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Praxisbeispiele Verkehrskontrolle Landwirtschaft: Hätten Sie das gewusst?

Gerade bei landwirtschaftlichen Fahrzeugen gibt es einige Besonderheiten im Straßenverkehr. Zusammen mit unserem Experten haben wir uns einige davon näher angesehen.

Lesezeit: 10 Minuten

Unser Experte: Heinz Haarlammert ist Polizeihauptkommissar a.D. und Fachmann für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge im Straßenverkehr.

Unsere folgenden Praxisbeispiele greifen einige Fallen im Bereich des Führerscheinrechts und der Zulassung von Landmaschinen auf.

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Erwischt bei der Überführung

Darauf hat sich der Azubi Jasper H. (20) schon länger gefreut. Sein Arbeitgeber, eine Landmaschinenwerkstatt, hat ihn mit einer Überführungsfahrt beauftragt. Jasper soll einen verkauften Häcksler (40 km/h) auf Achse zum Kunden fahren – immerhin 50 km über Land. Der junge Mann hat den Führerschein der Klasse T und ist beim Lohner regelmäßig mit Häckslern unterwegs – also alles kein Problem?

Als ihn eine Polizistin kurz vor seinem Ziel stoppt, ist er auskunftsfreudig und lässt die Beamtin von seinem Auftrag wissen. Diese kann seine Begeisterung nicht teilen und schreibt eine Anzeige wegen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis – leider mit Recht.

Denn der Führerschein T deckt für Mitarbeiter einer Werkstatt nur Fahrten zum Zweck der Reparatur, Wartung und Prüfung von Fahrzeugen sowie Probefahrten der Hersteller ab, nicht aber eine Überführungsfahrt.

Weil der Häcksler mittlerweile fast 50 km von Jaspers Firma entfernt ist, zieht die nachgeschobene Erklärung, dass es sich doch um eine „Werkstattfahrt“ gehandelt habe, nicht mehr.

Der Azubi und sein Chef kassieren eine Strafanzeige. Die Weiterfahrt wird untersagt. Allerdings darf der Landwirt, der den Häcksler gekauft hat, die Maschine legal mit seinem Führerschein der Klasse T abholen.

Ende der Ausflugsfahrt

Johann A. ist stolzer Besitzer eines Führerscheins L. Wann immer der 17-jährige Schüler Zeit hat, hilft er seinem Vater auf dem Betrieb und ist begeisterter Treckerfahrer. Bei einer Polizeikontrolle in der Ernte gab es nichts zu beanstanden.

Zusammen mit seinem Vater hat Johann einen Youngtimer restauriert. Die beiden fahren mit ihrem IHC 1455 XL gerne zu Treffen. Dazu nehmen sie einen liebevoll zum Wohnwagen aus­gebauten Bauwagen mit, den sie mit ­einem 25 km/h-Aufkleber und einem Wiederholungskennzeichen ausgestattet haben. Weil sie ihren Klassiker aus Neuß schonen wollen, halten sich die beiden an die Betriebsgeschwindigkeit von 25 km/h.

Auf dem Weg zu einem Wochenendtreffen werden Vater und Sohn von einer Streife gestoppt. Am Lenkrad bei dieser Etappe: Johann. Diesmal ist die Fahrt für ihn hier zu Ende. Die Beamten kennen sich gut aus und schreiben eine Strafanzeige wegen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis.

Was werfen die Polizisten den beiden vor? Johanns Führerschein der Klassen L reicht eigentlich für Trecker mit 40 km/h bbH, auch mit Anhänger, er ist aber an Bedingungen geknüpft.

Neben Fahrten für land- oder forstwirtschaftliche (lof) Zwecke sind u. a. auch Jagd sowie Brauchtumsveranstaltungen wie Karneval oder Schützenfeste eingeschlossen. Die Fahrt zu privaten Treffen oder Spazierfahrten gelten aber nicht als Brauchtumsveranstaltung.

Eine Petition der Szene, die Führerscheine L und T für private Zwecke zu erweitern, wurde vom Bundestag übrigens abgelehnt – keine Chance. Johann und der Halter des Youngtimers – also sein Vater – kassieren eine Strafanzeige.

Auch Vater Marcus bewegt sich auf dünnem Eis, denn auch sein Führerschein T deckt Spazierfahrten nicht ab – hier gelten die gleichen Rahmenbedingungen wie in der Klasse L. Weil er aber den alten Führerschein der Klasse 3 hat, darf Marcus Fahrzeuge mit einem zul. Gesamtgewicht bzw. zul. Gesamtmasse (zGM) bis 7,5 t fahren. Er hat bei der Umschreibung automatisch die Klasse C1E erhalten, auf Antrag war sogar die beschränkte CE-Klasse möglich.

Damit Johann seinen Youngtimer künftig legal über die Straße steuern darf, muss er mindestens den Führerschein der Klasse C1 haben, den gibt es erst ab 18.

