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topplus Umgang mit Schweinen

Mehr Sensibilität beim Tierschutz nötig

Stichprobenartige Kontrollen in 400 Mastbetrieben in NRW haben gezeigt, dass es beim Umgang mit kranken und verletzten Schweinen in vielen Fällen noch Verbesserungspotenzial gibt.

Lesezeit: 9 Minuten

Immer wieder wird in den überregionalen Medien von vermeintlichen Tierschutzverstößen in deutschen Schweineställen berichtet. Schockierende Bilder von verletzten Schweinen, die tagelang auf Treibegängen dahinvegetieren und von unheilbar kranken oder verletzten Tieren, die viel zu spät von ihren Leiden erlöst werden, machen in Fernsehen und Printmedien die Runde.

Ist der Vorwurf berechtigt? Oder handelt es sich nur um die dreiste Masche vermeintlicher Tierschützer, die immer wieder die gleichen Bilder präsentieren, um für ihre Organisationen Spendengelder einzutreiben?

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In Nordrhein-Westfalen ist man den Vorwürfen nachgegangen. Dort haben die unteren Veterinärbehörden die anhaltende Kritik zum Anlass für risikoorientierte, unangekündigte Schwerpunktkontrollen genommen. Ergebnis: In 59 % der 379 ausgewerteten Prüfprotokolle fanden die Behörden mindestens einen Mangel, der tierschutzrelevant war. In 90 Betrieben gab es sogar gleich mehrere Verstöße.

Mängel beim Krankenstall

Beklagt haben die Kontrolleure insbesondere die nicht fachgerechte Unterbringung, Versorgung und Separierung kranker und verletzter Schweine. Bei knapp einem Drittel der Betriebe fehlten die gesetzlich vorgeschriebenen Krankenbuchten mit weicher Unterlage oder Einstreu sogar komplett.

Bedenklich waren die Ergebnisse im Hinblick auf das Thema Nottöten. In 14 % der Fälle, in denen der Landwirt angab, das Nottöten selbst durchzuführen, fehlten die dafür nötigen Gerätschaften oder die vorhandenen Geräte waren nicht funktionsfähig.

Sehr gut fielen dagegen die Ergebnisse hinsichtlich der Einhaltung der Belegdichte und Wasserversorgung aus. Über 95 % der Betriebe erfüllten die geltenden rechtlichen Vorschriften.

Bis auf einen Betrieb mit wenig Schweinen konnten alle Schweinehalter einen tierärztlichen Bestandsbetreuungsvertrag vorweisen. Die Betriebsleiter lassen ihre Bestände also regelmäßig tierärztlich checken.

Aufgrund der teils unbefriedigenden Ergebnisse sollen in Zukunft weitere Kontrollen in NRW zum Umgang mit kranken und verletzten Tieren stattfinden. Wir haben mit Tierärzten und Landwirten diskutiert, wo es bei diesen Themen noch offene Baustellen gibt und in welchen Punkten sich die Landwirte mehr Unterstützung wünschen.

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Hubertus Beringmeier

Tiere möglichst ­unblutig nottöten

Viele Schweinehalter schrecken vor der Entscheidung zurück, Tiere töten zu müssen. Deshalb plädiere ich dafür, die Hemmschwelle für das Nottöten so weit wie möglich zu senken. Das gelingt meines Erachtens am besten durch die unblutige Tötung mithilfe von Elektrozangen bzw. CO2-Tötungsboxen für Saugferkel.

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass der Einsatz einer Elektrozange sowohl für den Betriebsleiter als auch für An­gestellte die Entscheidung erleichtert, kranke Tiere rechtzeitig (!) von ihrem Leid zu erlösen. Ich selbst möchte die Tötungszange nicht mehr missen.

Um die Entscheidung für eine Elektrozange zu erleichtern, habe ich NRW-Landwirtschaftsministerin Ursula Heinen-Esser gebeten, zu prüfen, ob der Kauf einer Elektrozange gefördert werden kann. Bei einem Anschaffungspreis von über 2 000 € halte ich dies für gerechtfertigt.

Auch beim Umgang mit verletzten Tieren sollten wir noch einmal darüber nachdenken, ob die derzeit gültigen Vorgaben wirklich zielführend sind und praktikabel sind. Dazu gehört unter anderem die starre Vorgabe, dass jeder Betrieb einen bestimmten Prozentanteil seiner Tierplätze als Krankenbuchten bereithalten soll. Hier müssen wir ein Konzept mit praktischen Lösungen finden. So könnte sich die Anzahl der Krankenbuchten zum Beispiel an den Verlusten und den Befunddaten orientieren.

