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1. Tätigkeitsbericht

Fairness-Büro: So bekommen Bauern den Druck des Handels zu spüren

Das 2022 gegründete Fairness-Büro bietet Bauern & Lebensmittelverarbeitern Hilfe, wenn sie von unfairen Handelspraktiken betroffen sind. Jetzt liegt der erste Tätigkeitsbericht vor.

Lesezeit: 5 Minuten

Der erste Tätigkeitsbericht des 2022 gegründeten Fairnessbüros zeigt: In der Lebensmittelkette herrscht ein Ungleichgewicht, das bäuerliche Familienbetriebe und Lieferanten unter Druck bringt und sich negativ auf die Konsumentinnen und Konsumenten auswirkt. Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig stellte mit dem Leiter des Fairness-Büros, Dr. Johannes Abentung, die Ergebnisse des ersten Berichtes vor.

Kampf mit ungleichen Waffen

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„Entlang der Lebensmittelkette herrscht ein Kampf mit ungleichen Waffen. 107.000 Bäuerinnen und Bauern und eine Vielzahl von Lieferanten stehen drei großen Handelskonzernen gegenüber, die fast 90 % des heimischen Marktes kontrollieren", sagt Minister Totschnig. "Dieses Ungleichgewicht führt zu harten Preisverhandlungen, drohenden Auslistungen oder aufgezwungenen Vertragsbedingungen. Um Lieferanten im Kampf gegen unfaire Handelspraktiken zu schützen, wurde 2021 das Faire-Wettbewerbsbedingungen-Gesetz beschlossen und darauf aufbauend vor einem Jahr das Fairness-Büro eröffnet.“

Wöchentlich vier Beschwerden im Schnitt

Und der Leiter des Fairness-Büros Dr. Johannes Abentung meint: „Jede Woche beschweren sich im Schnitt vier Lieferanten wegen unfairer Handelspraktiken beim Fairness-Büro. Diese Beschwerden haben bereits im ersten Arbeitsjahr das Ungleichgewicht in der Verhandlungsmacht zwischen Produzenten und größeren Käufern bestätigt. Aufgrund von Aussagen der Beschwerdeführer und der vorgelegten Unterlagen wurde der Verdacht auf Missbrauch der Verhandlungsmacht erheblich erhärtet. Weitere Schritte hängen aufgrund des Schutzes der Anonymität von Beschwerdeführern entweder von deren Zustimmung oder von weiteren Meldungen an das Fairness-Büro ab.“

Abentung ergänzt: „Der Vorteil des Fairness-Büros ist, dass Betroffene von unfairen Handelspraktiken frei und ohne Angst vor Vergeltungsmaßnahmen, wie zusätzlichem Preisdruck oder Auslistungen, Missstände aufzeigen können. Sämtliche Anliegen im Zusammenhang mit dem Verkauf von Medieninformation Lebensmitteln werden stets anonym und vertraulich behandelt. Ich kann nur jeden Betroffenen dazu aufrufen, sich zu melden.“

Das sind die wichtigsten Ergebnisse des 1. Tätigkeitsberichtes

1. Aggressive Preispolitik und Aktionen auf Kosten der Produzenten

  • Große Käufer nutzten die wirtschaftlichen Herausforderungen im vergangenen Jahr um mit ihrer Verhandlungsmacht Preisdruck auf schwächere Lieferanten auszuüben.
  • So wurden etwa die Kosten von (-25 %)-Wochenend-Aktionen, -25 %-Rabattpickerln sowie zusätzliche Umsatzrabatte von Handelsketten oft auf die Lieferanten und Produzenten abgewälzt. Diese tragen zwar die Kosten, haben aber kein Mitbestimmungs- oder Widerspruchsrecht, da andernfalls Konsequenzen drohen.

Beispiel: Ein Handelskonzern legt einem Lieferanten eine Vereinbarung vor, die Jahresrabatte und die Teilnahme an -25 %-Rabattaktionen beinhaltet. Der Lieferant hat faktisch kein Widerspruchsrecht, weil der Rabatt im Vertrag „vorab vereinbart“ wurde. In Wirklichkeit hat der Lieferant aber keine Wahl, da bei Verweigerung ein Teilnahmeverbot an künftigen Aktionen oder gar die Auslistung seiner Artikel droht.

