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topplus Schweinestau

„Wir brauchen Anreize für den Bestandsabbau!“

ASP und Corona haben die Schweinebranche in eine schwere Krise gestürzt. Der Schweinestau wächst täglich. top agrar hat mit Berater Johannes Osterkamp über die Notlage gesprochen.

Lesezeit: 4 Minuten

In Deutschland stauen sich derzeit rund 500.000 Schweine in den Ställen, jede Woche kommen laut ISN 70.000 bis 90.000 Schweine hinzu. Wie nehmen Sie die Situation als Berater des Beratungs- und Erzeugerringes Friesoythe und Umgebung e.V. im Landkreis Cloppenburg wahr?

Osterkamp: Bei den Mästern stehen jeden Tag mehr schlachtreife Mastschweine im Stall. Die Tiere werden von Tag zu Tag schwerer, der Platz in der Bucht wird kleiner. Bei der Vermarktung müssen Preiszugeständnisse gemacht werden. Einige Mäster berichten, dass die Schweine nur noch abgeholt werden, wenn man sich zeitgleich verpflichtet, neue Ferkel einzustallen. Das zeigt auch, unter welchem Druck die Händler aktuell stehen.

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Wie gehen die Ferkelerzeuger mit der Situation um?

Osterkamp: Auch bei den Ferkelerzeugern ist die Situation angespannt. Teilweise werden Ferkel zu ruinösen Preisen dahin verkauft, wo noch Platz ist, weil das Flatdeck für die nachkommenden Absetzferkel geräumt werden muss. Die Sorge unter den Ferkelerzeugern ist sehr groß, dass die Situation noch länger anhält. Einige Sauenhalter denken immer lauter darüber nach, den Schlüssel endgültig umzudrehen, bevor es aus finanziellen Gründen ein Anderer macht.

Was ist jetzt wichtig, um den Schweinestau aufzulösen?

Osterkamp: Nicht nur vereinzelt, sondern in der gesamten Bundesrepublik sollte es den Schlachtunternehmen kurzfristig erlaubt werden, Arbeitszeiten zu flexibilisieren und auch an Sonn- und Feiertagen zu schlachten, bis der Schweinestau abgebaut ist. Ich halte eine Arbeitsquarantäne für sinnvoll, bei der die Arbeiter sich verpflichten, nur noch zwischen Wohn- und Arbeitsort zu pendeln. Sie dient dem Gesundheits- und Tierschutz – auch wenn die Isolierung ein extremer Einschnitt in die Freiheit der jeweiligen Personen ist. Außerdem sollte den Mitarbeitern in den Schlachthöfen mehr Anerkennung seitens der Politik zugestanden werden. Es bedarf allerdings auch eines mittelfristigen Plans für die Branche. Das Coronavirus und die ASP werden uns auch im kommenden Jahr und möglicherweise darüber hinaus in Atem halten. Die Absatzmengen im europäischen Fleischmarkt und das Chinageschäft werden wahrscheinlich nicht so schnell auf das bisher bekannte Niveau klettern. Seitens der Politik sollte über ein abgestimmtes Anreizsystem nachgedacht werden, die einen Bestandsabbau in der Ferkelproduktion und in der Mast zulässt.

Wie könnte so ein Anreizsystem konkret aussehen und wie schnell würde so etwas wirken?

Osterkamp: Sauenhalter könnten eine Prämie dafür bekommen, jetzt weniger Sauen zu belegen. Die Folge wären geringere Ferkelmengen für die Mast ab dem nächsten Sommer. Für die Mäster sollte eine Prämie in Aussicht gestellt werden, wenn sie sich jetzt verpflichten, ab dem Sommer weniger Tiere zu halten. Die Maßnahmen sollten dabei für ein Jahr angesetzt werden. So könnte der Ferkelpreis in absehbarer Zeit gestützt und das Risiko von Überhängen am Schlachtmarkt - nach der nächsten Grillsaison zu produzieren - verringert werden.

"Corona und ASP werden uns auch im kommenden Jahr und darüber hinaus in Atem halten"

Womit rechnen sie, wenn der Schweinestau bis Weihnachten nicht aufgelöst werden kann?

Osterkamp: Die jetzt kommende Jahreszeit sorgt naturgemäß für einen Infektionsanstieg. Und auch Arbeiter in der Schlachtbranche wollen über die Feiertage zu ihren Familien fahren. Vermehrte Ausfallzeiten in der Belegschaft und fehlende Schlachtkapazitäten werden die Folge sein. Das wirkt sich wie ein Brandbeschleuniger auf den Schweinestau aus. Wenn bis Weihnachten der Schweinestau nicht überwiegend aufgelöst werden kann, wird es wahrscheinlich zu einem deutlichen Anstieg an Tierschutzverstößen kommen.

Marktbeobachter glauben, dass die rote Seite mit der aktuellen Situation wirtschaftlich gut fährt. Tun die Schlachtunternehmen wirklich alles, um den Stau abzubauen?

Osterkamp: Die Schlachtunternehmen müssen sicherlich schauen, wo sie die Mengen im Markt unterbringen. Das dürfte nicht für jedes Unternehmen einfach sein, und ein Herunterfahren von Schlachtkapazitäten deshalb vorübergehend nicht schaden. Allerdings ist es für die rote Seite immer noch am wirtschaftlichsten, eine hohe Auslastung fahren zu können. Und Schlachtschweine konnten schon lange nicht mehr so billig eingekauft werden! Die Marktakteure, die gute Kontakte ins EU-Ausland haben, werden auch dort ihren Absatz finden.

Können die Behörden mehr tun?

Osterkamp Die Behörden stehen ebenfalls vor enormen Herausforderungen und müssen mit Augenmaß agieren. Um weiteren Tierschutzverstößen vorzubeugen, ist jetzt allerdings mehr Mut, Ideen und Tatendrang gefragt. Die jüngst eingeführte Arbeitsquarantäne bei Weidemark in Sögel zeigt, dass es allen Beteiligten ein Anliegen sein kann, den Schweinestau abzubauen und die Schlachtkapazitäten möglichst aufrecht zu erhalten.

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