Es hat sich bereits angedeutet, nun wird es ernst: Betriebe mit einem Umsatz von mehr als 600.000 €/Wirtschaftsjahr dürfen voraussichtlich ab dem 1.1.2022 nicht mehr pauschalieren. Außerdem will die Bundesregierung den Pauschalierungssatz jedes Jahr neu auf den Prüfstand stellen und bei Bedarf nachschärfen (derzeit 10,7 %). Bereits Ende November könnte die Große Koalition die entsprechenden Vorschriften mit dem Jahressteuergesetz 2020 verabschieden, heißt es übereinstimmend aus Berlin.
Zum Handeln gezwungen
Stimmen Bundestag und -rat den neuen Regeln zu, zahlen rund 7.000 bis 10.000 Betriebe die Zeche. Sie müssten Anfang 2022 in die Regelbesteuerung wechseln. Zwar erzielen rund 20.000 Landwirte Jahr für Jahr einen Umsatz von mehr als 600.000 €. Rund die Hälfte aus dieser Einkommensklasse versteuern ihre Umsätze jedoch ohnehin schon mit den Regelsätzen (19 % bzw. 7 %).
Dass die Große Koalition neue Hürden für die Pauschalierung aufstellt, kommt nicht überraschend. Zwischen der Bundesregierung und der EU tobt seit Jahren ein Streit um die Frage: Wer darf pauschalieren und wer nicht? Brüssel stört sich daran, dass in Deutschland rund 65 % der Betriebe von der Regelbesteuerung verschont bleiben. Lediglich gewerbetreibende Landwirte müssen die regulären Sätze in Rechnung stellen und an das Finanzamt weiterreichen (19 % bzw. 7 %). Der EU reicht das nicht. Die Pauschalierung sei nur für kleinere Betriebe gedacht, um diesen den Aufwand bei den Aufzeichnungen für die Umsatzsteuer zu ersparen. Die Zankerei gipfelte 2018 in einem Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland.
Um die Wogen zu glätten, geht Berlin nun einen Schritt auf die EU zu. ”Aus unserer Sicht gab es auch keine Alternative”, so der Bundestagsabgeordnete Hans Jürgen-Thies (CDU) gegenüber top agrar. Andernfalls würde sich Deutschland in doppelter Hinsicht Ärger einfangen: Zum einen hat die EU Klage beim Europäischen Gerichtshof eingereicht, um den Druck zu erhöhen. Zum anderen droht der Regierung ein beihilferechtliches Verfahren. Denn Brüssel hält den Pauschalierungssatz von 10,7 % für zu hoch, wodurch deutsche Landwirte zu Unrecht von der Pauschalierung profitieren. ”Die EU beruft sich auf eine Berechnung des Bundesrechnungshofes”, so Thies. Danach wäre ein Wert von nur 9,3 % angemessen. Die Bundesregierung verweist hingegen auf eine eigene Berechnung für den Zeitraum 2012 bis 2014, wonach die durchschnittliche Vorsteuerbelastung 12,5 % beträgt. Die betroffenen Landwirte zahlen demnach sogar mehr als sie müssten.
Gerichtsverfahren vom Tisch?
Ob das Friedensanbot aus Berlin die Gemüter besänftigt, ist offiziell nicht bekannt. Hinter vorgehaltener Hand heißt es in Berlin: Setzt die Regierung die neuen Spielregeln eins zu eins um, wird die EU das Kriegsbeil höchstwahrscheinlich begraben.
von Thomas Karlein
Pauschalierung
Brüssel sollte sich lieber mal auf die Ausnahmegenehmigungen bei der Z-Rübenbeize in der Mehrheit der EU-Länder kümmern und dort Vertragsverletzungsverfahren starten. Genauso wie die Sonderzahlungen bzw.Hektarprämien für unrentablen Rübenanbau.
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von Anton Sieverdingbeck
Noch mehr Bürokratie
Wichtig wäre die vollständige Abschaffung und nicht so eine lite Variante mit einer Umsatzgrenze. Dann rechnet man schon wieder die Betriebsteilungen ... Also ganz oder gar nicht. Ich könnte damit leben. Preise müssten sich anpassen und man hätte 2-3 Betriebe weniger als ... mehr anzeigen jetzt. Die unsinnigen Vieheinheiten GBRs wäre auch endlich abgeschafft... weniger anzeigen
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von Willy Toft
Unterm Strich, eine große Sauerei!
Entweder Betriebsteilungen, oder wir fahren noch mehr Verluste ein! Die Rückwärtsgewandte Steuerforderung ist damit hoffentlich vom Tisch! Wir werden wieder einmal gezwungen zu agieren, und unterm Strich wird die Bewirtschaftung hier in Deutschland teurer!
