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Vor-Ort-Bericht

Landwirte und das Hochwasser: „Alle packen mit an“

Auch Landwirte und Winzer sind vom Hochwasser betroffen. Und noch mehr Landwirte packen gemeinsam mit freiwilligen Helfern an und räumen auf. Wir waren vor Ort.

Lesezeit: 4 Minuten

Schon am Stadtrand von Walporzheim, einem Stadtteil von Bad Neuenahr-Ahrweiler in Rheinland-Pfalz,bekommen wir einen ersten Eindruck von den gewaltigen Schäden der Jahrhundertflut. Wohin man auch blickt: Müllberge, Schlamm, zerstörte Häuser.Vom dem einst beschaulichen Stadtbild istwenig übriggeblieben. Man mag kaum glauben, dass Walporzheim nur eine Gemeinde von vielen ist, in der Menschen gestorben sind und die Flut den Überlebenden Hab und Gut wortwörtlich weggespült hat. Dutzenden weiteren Gemeinden zwischen Aachen und Trier, in Süddeutschland und Sachsen ergeht es ähnlich.

Wer durch die Stadt läuft, kann es nicht überhören: Notstromaggregate und Pumpen dröhnen. Es riecht nach Dreck. Strom und fließendes Wasser gibt es noch nicht. Traktoren, Bagger und LKW prägen das Bild auf den Straßen. Aus der ganzen Republik sind Landwirte gekommen, um zu helfen.

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Hilfe im Schneeballsystem

Die meisten folgten den Aufrufen von Markus Wipperfürth. „Das war wie ein Schneeballsystem“, erklärt der Lohnunternehmer aus der Nähe von Köln. Er berichtet auf seiner Facebookseite aus dem Krisengebiet. Das haben Millionen Zuschauer gesehen und damit hat er unzählige Landwirte motiviert, sich in die vielen vom Hochwasser betroffenen Orte aufzumachen. Die Kennzeichen der Traktoren verraten, dass die Helfer tatsächlich aus allen Ecken der Republik angereist sind.

Kräftezehrende Arbeit

Wipperfürth ist schon seit mehr als einer Woche mit Traktor und Hakenliftanhänger in Walporzheim und hilft, den Ort vom Schlamm, Müll und Schutt zu befreien, den das Wasser hinterlassen hat. Das zehrt auch an den Kräften hartgesottener Landwirte: „Hier packen alle mit an. Aber die Bilder gehen nicht spurlos an einem vorüber. Irgendwann braucht man auch mal eine Pause.“ Auf die Frage, was er aktuell am dringendsten benötige, antwortet er: „Am besten drei fleißige Sekretärinnen. Das Traktorfahren bekomme ich gut hin.“ Aber er bekommt bis zu 500 Anrufe pro Tag. Bei ihm gehen Hilfsangebote aller Art ein: „Egal was wir über Facebook anfragen. Es dauert nicht lange bis Tankwagen, Sattelschlepper oder Bagger hier stehen.“

Von den Behörden hätte sich Wipperfürth mehr Unterstützung und Koordination gewünscht: „Am Anfang waren wir hier ganz allein.“ Mittlerweile hätte sich jedoch ein gutes System im Ort eingespielt und die Zusammenarbeit mit Bundeswehr, THW und Feuerwehr klappt gut.

Zusammenhalt gigantisch

Eine solche Katastrophe kann Menschen zusammenschweißen – trotz des Leids und der vielen Schäden. Das zeigt sich auch in Walporzheim. „Hier sind Freundschaften entstanden“, sagt Wipperfürth. Freundschaften zwischen den vielen freiwilligen Helfern und den Bewohnern. Einer von ihnen ist Holger Schneider. Aktuell koordiniert der Orthopädieschuhmachermeister und freiwillige Feuerwehrmann die Arbeitsabläufe im Dorf. Innerhalb kürzester Zeit haben die Bewohner gemeinsam mit den Helfern ein großes Basislager errichtet. In Schneiders Garten gibt es nun neben einem improvisierten Werkzeuglager, Verpflegung vom Grill, einen Pommeswagen, Güter des täglichen Bedarfs sowie mobile Duschen und Toiletten.

Den Landwirten, Bauunternehmern und Gartenbauern, die mit schwerem Gerät angerückt sind, ist Schneider sehr dankbar: „Die Landwirte sind sowas von willkommen hier in Walporzheim. Unser Ziel: Im Juni 2022 wollen wir mit den Landwirten und allen Helfern hier vor Ort unser Weinfest feiern.“

Problem: Müllentsorgung

Auf dem Weg vom Kreis Ahrweiler nach Nordrhein-Westfalen fallen vor allem die zerstörte Infrastruktur und die großen, improvisierten Mülldeponien auf. In den Hochwassergebieten sind tausende Tonnen Müll und Schutt angefallen. Die Entsorgung stellt die Kommunen und die Entsorgungsunternehmen vor große Probleme.

Angekommen im Rheinland zeigt sich auch in Schweinheim im Kreis Euskirchen ein fürchterliches Bild. Landwirt Stefan Brock zeigt uns die Zerstörung im Ortskern des Dorfes, das unterhalb der Steinbachtalsperre liegt. Auch er nimmt viele Anrufe entgegen und regelt die Aufräumarbeiten im Dorf gemeinsam mit Soldaten und Mitgliedern von THW und freiwilliger Feuerwehr.

Sein alter Betriebsstandort direkt am Marktplatz von Schweinheim ist wie alle anderen Häuser dort stark beschädigt. Am neuen Standort außerhalb des Dorfes hat Brock Glück im Unglück gehabt: „Wir haben noch während des Starkregens dort 1,60 m tiefe Gräben gegraben, um die Kuh- und Pferdeställe vor dem Wasser zu schützen. Das hat gerade so geklappt.“

Der Melkanlage hat das Wasser trotz Notstromaggregat den Garaus gemacht. „Ohne Handyempfang und Strom haben wir in dem Chaos 24 Stunden gebraucht, um die Anlage wieder ans laufen zu bringen“, erzählt Brock, der dadurch zwei seiner 100 Kühe verloren hat. Allerdings betont er: „Solche Unglücke und auch die Schäden auf dem Acker sind sicher tragisch. Gegen den Verlust des ganzen Hab und Gutes oder gar des Lebens ist sowas jedoch kaum der Rede wert.“

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