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Frühwarnsystem: Erkennen Sensoren kranke Kälber schneller?

Das Start-up Futuro Farming will mit einem Frühwarnsystem kranke Kälber schneller erkennen und den Gesundheitsstatus verbessern. Ob das klappt, hat eine Landwirtin für uns getestet.

Lesezeit: 6 Minuten

Die Gesundheit von Kälbern ist besonders in den ersten Lebenstagen und -wochen entscheidend für ihre Entwicklung. Je früher sich kranke Tiere identifizieren lassen, umso effizienter lassen sie sich behandeln und größere Schäden verhindern.

Das Start-up Futuro Farming hat das Frühwarnsystem „Calf Monitoring System“ entwickelt. Mithilfe von Infrarotsensoren wollen sie damit kranke Tiere bis zu drei Tage früher erkennen als das menschliche Auge. Eine App soll Landwirte über den Gesundheitszustand informieren. Bei einem Erkrankungsrisiko schlägt das System sogar Behandlungsoptionen vor. Bedingung ist, dass die Kälber einzeln gehalten werden.

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Ein Sensor kostet 165 € und das Gateway 519 € (zzgl. MwSt.).

103 Kälber in sechs Monaten

Ob das System in der Praxis gut funktioniert, hat Herdenmanagerin Henriette Struß getestet. Sie arbeitet auf dem Betrieb von Fred Arkenberg in Wunstorf (Niedersachsen) mit 270 Milchkühen. Über einen Zeitraum von sechs Monaten waren 20 Einzeliglus mit den Sensoren ausgestattet, die insgesamt 103 Kälber überwacht haben. Die Jungtiere befinden sich auf dem Betrieb bis zu vier Wochen in Einzelhaltung.

Installation: Die Sensoren ließen sich mithilfe der beiliegenden Metallplatten, Schrauben und Flügelmuttern an den Iglus befestigen. Sie sind mittig am kleinen Tor angebracht. Ein Gateway, ähnlich wie ein Router, empfängt die Daten. Es funktioniert als Schnittstelle zwischen Sensoren und App und sollte höchstens 80 m von den Kälberhütten entfernt sein. Die Antenne war auf dem Betrieb am nahe stehenden Milchtank angebracht. „Die Montage ist einfach und selbsterklärend“, sagt Struß. Allerdings haben vier Kälber die Flügelmuttern mit der Zeit gelöst. Selbstsichernde Muttern würde sie deshalb bevorzugen.

App: Wenn Gateway und Sensoren angebracht sind, kommt die App zum Einsatz. Nach der Registrierung lassen sich die QR-Codes auf den Sensoren scannen und in der App anmelden. „Das geht schneller als gedacht. Noch einfacher funktioniert es, wenn man die Codes vor der Montage einscannt“, sagt die Herdenmanagerin. Die Bezeichnung der einzelnen Sensoren (z. B. 7b:5e:14) findet sie jedoch umständlich. Eine fortlaufende Nummer wäre übersichtlicher. Die Sensoren erkennen automatisch, wenn sich ein Kalb im Iglu befindet und wechseln daraufhin in den Aktivmodus. Danach hat Struß Geschlecht, Geburtsdatum und Ohrmarke des jeweiligen Kalbes in der App eingetragen.

Alarme: Das Frühwarnsystem erfasst die Liege-, Steh- und Fresszeiten. Sobald sich das Tierverhalten verändert und ein 70 %iges Erkrankungsrisiko besteht, sendet die App einen Alarm aufs Handy. „Nach einem Update konnte ich die Alarmschwelle selber einstellen“, sagt Struß. Seitdem lassen sich auch Angaben zu Nabel, Temperatur, Kotbeschaffenheit, Atemfrequenz, Nasenausfluss, Ohren und Tränkeverhalten im Smartphone eingeben. Die App leitet daraus Handlungsempfehlungen ab. Laut ­Futuro Farming ist es sinnvoll, ein grundsätzliches Behandlungskonzept zu ­haben, falls ein Erkrankungsrisiko besteht. Dieses Behandlungskonzept sollten Landwirte gemeinsam mit ihrem Tierarzt ausarbeiten.

Reinigung: Um systembezogene Fehlermeldungen zu vermeiden, sollten die Sensoren alle zwei Monate mit einem feuchten Tuch gereinigt werden. Laut Unternehmen soll auch das Waschen der Iglus mit einem Hochdruckreiniger unproblematisch für die Sensoren sein.