Auch Informationen zum Ferkelbezug und zu anderen tierbezogenen Gesundheitsinformationen können in die Entscheidung einfließen. Bezieht ein Mäster zum Beispiel alle seine Ferkel ausschließlich von einem Ferkelerzeuger, wirkt sich das positiv auf die Bestandsgesundheit und damit auf die Sterblichkeitsrate aus. Die Zahl der Krankenbuchten könnte so reduziert werden.

Das Konzept sollte immer in enger Zusammenarbeit mit dem betreuenden Tierarzt erstellt werden. Dieser sollte regelmäßig prüfen, wie und wo kranke Tiere untergebracht werden. Der Tierarzt müsste zudem festhalten, wie viele kranke oder verletzte Tiere in Genesungsbuchten betreut werden mussten und abgleichen, ob die Zahl zur Anzahl der Krankenbuchten passt.

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Dr. Manfred Ulrich

Alle Behandlungen dokumentieren!

In viehstarken Landkreisen gehört die Kontrolle landwirtschaftlicher Betriebe zu den Hauptaufgaben der Amtsveterinäre. Der Umgang mit kranken und verletzten Tieren ist dabei ein sehr wichtiger Aspekt. Das geschieht nicht aus Schikane, sondern weil es die EU seit Ende 2019 verbindlich vorschreibt.

Auch wenn zum Zeitpunkt der Kon-trolle keine kranken oder verletzten Schweine vorhanden sein sollten, müssen im Betrieb geeignete und ausreichend viele Genesungsbuchten bzw. -ställe vorgehalten werden. Aus Sicht der Veterinärbehörden halten wir einen Anteil von 2 bis 3 % des Gesamtbestandes für erforderlich.

Bei den unangemeldeten Kontrollen treffen wir auch regelmäßig erkrankte Tiere an. Deren Behandlung und Unterbringung ist oft mangelhaft. Häufige Mängel, die wir dabei feststellen, sind:

  • Die kranken oder verletzten Schweine sind in ungeeigneten Behelfsställen untergebracht. Oft handelt es sich dabei nur um einen vom Kontrollgang provisorisch abgegrenzten Abschnitt. Oder die Tiere stehen in einem Stall mit rutschigem Boden, es ist zu kalt im Stall oder die Tiere werden nur per Eimer mit Wasser versorgt.

  • Der Landwirt kann bei der Kontrolle keine ausreichende, geeignete und vor allem dauerhafte Behandlung nachweisen. Dazu gehört bei Bedarf auch eine Schmerzbehandlung. Wichtig ist, dass alle Behandlungen im Bestandsbuch dokumentiert werden. Oft sind die Aufzeichnungen jedoch lückenhaft oder sie fehlen ganz.

  • Zu jeder Behandlung mit Medikamenten muss der Hoftierarzt hinzugezogen werden, was bei kranken Tieren jedoch häufig nicht erfolgt. Wichtig ist zudem, dass die Anwendung von Tierarzneimitteln nur nach tierärztlicher Behandlungsanweisung erfolgen darf!

  • In Einzelfällen finden wir im Genesungsstall auch Tiere, bei denen keine Aussicht auf Heilung besteht. Werden diese Schweine nicht rechtzeitig und tierschutzgerecht notgetötet, muss der Tierhalter mit erheblichen Konsequenzen rechnen. Ein gerichtliches Verfahren und die Kürzung von EU-Prämien können die Folge sein, weil dem Tier unnötige Leiden und Schmerzen nicht erspart wurden.

Aus verständlichen Gründen führen viele Landwirte die Nottötung ihrer Nutztiere nur äußerst ungern durch. Die einzige Alternative ist in einem solchen Fall jedoch die sofortige Beauftragung des betreuenden Hoftierarztes. Dieser muss die Nottötung dann unverzüglich durchführen und nicht erst beim nächsten anstehenden Bestandsbesuch. Finanzielle Überlegungen dürfen in diesem Zusammenhang keine Rolle spielen! 

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Dr. Jürgen Harlizius

Unnötiges Leid unbedingt vermeiden

Auch unter noch so guten Haltungsbedingungen lässt es sich nicht verhindern, dass Schweine mitunter erkranken oder sich verletzen. Da das meistens mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden ist, müssen diese Tiere unverzüglich entsprechend ihrer Erkrankung und nach Anweisung des Tierarztes behandelt werden!

