Über die Rinderpreise sprachen wir mit Christian Hückl. Er mästet 240 Bullen in Bayern. Außerdem fragten wir bei Harald Nitschke nach, der in Mecklenburg-Vorpommern 1.600 Bullen hält. Ebenso interessierte uns die Einschätzung von Harald Holsten. Er mästet in Niedersachsen 750 Bullen.
Wie bewerten Sie die momentane Lage der Rindermäster?
Hückl: Die Preise sind im Vergleich zu den letzten Jahren sehr hoch. Wer in der zweiwöchigen Preisspitze fertige Bullen vermarkten konnte, hat trotz der hohen Kosten gute Margen erzielt. Letztlich muss am Ende des Jahres ein Strich drunter gemacht werden, um die Ergebnisse bewerten zu können.
Nitschke: In der letzten Woche haben wir für O-Bullen noch über 5 €/kg Schlachtgewicht bekommen. Damit können wir die hohen Kosten decken und sind zufrieden. Leider ist der Preis jetzt aber auf 4,40 €/kg abgestürzt.
Holsten: Die Lage ist weiter angespannt. Die erfreuliche Entwicklung der Verkaufspreise war zeitlich nur ein kurzes Gastspiel. Derzeit sind die Verkaufspreise wieder stark rückläufig. Die Rohstoffpreise (Jungtiere, Futter, Energie) werden aber weiterhin sehr hoch bleiben. Eine Kostendeckung unterhalb von 5 €/kg Schlachtgewicht für Jungbullen ist derzeit nicht realistisch.
Steigende Kosten: Welche Komponente – Futter, Energie, Fressereinkauf – wirkt sich für Ihren Betrieb am stärksten aus? Wie steuern Sie gegen?
Hückl: Die größten Preissteigerungen bemerke ich beim Bullen- und Kraftfuttereinkauf. Beim Kraftfutter zahle ich zwischen 40 und 80% mehr als sonst. Beim Tierzukauf sind die Kosten bis zu 30% höher. Hinzu kommen die höheren Kosten für Dünger und Diesel. Wir wollen aus dem Grundfutter das Beste rauszuholen, um möglichst wenig Kraftfutter einsetzen zu müssen. Das Getreideschrot versuchen wir selbst zu produzieren. Außerdem baue ich seit zwei Jahren Erbsen und seit diesem Jahr Lupinen an, um weniger Eiweißfutter zukaufen zu müssen.
Nitschke: Die Kosten für Kraftfutter haben bei uns die größten Auswirkungen. Sonst haben wir 22 bis 24 €/dt gezahlt, aktuell sind es 44,5 €/dt. Außerdem machen sich die Düngekosten bemerkbar. Hier steuern wir gegen, indem wir auf dem Acker mehr Gärreste aus unseren Biogasanlagen für die Düngung nutzen.
Holsten: Alle drei Komponenten haben einen großen Einfluss. Wir versuchen weiterhin die Produktion zu optimieren. Hier haben wir in den vergangenen Jahren aber schon fast alle Register gezogen. Einsparungen zum Beispiel bei den Tieren oder dem Futter sind aus meiner Sicht nicht nachhaltig, denn günstigere Preise bedeuten auch schlechtere Qualitäten.
Nehmen Sie an der Initiative Tierwohl (ITW) Rind teil, um Fleisch in Haltungsform 2 anbieten zu können?
Hückl: Ich nehme bereits an der ITW Rind teil. Für uns lohnt es sich, weil wir kein Tier aus der Bucht nehmen müssen und keinen großen Mehraufwand haben. Ich bekomme zusätzlich einen Aufschlag für die GVO-freie Fütterung. Ich könnte auch Fleisch für Haltungsform 3 liefern, dafür gibt es allerdings noch keine Abnehmer.
Nitschke: Ein Teil der Bullenställe erfüllt jetzt schon die Anforderungen für Haltungsform 3. Weitere Ställe, die bislang etwa Haltungsform 2 entsprechen, wollen wir noch entsprechend verändern. In der Färsenmast erfüllen wir schon überall Anforderungen der Haltungsform 3, da wir sie über das Block-House-Programm vermarkten. Ich finde diese Art von Vertragsproduktion gut.
Holsten: Wir sind schon bei der ITW gelistet und zertifiziert. Leider besteht aber derzeit keinerlei Interesse beim Handel. Fest steht: Durch die Forderung nach mehr Tierkomfort wie bei ITW und QS steigen die Produktionskosten enorm. Das muss auch vom Kunden getragen werden.
Wo sehen Sie Ihren Betrieb in fünf Jahren?
Hückl: Der Betriebszweig Bullenmast wird sich nicht groß verändern, da der Stall erst fünf Jahre alt ist. Wenn die Nachfrage da ist, kann ich mir vorstellen auch Fleisch in höheren Haltungsstufen zu liefern, da es sich für uns rentiert. Ich möchte außerdem mehr Eiweißalternativen anbauen, um unabhängiger zu sein. Grundsätzlich finde ich es bei der aktuellen Unsicherheit sehr schwer, langfristig zu planen. Keiner weiß, wo es hingeht.
Nitschke: Wir wollen den Bullenbestand nicht weiter ausbauen. In der Mast sind daher keine großen Veränderungen geplant. Aber wir wollen in neue Ställe für die männlichen Zukaufkälber investieren. Hier sollen 180 neue Plätze entstehen.
Holsten: Wir haben in den vergangenen Jahren die komplette Rinderhaltung auf Strohhaltung umgestellt. Das war aus unserer Sicht notwendig, um den Interessen der Verbraucher nachzukommen. Zukünftig wollen wir versuchen, den Kreis weiter zu schließen. Soll heißen noch mehr eigene Futtermittel anzubauen und mehr Möglichkeiten zur Haltung von Jungtieren zu schaffen. Die Produktion von Rindfleisch in Deutschland und der EU ist weiter rückläufig. Mit der Hoffnung, dass Erzeugerkosten und -preise dann ein passendes Verhältnis haben, freuen wir uns auf die Zukunft.
(Anmerkung: Stand der Preise zum Redaktionsschluss 7.6.2022)
Die Betriebe auf einen Blick
Christian Hückl bewirtschaftet den Hof Weihersmühle in Fladungen (Bayern). Er mästet 240 Bullen im 2017 gebauten Tretmiststall mit automatischer Fütterungs- und Einstreuanlage. Zum Betrieb gehören auch Färsenmast, eine Biogasanlage, ein Lohnunternehmen, die Außenwirtschaft mit rund 370 ha sowie ein Hofladen und Ferienwohnungen.
Harald Nitschke ist Geschäftsführer der Raminer Agrar GmbH im Südosten von Mecklenburg-Vorpommern. Der Betrieb bewirtschaftet 3.200 ha Ackerland und Grünland und hält 1.600 Mastbullen, 620 Milchkühe und 180 Mutterkühe. Die Färsen der Rasse Uckermärker vermarktet er über das BlockHouse Programm.
Harald Holsten und seine Söhne Marco und René bewirtschaften in Heeslingen (Niedersachsen) einen Betrieb mit 750 Bullen. Die Bullen werden auf Tretmist gehalten und die Fütterung läuft automatisch. Die Jungtiere kaufen sie überwiegend als Fresser mit 200 kg zu. Die Landwirte bewirtschaften rund 250 ha Acker und Grünland und betreiben zusammen mit zwei weiteren Landwirten eine Biogasanlage mit drei Wärmenetzen.