lichtquelle im Sensorbalken kann das System unabhängig von der Tageszeit eingesetzt werden.

Wie alle technischen Verfahren zur Suche kann es nur von der Vegetation nicht verdeckte Rehkitze finden. Somit ist bei liegenden oder hohen Beständen der Einsatz des Systems weniger erfolgversprechend. Ebenso sind lückige und sehr heterogene Bestände und Flächen mit hohem Wühlmaus-/Maulwurfbesatz für den Einsatz des Sensorbalkens schwierig, da auf solchen Flächen viele Fehlalarme auftreten.

Da der Fahrer anhalten muss, um ein in der Fahrspur liegendes Rehkitz nach erfolgreicher Detektion nicht zu überfahren, ist eine Fahrgeschwindigkeit beim Mähen von maximal 10 km/h mit dem Sensorbalken möglich. Das langsamere Fahren und die flächenabhängige Anzahl an Fehlalarmen und Rehkitzfunden führt mindestens zu einem um rund 10 bis 15 % höheren Arbeitszeitbedarf beim Mähen.

Wenn Sie ein Rehkitz finden

Ein aufgespürtes Rehkitz sollte nicht mit bloßen Händen angefasst werden. Ideal ist es, es mit geruchlosen Handschuhen und einem Büschel Gras mit z. B. einem Wäschekorb aus der Fläche zu tragen. Das geborgene Rehkitz sollte dann im Schatten für kurze Zeit bis zum Mähen gesichert werden, da es sonst dehydrieren kann.

D. h., dass das Mähen eng mit den Maßnahmen zum Aufspüren, Sichern und Bergen verbunden sein sollte, um die Rehkitze nicht unnötigem Stress durch zu lange Fangzeiten auszusetzen. Weiters bewegen sich flüchtende Rehkitze oft in die Fläche zurück, sodass sie bei einem späteren Mähbeginn wieder vermäht werden können.

Keine der möglichen Verfahren und Maßnahmen wird alle im Bestand befindlichen Tiere vertreiben oder aufspüren. Im Fall eines ins Mähwerk geratenen Tieres muss sofort angehalten und dieses in Augenschein genommen werden. Das weitere Vorgehen bei einem angemähten Wildtier muss im Vorfeld mit dem zuständigen Jagdpächter ab­gesprochen werden. Wenn ein Wildtier notgetötet werden muss, darf dies nur tierschutzgerecht und von berechtigten sowie erfahrenen Personen durchgeführt werden.

Da Rehkitze in drei Viertel der Fälle Zwillingsgeburten aufweisen, ist beim Fund eines Rehkitzes meist ein weiteres Rehkitz in der Nähe. Daher sollte der Umkreis von 30 bis 50 m um die Fundstelle abgesucht werden, da dort sehr häufig das zweite Rehkitz liegt.

Schlussfolgerungen

Wer Grünland- und Feldfutterbauflächen mäht, sollte sich im Vorfeld eine passende Strategie für die Wildtierrettung überlegen. Der erste Schritt ist die Kommunikation mit allen Beteiligten vor, beim aber auch nach dem Mähen. Zum zuständigen Jagdpächter sollte intensiver Kontakt gepflegt werden und er sollte vor dem Mähen gefragt werden, ob er auf Flächen tragende Rehgeißen bzw. Rehkitze gesichtet hat. Wenn vor Ort ehrenamtliche Rehkitzretter aktiv sind, ist es zielführend, auch mit ihnen Kontakt zu halten.

Die Wildtierrettung erfordert unabhängig von den gewählten Maßnahmen immer einiges an Zeit und Aufwand, was letztendlich höhere Kosten für das Mähen bedeutet. Da in der Erntezeit ohnehin Arbeitskräfte und Zeit knapp sind, kann diese Arbeitsspitze durch die Zusammenarbeit mit Jägern und/oder ehrenamtlichen Rehkitzrettern besser bewältigt werden. Weiterhin erfordert die Wildtierrettung ein gewisses Maß an Flexibilität von allen Beteiligten.

Wichtig ist es auch, die Erfahrungen aller Beteiligten aus vergangenen Jahren zu nutzen, um adäquate Maßnahmen für jede Fläche zu wählen. Die erfolgreiche Wildtierrettung trägt dazu bei, Konflikte zu vermeiden – sowohl im Bereich Tierschutz als auch im Bereich des Jagdrechts.

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