Unser Autor: Dr. habil. Hans Hochberg, Deutscher Grünlandverband e.V.
Noch immer ist die neue Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) ab 2023 nicht endgültig entschieden, es fehlt die offizielle Genehmigung aus Brüssel. Dabei drängt die Zeit. Viele Betriebe müssen sich rechtzeitig und praktisch darauf vorbereiten, welche Maßnahmen sie umsetzen können.
Von AUKM zu Eco Schemes
Künftig kann man freiwillig in der 1. Säule der GAP eine Förderung gemäß der sogenannten Ökoregelungen (Eco Schemes) in Anspruch nehmen. Konkret geht es in der Maßnahme 5 der Eco Schemes um die „ergebnisorientierte extensive Grünlandbewirtschaftung mit Nachweis von vier Kennarten“ – Basis dafür sind Kennartenlisten der Länder.
Bisher haben mehrere Bundesländer solche Regelungen als Agrarumwelt- und Klimamaßnahme (AUKM) angeboten. Eine ergebnishonorierende AUKM erfüllt den Anspruch an eine Biodiversitätsprämie. Auf Grünland belegen nachgewiesene Zeigerarten eindeutig, wie vielfältig Wiesen und Weiden hinsichtlich der Flora und auch der begleitenden Fauna sind. Artenreiches Grünland ist sichtbarer Ausdruck von Multifunktionalität und Nachhaltigkeit.
Passende Kennarten für Eco Scheme 5
Aus den Erfahrungen mit AUKM lassen sich hinsichtlich der Eco Schemes-Maßnahme 5 folgende Grundsätze ableiten:
- An die Länderlisten ist ein besonderer fachlicher Anspruch zu stellen. Sie sollten eine überschaubare Anzahl von 30 bis maximal 35 Arten(-gruppen) enthalten, von denen vier auf der Fläche vorkommen müssen. Es muss sich um Kennarten handeln, die für extensiv bewirtschaftetes Grünland im Bundesland repräsentativ sind und die in einer Pflanzengemeinschaft mit weiteren, nicht aufgeführten Arten vergesellschaftet sein können und somit artenreiche Grünlandtypen/Pflanzengesellschaften erwarten lassen.
- Die Länderlisten müssen angemessene Artenanzahlen für alle ökologischen Feuchtestufen enthalten: nass bis feucht, frisch bis trocken, sehr trocken.
- Die Qualität der Länderliste bemisst sich nicht durch die Artenzahl, sondern durch den Zeigerwert der Arten. Es müssen Arten sein, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auf standorttypische Grünlandtypen hindeuten. Die Länderlisten müssen auf die Bewertung der kompletten Nutzfläche ausgerichtet sein: Sie dürfen keine Arten enthalten, die z. B. nur an den Flächen- oder Bachrändern vorkommen können.
- Die Kennarten müssen anhand eindeutiger Bestimmungsmerkmale in generativen und vegetativen Entwicklungsstadien leicht erkennbar sein. Denn nicht nur Botaniker, sondern vor allem Landwirte müssen sie erkennen und (auch fotografisch) nachweisen können.
- In die Länderlisten gehören neben aspektprägenden Einzelarten vor allem Artengruppen. Das sind Arten mit gemeinsamen Bestimmungsmerkmalen, um die sehr großen Standortunterschiede auf dem Grünland zu berücksichtigen. Dazu zählen Wiesensalbei, Margerite, Wiesenbocksbart, Frauenmantel, Schafgarbe, Ackerwitwenblume, Wiesenrotklee, Wiesensauerampfer, Wiesenknöterich und Kuckuckslichtnelke. Zudem eignen sich Artengruppen wie Labkräuter (Wiesen-, Echtes Labkraut), gelbblütige Kleearten (Horn-, Gelb-, Feld-, Kleiner Klee), Ehrenpreisarten (Gamander-, Feldehrenpreis), Wicken (Zaun-, Vogelwicke), Flockenblumen (Perücken-, Wiesenflockenblume), Glockenblumen (Wiesen-, Rundblättrige Glockenblume), Johanniskräuter, Platterbsen, Wiesen- bzw. Waldstorchschnabel, Hahnenfußarten, Binsen, Kleinseggen, Großseggen. Weitere, naturschutzfachlich noch wertvollere Arten sollte man ergänzend hinzunehmen.
- Naturschutzfachlich wertvolle Süßgräser sind im vegetativen Stadium nicht leicht zu erkennen und gehören daher nicht in die Listen.
Ein Kommentar von Hans Hochberg:
Artenreichtum im Stufenmodell fördern
Um die Entwicklung der Artenvielfalt in den Grünlandtypen bzw. Grünlandgesellschaften auf dem Extensiv- sowie auf dem Biotopgrünland zu unterstützen, könnten die Bundesländer ergebnishonorierende AUKM einführen, die über die Eco Schemes 5 hinausgehen. AUKM sind die ökoeffizientesten Maßnahmen und bieten die Möglichkeit für eine wesentliche Flächenerweiterung des artenreichen Grünlandes!
Für artenreicheres Extensivgrünland, konventionell oder ökologisch, könnten sechs statt vier Kennarten nachgewiesen und mit einem top up auf die Ökoregelung gefördert werden. Dabei liegt die gleiche Kennartenliste zugrunde.
Mehr muss sich hingegen auf dem Biotopgrünland nachweisen lassen. Statt vier Arten der Eco Schemes-Maßnahme 5 sollten sich vier weitere Arten, also acht Arten, nachweisen lassen und auch mit einem top up gefördert werden. Hierfür sollte man die jeweilige länderspezifische Kennartenliste um Charakterarten (aus der Grünlandpflanzensoziologie) der Pflanzengesellschaften des Biotopgrünlandes erweitern.
Mit so einem Stufenmodell lassen sich einfach und unkompliziert, vor allem unbürokratisch, landwirtschaftliche Betriebe fördern. Die Politik wäre jetzt dran, dies zeitnah umzusetzen!