Gut, aber Ausbaufähig

Auf dem Betrieb Arkenberg gab es einige Fehlalarme. „Teilweise sind Kälber laut App krank oder inaktiv gewesen, obwohl die Tiere definitiv gesund waren“, sagt Struß. Durch die Position unter dem Nuckeleimer verdreckten die Sensoren schnell. Die Landwirtin vermutet, dass eine wöchentliche Reinigung mit einem feuchten Tuch deutlich besser wäre: „Manchmal waren wir auch schneller als der Sensor und haben kranke Tiere schon früher erkannt.“

Manchmal waren wir auch schneller als der Sensor und haben kranke Tiere schon früher erkannt.“
Henriette Struß

Um die Aktivität einzelner Kälber einzuschätzen, eigne sich das System jedoch gut. Denn in der App gibt es für jedes Kalb eine eigene Übersicht. Den Umgang mit dem System findet Struß ebenfalls einfach. Mittlerweile ist auch die Eingabe von Geburtsgewicht, täglicher Milchmenge und Infos zur Mutter möglich. „Die App lässt sich auch als Managementprogramm nutzen“, sagt die Herdenmanagerin. Sie findet es sinnvoll, dass sie Angaben zu Krankheiten machen kann.

Kritisch schätzt Struß allerdings die Handlungsempfehlungen ein. Das Update kam erst zum Ende der Testphase, weshalb sie diese Empfehlungen nicht ausprobieren konnte. „Ich finde es aber schwierig, dass mir die App vorschlägt, wie ich ein Kalb behandeln soll. Geht das nicht zu weit? Wenn ich nicht weiß, was das Kalb hat, ich ihm aber trotzdem Schmerzmittel und Entzündungshemmer gebe, dann wird mir das Kalb auch nicht zeigen, was es wirklich hat. Ich bekämpfe also nicht die Ursache, sondern nur die Symptomatik“, sagt sie. Insbesondere bei antibiotischen Behandlungsempfehlungen hat Struß den Minimierungsansatz im Blick. „Es kann dazu verleiten, ein Kalb mit Antibiotika zu behandeln, obwohl es eventuell nicht nötig wäre.“ Eine enge Absprache mit dem behandelnden Tierarzt findet sie daher wichtig.

Fazit

Das Frühwarnsystem schätzt die Herdenmanagerin als hilfreich ein, für Betriebe, die eine unterdurchschnittliche Kälbergesundheit und hohe Verluste haben. Aber auch, um Betriebsleiter zu sensibilisieren. Wenn sich mehrere Personen um die Kälber kümmern, kann die App ein effektives Managementtool sein. Für Struß ist klar: „Wir würden das System nicht behalten. Dafür haben wir unsere Kälber selbst zu gut im Griff.“


Stellungnahme

Futuro ­Farming sagt:

Aus den Ergebnissen des Produkttests haben wir bereits einige Punkte umgesetzt. Zum Beispiel lässt sich die Bezeichnung der Sensoren in der App anpassen. Leider wurde während des gesamten Testlaufs nur eine einzige Krankheit in der App eingetragen, was es dem selbstlernenden Algorithmus erschwert, sich auf den Betrieb einzustellen. Bei unseren Kunden, die Krankheiten regelmäßig eintragen, werden diese zuverlässig erkannt.

Die Alarmempfindlichkeit lässt sich in der App einstellen. Zu häufige Fehlalarme sind meist durch eine ungünstige Montageposition bedingt. Dies kann zu einer fehlerhaften Aktivitätsmessung führen. Leider konnten wir das nicht gemeinsam mit dem Betrieb überprüfen. (Anm. der Redaktion: Wie bei unseren Praxistests üblich, war die Kommunikation zwischen Landwirt und Hersteller über top agrar als Schnittstelle möglich.) Wir bieten in der App eine Klassifizierung von Symptomen und die daraus resultierenden Erkrankungen. Dieses Verfahren befindet sich in der Versuchsphase und wurde mit der Uni Göttingen und Tierärzten entwickelt. Vor dem Medikamenteneinsatz ist immer ein Tierarzt zu Rate zu ziehen.


Richtiger Ansatz



Um Krankheiten effektiv behandeln zu können, ist laut Tierarzt Dr. Josef Beisl aus Bayern die frühzeitige Erkennung von kranken Tieren essenziell. "Frühwarnsysteme gewinnen dabei eine immer höhere Bedeutung. Wichtig ist jedoch, die Diagnose auf Einzeltierbasis zu stellen", sagt er. Erst nach einer Untersuchung des Tieres kann er als Tierarzt den Behandlungsplan ableiten. Das sei notwendig für eine gezielte Therapie. "Einen pauschalen Behandlungsansatz gibt es nich tund das wäre auch arzneimittelrechtlich nicht erlaubt", so Beisl.



Für eine schnellere Diagnose schlägt er vor, die App-Alarme nicht nur an den Landwirt, sondern auch an den behandelnden Tierarzt weiterzuleiten. Denn je früher ein krankes Tier behandelt wird, desto besser ist das für die Verlaufsproblematik. "So steigt die Leistung und der Antibiotikaeinsatz sinkt. Die Frühdiagnostik ist also genau der richtige Ansatz."

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