Auch mit dem Bauwagen ecken die beiden an. Denn die Zulassungsfreiheit bis 25 km/h gilt für land- oder forstwirtschaftliche Anhänger – und auch für „Baubuden“. Doch die sind auf Baustellen als Gerätelager und Aufenthaltsraum gedacht. Der ausgebaute Anhänger unserer Youngtimerfans ist aber mit Bett und Küchenzeile als Wohnwagen zu werten. Damit besteht ein Zulassungsvergehen und ein Verstoß gegen das Kraftfahrzeugsteuer- und Pflichtversicherungsgesetz.

Günstige Arbeitsmaschine

Sebastian B. ist Betreiber einer gewerblichen Biogasanlage. Das Beschicken der Anlage übernimmt ein 30 km/h-Telelader, der nur zum Tanken ein kurzes Stück über öffentliche Straßen fährt.

Der Teleskoplader wurde nach Kauf nicht als selbstfahrende Arbeitsmaschine, sondern als Zugmaschine aus­geliefert und zugelassen, das erkennt man in der Zulassungsbescheinigung am Kürzel „T1“ (EU-Typgenehmigung „Zugmaschine“). Die Maschine hat ein schwarzes Kennzeichen und wird rechtlich wie ein Traktor eingestuft – nur dass dieser Lader nie mit einem Anhänger unterwegs ist. Sebastian zahlt für den Telelader Steuern und hat eine Kfz-Haftpflichtversicherung abgeschlossen. Zusammen mit den TÜV-Gebühren alle zwei Jahre summieren sich die Kosten auf nahezu 1.000 €.

Matthias B. weiß, wie sein sparsamer Bruder um diesen Betrag herumkommt. Er schlägt Sebastian vor, den Lader vom TÜV als Selbstfahrende Arbeitsmaschine (SAM) umschlüsseln und gleichzeitig vom Service des Herstellers und die bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit (bbH) auf 20 km/h drosseln zu lassen – die Maschine muss ohnehin nicht weit über die Straße.

Die Kosten betragen einmalig dafür ca. 250 €. (TÜV Abnahme und Werkstattkosten). Das Ganze bringt dem Anlagenbetreiber dann einige Vorteile: Die Zulassungspflicht entfällt, es reicht auf der linken Fahrzeugseite ein Schild mit dem kompletten Namen bzw. der Firmenanschrift von Sebastian.

Auch muss der Lader nicht mehr alle zwei Jahre zur Hauptuntersuchung und ist über die Betriebshaftpflicht mitversichert. Ein Führerschein der Klasse L reicht, auch für den gewerblichen Einsatz (das gilt bis max. 25 km/h bbH). So ein Lader darf als Selbstfahrende Arbeitsmaschine allerdings keinen Anhänger zum Gütertransport mehr ziehen.

Achtung: Bei den SAM gibt es in Bezug auf den Führerschein Besonderheiten. Vor allem bei einem selbstfahrenden Futtermischwagen sollten Besitzer aufpassen. Bis 25 km/h bbH reicht die Führerscheinklasse L. Über 25 km/h werden die Futtermischer plötzlich als Sonder-Kfz eingestuft.

Der Führerschein T erlaubt dann Fahrten bis zu einer bbH von 40 km/h Darüber benötigt der Fahrer je nach zGM einen Führerschein der Klasse C1 (bis 7,5 t) oder C.

Aber auch bei anderen SAM spielt die Höchstgeschwindigkeit eine wichtige Rolle. Der Führerschein T ist bei Arbeitsmaschinen auf eine bbH von 40 km/h limitiert und nicht wie beim Traktor bis 60 km/h (ab 18). Also aufgepasst: Fahren eine Spritze oder ein Radlader schneller als 40 km/h (bbH), braucht auchhier der Fahrer einen Lkw-Führerschein (je nach zGM: 3,5 bis 7,5 t C1 bzw. Kl C über 7,5 t).

Anhänger oder Arbeitsgerät?

Florian T ist Ackerbauer und konnte seine Fläche durch Übernahme eines benachbarten Betriebs vergrößern. Neben seiner Anhängespritze setzt er auch einen gezogenen Düngerstreuer ein. Beide hat er mit einem Wiederholungskennzeichen und einem 40 km/h-Schild ausgestattet.

Bei einer Verkehrskontrollee stufen die Beamten den Düngerstreuer als Anhänger ein und vermuten einen Verstoß gegen die Zulassungs- und Versicherungspflicht. Zu Unrecht. Denn der Hersteller war auf Zack und kann für seinen Düngerstreuer eine „COC“-Bescheinigung (entspricht einer Betriebserlaubnis) mit der EU-Typgenehmigung der Kategorie „S“ vorweisen. Damit ist auch der gezogene Düngerstreuer als angehängtes Arbeitsgerät eingestuft. Weiterer Vorteil für den Hersteller: Das Fahrzeug darf nun auf dem gesamten europäischen Markt verkauft werden, ohne dass weitere Prüfungen in anderen EU-Mitgliedstaaten erforderlich sind.