In hoffnungslosen Fällen, wie z. B. bei lebensbedrohlichen Verletzungen, Knochenbrüchen oder Behandlungen ohne Therapieerfolg muss unverzüglich notgetötet werden. Denn in der Regel dürfen diese Tiere ohnehin nicht mehr geschlachtet werden, und eine Heilung ist auch nicht zu erwarten.

Bei anderen Erkrankungen sollte zunächst eine Heilung angestrebt werden. Dazu müssen Einzeltiere, die sich in der Gruppe nicht mehr behaupten können, unbedingt abgesondert werden. Dafür eignen sich ein Krankenstall oder eine Genesungsbucht. Unter Umständen kann auch ein Bereich in der belegten Bucht abgegittert werden.

Im Krankenstall muss es warm sein und der Boden sollte eingestreut oder mit einer weichen Unterlage versehen sein. Futter und Wasser müssen jederzeit zugänglich sein und notfalls auch von Hand verabreicht werden.

Der Krankenstall ist aber kein Sterbeabteil! Ziel ist, dass die dort untergebrachten Schweine wieder genesen. Wenn die Erkrankung bzw. Verletzung jedoch dazu führt, dass die Tiere dauerhaft zu wenig saufen bzw. fressen können, sie ständig Schmerzen empfinden und eine Heilung unwahrscheinlich ist, müssen sie rechtzeitig und tierschutzgerecht notgetötet werden.

Wann dieser Zeitpunkt gekommen ist, lässt sich nicht pauschal festlegen. Nach zwei bis drei Tagen Behandlung sollte zumindest eine Tendenz zur Besserung erkennbar sein. Wenn die Erkrankung dagegen länger als drei Wochen andauert, sprechen wir bereits von einem chronischen Geschehen, bei dem eine vollständige Heilung kaum noch zu erwarten ist.

Letztlich muss in jedem Einzelfall abgewogen werden, ob und wann ein Tier notgetötet werden sollte. Wenn die Schweine sichtbar leiden, kümmern oder sogar festliegen, muss die Entscheidung deutlich früher fallen. Leider warten viele Landwirte damit immer noch zu lange, weil sie hoffen, dass das betreffende Tier doch noch genesen könnte.

Wer unsicher ist, kann an entsprechenden Schulungen teilnehmen, die unter anderem von den Landwirtschaftskammern zu diesem Thema angeboten werden. Im Zweifelsfall sollte man den Hoftierarzt um Unterstützung bitten. Unnötiges Tierleid muss unter allen Umständen vermieden werden!

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Dr. Jochen Meyer

Gute Kontrolle reduziert Zahl der Nottötungen

Das Thema Nottöten von Schweinen ist für jeden Landwirt unangenehm. Mein oberstes Ziel ist daher, dass ich in meinem Betrieb mit Mastschweinehaltung so wenig Tiere wie möglich nottöten muss. Das versuche ich zu erreichen, indem ich meinen Tierbestand jeden Tag genau kontrolliere.

Beim täglichen Stallrundgang lasse ich mir bewusst Zeit und ich gehe grundsätzlich nach einem festen Muster vor. Zuerst prüfe ich die Einstellungen der Lüftung und Fütterung, und dann kontrolliere ich in aller Ruhe die Schweine. Dabei habe ich immer einen Viehzeichenstift in der Tasche. Jedes auffällige Tier markiere ich so deutlich, dass ich die Farbmarkierung beim nächsten Kontrollgang gar nicht übersehen kann. Kranke Tiere notiere ich mir mit Datum und Therapiemaßnahmen auf einer Tafel im Krankenstall. Die Verlaufskontrolle ist für mich wichtig, weil ich dann besser entscheiden kann, ob eine weitere Behandlung sinnvoll ist.

Apropos Entscheidung: Wichtig ist aus meiner Sicht, dass man eine gute Einschätzung bzw. ein sicheres Gefühl dafür bekommt, wann der richtige Zeitpunkt zum Nottöten eines Tieres gekommen ist. Deshalb spreche ich mich auch klar für Fortbildungen aus, die jeder Landwirt absolvieren sollte. Denn durch Übung und externe Beratung sinkt die Zahl der Fehleinschätzungen.

Das fachgerechte Nottöten eines Mastschweines erledige ich mit dem Bolzenschussapparat, anschließend entblute ich das Tier. Für diese Variante habe ich mich entschieden, weil ich zum Glück weniger als 20 Schweine pro Jahr nottöten muss. Die geringe Tierzahl hätte die mehrere Tausend Euro teure Investition in eine Elektrozange nicht gerechtfertigt.

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