2. Aufgezwungene Vertragsbedingungen

  • Das starke Ungleichgewicht zwischen kleinen Lieferanten und großen Käufern wird nicht nur in Beratungsgesprächen mit dem Fairness-Büro erläutert, sondern spiegelt sich auch in Verträgen und Allgemeinen Geschäftsbedingungen wider.
  • Dies wird auch dann offensichtlich, wenn der Lieferant nach vertraglich vereinbarten Preisanpassungen fragt und diese regelmäßig verweigert werden.

Beispiel: Wie alle Österreicherinnen und Österreicher ist auch die heimische Landwirtschaft massiv von den steigenden Energie- und Betriebskosten betroffen. Ein Landwirt benötigt deshalb dringend die vertraglich vereinbarte Preisanpassung von seinem Käufer. Alle Anfragen zu Gesprächsterminen werden von diesem verweigert oder dieser teilt mit, dass ausschließlich zum ursprünglich vereinbarten Preis gelieferte Ware akzeptiert wird.

3. Zunahme an Eigenmarken & vertikale Integration

  • Der Anteil an Eigenmarken nimmt im Lebensmitteleinzelhandel immer mehr zu.
  • Damit steigt nicht nur die Verhandlungsmacht der Handelskonzerne, sondern auch die Austauschbarkeit von heimischen Lebensmitteln und Produzenten.
  • Tendenzen zeigen, dass internationale Handelskonzerne ihre bisherigen Lieferanten aus der Lebensmittelproduktion übernehmen.

Beispiel: Ein Handelskonzern verlangt von einem Produktionsbetrieb einen gewissen Produktionsanteil für seine Eigenmarke in gleicher Qualität, aber mit deutlich geringerem Preis. Bei Verweigerung droht die Auslistung des Markenproduktes.

Der 1. Tätigkeitsberichts steht hier zum Download bereit:

Moosbrugger: Fairnessbüro verbessert Situation für bäuerliche Zulieferbetriebe

"Das bloße Bewusstsein für die Existenz eines Fairnessbüros hat mit Sicherheit bereits zu einer Verbesserung der Situation für die bäuerlichen Lieferantinnen und Lieferanten geführt. Die besten Fälle sind jene, die gar nicht erst in der Statistik vorkommen, weil sie von vorne herein verhindert werden konnten", betont Landwirtschaftskammer Österreich (LKÖ-)Präsident Josef Moosbrugger anlässlich der Pressekonferenz zum ersten Jahresbericht des Fairnessbüros. Diese weisungsfreie Stelle, die im Landwirtschaftsministerium angesiedelt ist, hilft anonym und kostenlos Betroffenen, denen verbotene oder unlautere Handelspraktiken widerfahren bzw. die Fragen haben. Zu den unlauteren Geschäftspraktiken gehören etwa Zahlungsverzug, kurzfristige Stornierungen von Bestellungen verderblicher Lebensmittel oder auch die Androhung von Vergeltungsmaßnahmen, wenn Lieferanten ihr Recht durchsetzen wollen.

System zu Lasten der Bauern aus den Fugen geraten

"Studien des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) haben gezeigt, dass das System zu Lasten der bäuerlichen Betriebe aus den Fugen geraten ist. Das Fairnessbüro ist wichtig, um den Druck, dem Zulieferbetriebe ausgesetzt sind, zu reduzieren. Die verzeichneten durchschnittlich vier Fälle pro Woche sind jedoch nur die Spitze des Eisbergs auf der rauen See des Lebensmittelmarktes. Das Fairnessbüro samt rechtlichem Rahmen ist entscheidend, um den extremen Wettbewerb der Handelsketten nicht zu sehr auf dem Rücken der Bäuerinnen und Bauern auszutragen", so Moosbrugger.

"Immer wieder sind Lieferantinnen und Lieferanten mit Situationen konfrontiert, in denen sie unsicher sind, ob alles im besten Sinne des Wortes 'mit rechten Dingen zugeht'. Gerade in solchen Fällen möchte ich sie wirklich aufrufen, das Fairnessbüro zu kontaktieren und sich genau beraten zu lassen", betont der LKÖ-Präsident.

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