Bullenmäster können künftig freiwillig an der Initiative Tierwohl (ITW) teilnehmen. Auf was müssen sich die Landwirte einstellen?
Schlindwein: Meiner Einschätzung nach startet die ITW Rind Anfang 2022. Die Kriterienkataloge sind nahezu fertig. Der benötigte Platzbedarf pro Bulle wird steigen. Hinzu kommt die weiche Liegefläche, die aber nicht die gesamte Buchtenfläche umfasst. Zum Fallstrick könnte werden, dass nur wenige Mäster ihre Tiere bisher auf Stroh oder Gummimatten halten.
Ich persönlich befürchte, dass wir mit dem Start der ITW zu wenig Fleischmenge in den Markt bringen können. Denn anders als vor sechs Jahren die Schweinehalter, müssen die Rindermäster mit sehr umfangreichen und teuren Maßnahmen einsteigen.
Wird die Einführung von ITW-Rind dazu führen, dass der Lebensmitteleinzelhandel vermehrt zu deutscher Ware greift?
Schlindwein: Der Handel greift auch zukünftig zu Importware. Mit der Haltungsformkennzeichnung hat er ein eigenes Labelsystem auf den Weg gebracht. Die ITW-Rind entspricht dort der Stufe 2.
Wir fordern daher zusätzlich zur Haltungskennzeichnung eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung."
In der dritten Stufe bietet Rewe z. B. Fleisch der Marke „Chateau Boeuf“ aus Frankreich an. In Stufe 3 klassifizierte Bullen aus Deutschland sind derzeit noch eine Nische. Wir fordern daher zusätzlich zur Haltungskennzeichnung eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung. Der Verbraucher soll entscheiden können, ob er Fleisch aus Deutschland, Frankreich oder aus Argentinien will.
Mit der Nutztierstrategie steht der Umbau der Tierhaltung an. Dazu verhandelt in der Borchert-Kommission die AG Rind nun die Vorgaben für die Rindermast. Passen die Borchert-Pläne und bestehenden Programme zusammen?
Schlindwein: Die AG Rind hat bisher erst einmal für die Rindermast getagt. Gut ist, dass die Landwirtschaft darin durch Praktiker und Henrik Wiedenroth vom DBV vertreten ist.
Klar ist, die Nutztierstrategie sieht drei Haltungsstufen vor: 1. mehr Tierwohl, 2. Außenklima und 3. Auslauf. Auch in dieser Diskussion geht es für die meisten Mäster wieder um höhere Platzvorgaben und weiche Liegeflächen, denn Außenklimabedingungen für Stufe 2 bieten viele schon.
Zur Finanzierung sollen die Landwirte einen Investitionszuschuss und eine Tierwohlprämie erhalten. Wenn das attraktiv ausfällt, werden viele in die höheren Stufen und Anforderungen investieren. Passt die Prämie nicht, oder ist die Funktionalität nicht gegeben, dürften nur wenige mitmachen.