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von Hermann Freese
Im Schnitt der Betriebe, dürfte es nicht teurer werden, da der Sinn der 10,7 ist die 19 und 7 bei Kauf und /Verkauf auszugleichen.// Das mit der rückwärtsgewandten Steuerforderung halte ich für viel dramatischer, weil im Zweifel sehr deutlich Liquidität aus dem Betrieb gezogen wird..
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von Ludwig Huber
Umsatzstarke Betriebe werden am stärksten getroffen!
Bei uns gibt es kaum pauschalierende Schweinemäster, denn bei hohen Umsätzen und entsprechend geringer Gewinnrate fahre ich mit der Pauschalierung in aller Regel besser. Ein weiterer Grundsatz: je höher der Gewinn, das heißt je besser Produktionstechnik und Betriebsführung, desto ... mehr anzeigen vorteilhafter ist die Pauschalierung. Für Höfe mit wenig Gewinn ist die Regelbesteuerung dagegen fast immer günstiger, ebenso bei extrem hohen aktuellen Investitionen. Da wirkt sie auch als Risikominderer, weil die Vorsteuererstattung den Schuldenstand nach der Investition senkt. weniger anzeigen
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von Stefan Lehr
@Grosse-Kock
Dann gehe ich davon aus, dass Sie als Milchviehhalter mit 130 Kuehen keinen Diesel, Duenger, Saatgut, Pflanzenschutzmittel, Reinigungs und Desinfektionsmittel, keine Tierarztkosten usw. haben. Denn in Ihrer Rechnung unterstellen Sie ja nahezu den gesamten Abfluss Ihrer Umsatzsteuer aus ... mehr anzeigen der Milch ohne Gegenrechnung der Vorsteuer Ihrer Verbrauchsgueter. Ich denke eher, wir liegen beide in der Mitte unserer Annahmen. weniger anzeigen
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von Gerd Zimmermann
Vollkommen richtig!
Der Kommentar von Herrn Große-Kock kann überhaupt nicht überzeugen. Vermutlich wird kaum ein Milchvieherzeuger mit 130 Kühen die 600.000,-€-Grenze übersteigen. Die meisten größeren Milchviehbetriebe optieren eh schon freiwillig. Ungünstig wird es für Veredelungsbetriebe: Ich ... mehr anzeigen glaube, hier ist Herr Große-Kock anzusiedeln. Im Übrigen muss jeder kleiner Handwerker Umsatzsteuererklärungen abgeben. Wenn die Pauschalierung an die 13a-Einkommensbesteuerung gekoppelt würde, wäre das auch eine akzeptable Lösung. Das würde das Steuerrecht in und um die Landwirtschaft erheblich vereinfachen. weniger anzeigen
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von Hermann Helmers
Noch mehr Bürokratie
Die Steuerberater werden wieder mehr verdienen. Und es wird zu noch mehr Betriebsteilungen führen...600.000€ Umsatz bei bezahlten Ställen.... Dann muss jeder selber rechnen ob es passt.
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von Bernhard Stehlin
Viel Lärm um nichts
Die meisten betroffenen Betriebe werden überhaupt nichts von der Umstellung merken. Und viele werden davon profitieren, wenn sie die Umsatzsteuer bei Investitionen nicht finanzieren müssen, sondern vom Staat erstattet bekommen.
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von Willy Toft
Wie bist Du denn drauf?
Unterm Strich wird es deutlich schlechter für die Umsatzstarken Betriebe! Oder willst Du Dich Tod wachsen? Dein angesprochener Vorteil, hält nur eine Zeitlang vor, und holt Dich beim bezahlen der Investitionen wieder ein!
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von Gerd Uken
So ganz stimmt das nicht
Je nach Umsatz muss man monatlich oder vierteljährlich die Meldung zum 10 des darauffolgenden Monats machen! Verdienen wird zuerst der Steuerberater. Die Vorsteuer erhält man wieder klar. Aber auf Pachten und Prämien fällt keine Steuer an. Aber es sind doch viele geradexwegen der ... mehr anzeigen Umsatzsteuer zur Regelbesteuerung gewechselt. weniger anzeigen
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von Gerd Uken
Hat ja auch Vorteile wenn ich mit
Nachbarländer Handel betreibe die einen höheren MwSt. Satz haben als wir.