Aber Achtung, das gilt nicht automatisch für jedes (wie Arbeitsgerät am Markt. Kunden sollten vor dem Kauf unbedingt auf die Einstufung des Düngerstreuers, der Spritze oder auch eines Feldrandcontainers drauf achten, dass die „S-Typgenehmigung“ vorliegt. Aber auch einige Ladewagen oder Festmiststeuer gibt es mit der „S“ Typenbezeichnung.

Übrigens: Da die deutschen Behörden sehr streng bei der Einstufung sind, stellen einige Hersteller ihre Fahrzeuge mittlerweile in anderen EU-Mitgliedstaaten vor, in denen man teils pragmatischer ist. Eine einmal in der EU ausgesprochene Typgenehmigung ist in allen Mitgliedstaaten gültig.

Die Einstufung als angehängtes Arbeitsgerät bringt einige Vorteile im Vergleich zum 40 km/h-Anhänger (Typgenehmigung „R“):

  • Es ist keine Zulassung erforderlich, ein Wiederholungskennzeichen vom ziehenden Traktor wird empfohlen.
  • Während der Anhänger alle zwei Jahre vorgestellt werden muss, entfällt die Hauptuntersuchung beim Arbeitsgerät komplett.
  • Beim Anhänger ist (meist) die Außenbreite auf 2,55 m ggf. limitiert, ein Arbeitsgerät darf aber 3 m breit sein.

Nur schmal auf die Baustelle

Lohnunternehmer Hubert W. ist mit seinen Erdbaukippern auf Baustellen gern gesehen. Denn Traktor und Mulde sind bodenschonend bereift und hinterlassen weniger Flurschaden als klassische Kipper-Lkw. Die Außenbreite des Zugs beträgt 2,55 m aber mit Bereifung genau 3 m. Der Lohner hat seine Baustellenfahrzeuge ordnungsgemäß zugelassen und versteuert, was man am schwarzen Kennzeichen sieht. Fahrer Clemens hat den Führerschein der Klasse CE und die Schulungen für den Güterkraftverkehr – also alles in Ordnung? Leider Nein …

Denn seit Juli 2021 hat sich die Gesetzeslage geändert und bei gewerblichem Einsatz sind Fahrzeuge mit einer Bereifung von mehr als 2,55 m Außenbreite nicht mehr zulässig. Der Gesetzgeber hat die Sache pragmatisch gelöst und setzt für die Genehmigung der Breitreifen die gleichen Bedingungen voraus, die auch bei den Führerscheinen L bzw. T erfüllt sein müssen, also in erster Linie der lof-Zweck.

Im Klartext: Hubert W. darf sein breites Gespann weiter im landwirtschaftlichen Lohnbetrieb einsetzen, für seine Tiefbauspate ist es aber seit Juli 2021 tabu oder mit Ausnahmegenehmigung möglich.

Trotz Klasse T am Pkw nur ein Minianhänger?

Johannes H. ist 23 und besitzt den Führerschein der Klasse T. Er arbeitet auf einem landwirtschaftlichen Betrieb und ist häufig mit einem 60 km/h-Zug aus Traktor und zwei Dreiseitenkippern unterwegs. Die zGM von 40 t ist dabei meist ausgereizt und Probleme mit der Polizei hat er damit noch nie gehabt.

Das gute Verhältnis zu den Ordnungskräften ändert sich, als Johannes mit dem Geländewagen (2 000 kg zGM) seines Chefs plus Anhänger (1.800 kg zGM) gestoppt wird. Denn der junge Landwirt besitzt neben dem Führerschein der Klasse T nur den Autoführerschein Klasse B, der Buchstabe E fehlt. Die Weiterfahrt wird unterbunden, Johannes und sein Chef als Halter erhalten eine Strafanzeige wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis. Es gelten für Johannes folgende Grenzen:

  • Er darf Fahrzeuge bis zu einer zGM von 3,5 t fahren. Dann kann er zusätzlich aber nur noch einen Anhänger mit max. 750 kg zGM mitführen.

  • Ist das Zugfahrzeug leichter, kann der Anhänger auch schwerer sein. Entscheidend ist, dass die zGM des Zuges nicht mehr als 3,5 t beträgt.

  • Bei der Fahrschule könnte Johannes durch eine Schulung ohne Prüfung seinen Führerschein der Klasse B erweitern. Dann wird dort die Schlüsselziffer B 96 eingetragen. Damit ist für Auto plus Anhänger eine zGM von 4.250 kg erlaubt.

  • Weil er Nägel mit Köpfen machen will, macht Johannes den Anhängerführerschein BE. Nach bestandener Prüfung darf er jetzt Pkw bis max. 3,5 t zGM und dazu einen schweren Anhänger mit ebenfalls max. 3,5 t fahren. Die Bauart des Anhängers spielt keine Rolle, es kann auch ein Sattel- oder Drehschemelanhänger sein.

  • Damit sie sich später nicht noch aufraffen müssen: Am besten buchen junge Leute aus dem landwirtschaftlichen Umfeld den E direkt mit, wenn sie den Pkw-Führerschein Klasse B machen. Bei der üblichen Fahrpraxis mit Traktoren ist das dann fast nur noch eine Formsache …

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