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von Edelhard Brinkmann
Besserer Überblick
Dadurch erhält auch einen besseren Überblick über die laufenden Finanzen.wer viel zahlt verdient was und wer viel wiederkriegt ebend nicht so viel ( ausgenommen Investionen )
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von Stefan Lehr
Gleichheitsprinzip
Der Aufwand fuer die Erstellung der USt-Anmeldung ist eine der einfachsten Steuererklaerungen die wir in Deutschland haben. Ob Tierhalter oder Pflanzenbauer: Fuer die Betriebsmittel sind die MWSt-Saetze bei allen gleich, ebenso sieht es auf der Einnahmenseite aus. Wenn wir als ... mehr anzeigen landwirtschaftliche Unternehmer die gleichen Rechte wie die restlichen Unternehmer fordern, dann muessen wir auch die gleichen Pflichten dazu akzeptieren. Bei den Tierhaltern wird es ein relativ lineares Geschehen mit der Regelbesteuerung sein, bei den Pflanzenbauern kann es durchaus sehr interessant fuer die Liquiditaet werden, wenn in der ërntefreien" Zeit die Vorsteuer-Erstattung kommt und mit dem Ernteverkauf dann die USt.-Rueckerstattung faellig wird. Ich sehe hier auch mehr Angstmacherei, als es tatsaechlich in der Praxis sein wird. weniger anzeigen
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von Gregor Grosse-Kock
Sie
Haben leider keine Ahnung!!! Ein Betrieb mit 130Kühen verliert darauf bis zu 25000€!
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von Bernhard ter Veen
@Bernd Müller
Wieso Ackerbau oder Tierhalter ??? Die Mwst- hinundher schieberei ist doch für alle GLEICH ! beim Pauschalierenden Betrieb sind die 3,7 % Mehreinnahmen gegenüber der 7% Durchreiche die dann gegengerechnet werden doch nur eine Lastminderung ,weil ja die volle Steuer von ihnen bezahlt ... mehr anzeigen werden muss. Die Optierenden Betriebe können diese aber geltend machen. Wo ist also der Mehraufwand ? und NETTO ist für alle gleich... einzig der Büroaufwand ist höher... ...oder rechne ich da falsch? weniger anzeigen
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von Gottfried Maier
ja sie rechnen falsch. Denn die Betriebsprämien die beim Ackerbauern einen Großteil der Einnahmen bedeutet ist nicht mit Mwst . belastet. Das Milchgeld hingegen schon es muss die gesamte Steuer abgeführt werden.
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von Bernd Müller
Definitiv rechnen Sie falsch!!
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von Gottfried Maier
Bernd müller
wieso, müssen sie auf ihre Betriebsprämie Mwst. an das Finanzamt abführen?
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von Bernd Müller
Herr Maier
Das habe ich nie gesagt/ geschrieben...
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von Bernd Müller
Herr Maier
Ich glaube Sie haben mich falsch verstanden. Ich wollte Ihnen mit meinem Kommentar zustimmen . Für meinen Betrieb bedeutet der Wegfall der pauschalierung jedenfalls einen 5stelligen Verlust
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von Gottfried Maier
Bernd müller
Entschuldigung Herr Müller ich habe sie falsch verstanden. Für mich bedeutet es ebenfalls einen 5stelligen Verlust. Es gibt aber anscheinend Leute die das nicht realisieren.
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von Gottfried Maier
Bernd müller
ich dachte das " sie rechnen falsch auf mich bezogen war"
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von Bernhard ter Veen
Regelbesteuerung
ist nicht annähernd so schlimm wie es immer wieder dargestellt wird... wir haben dadurch in den mittlerweile 15 Jahren keine Nachteile gehabt. hier wird wieder nur Angst geschürt...
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von Bernd Müller
Nein
Für einen Betrieb mit Tierhaltung kann das mehrere 10Tausend EURO weniger bedeuten und das obwohl wir in Deutschland die höchsten Auflagen in der Eu und die geringsten Förderungen haben! Für einen Betrieb mit überwiegend Ackerbau haben Sie vielleicht recht...
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von Gerhard Steffek
Und immer wieder die EU!
Es ist schon erstaunlich, hinter wievielen Sachen sich die Bundesregierung hinter dem Schlagwort "EU" versteckt. Dabei ist sie doch auch immer so stolz auf das "föderalistische" Prinzip und System. Sei es wie es ist, auch wenn in der normalen Wirtschaft auch alle kleinen Unternehmer das ... mehr anzeigen reguläre Steuerrecht erfüllen müssen, auf alle Fälle ist diese Verschärfung der Pauschalierung wieder ein weiterer Sargnagel für die "bäuerliche Landwirtschaft". Kann mir gut vorstellen, daß mit diesem Schritt wieder einige Betriebe das Handtuch werfen. weniger anzeigen
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