So ist das mit dem Neuen. Für den einen löst es alles bisherige ab, für den anderen hat es kaum eine Chance. Wenn wir ehrlich sind, neigen wir dazu, uns einer der beiden Gruppen zuzuordnen. Warum? Weil wir es dann leichter haben. Wir müssen uns nicht zu sehr mit dem Neuen auseinandersetzen.
Genau dieses Phänomen ist aktuell häufig in Diskussionen zu Pflanzen-Biostimulanzien zu beobachten. Daher ist es wichtig, dass die Wissenschaft diese Produkte erklärt und bewertet. Wir benötigen – wie auch in vielen anderen Bereichen – schlichtweg fundierte Fakten und neutrale Ergebnisse. Nachfolgend stellen wir erste Erkenntnisse der Wissenschaft vor. Dabei zeigt sich, wie herausfordernd die Bewertung der Mittel ist.
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Versuchsbericht
Für mehr Körner am Kolben
Ob sich die Dürreresistenz von Kulturpflanzen mit Biostimulanzien verbessern lässt, wird gerade an der Uni Gießen erforscht. Neue Erkenntnisse lassen hoffen.
Der globale Klimawandel hat bereits in den vergangenen Jahren neben katastrophalen Überschwemmungen auch zu häufigeren und intensiveren Dürreperioden geführt. Für die Zukunft ist mit einer Zunahme
dieses Trends zu rechnen. Es stellt sich daher die Frage, wie man dem Dürrestress von Kulturpflanzenbeständen wirkungsvoll begegnen kann.
Der Trockenheit trotzen
Obwohl eine enge Beziehung zwischen dem Wasserverbrauch und der Biomasseproduktion besteht, lassen sich deutliche Unterschiede in der Dürreresistenz von Kulturpflanzen beobachten. Während z. B. die Ackerbohne zu den empfindlichsten Körnerleguminosen zählt, zeigen Kichererbse und Buschbohne eine wesentlich bessere Resistenz, die auf unterschiedliche Strategien dieser zwei Arten zurückzuführen sind.
Die Kichererbse ist ein „water spender“ (Wasserverbraucher) und hält die Photosynthese bei geöffneten Schließzellen (Stomata) lange aufrecht. Mit einer effizienten Wasseraneignungsfähigkeit nutzt sie das Bodenwasser besonders in schwereren Böden optimal. Die Buschbohne dagegen verfolgt als „water saver“ (Wassersparer) eine optimistische Strategie: Sie verzichtet aufgrund des Stomataschlusses auf weitere Photosynthese und hofft auf Niederschläge.
Empfindlich in der Blüte
Neben solchen spezifischen Anpassungsstrategien zeigen alle generativ genutzten Pflanzen während der Blüte eine besondere Empfindlichkeit, die zur Abortion von Körnern (Abbruch der Kornentwicklung) führt. Sehr deutlich ist dies beim Mais zu sehen.
Diese Fehlentwicklung wirkt sich quantitativ fast immer wesentlich stärker aus als Dürrestress während der vegetativen Phase und selbst während der Kornfüllung. Auslöser sind hormonelle Änderungen der Entwicklung. Vorrangige Strategie des Pflanzenbaus muss es daher sein, wenn immer möglich, über Bewässerung während der Blüte dieser Fehlentwicklung entgegenzuwirken, da eine geringere Anzahl an Körnern nicht vollständig über ein erhöhtes Tausendkorngewicht kompensiert werden kann.
Biostimulanzien als Beregnungsersatz?
Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob die Erhaltung des Kornansatzes auch mit Biostimulanzien möglich ist, die in den Hormonhaushalt der Pflanze eingreifen. Mit Hilfe der Containertechnik (siehe „Versuchsanstellung“) ist es uns in den letzten Jahren gelungen, nachzuweisen, dass die Photosynthese bei mäßigem Dürrestress für die Ertragsbildung nicht begrenzend wirkt. Dagegen konnten zwei Schlüsselenzyme identifiziert werden, die bei Dürrestress beeinträchtigt sind und dadurch die Kornabortion begünstigen. Es handelt sich um die Saure Invertase und die H+-ATPase, die für die Assimilatversorgung der sich entwickelnden Körner essenziell sind.
Bei Dürrestress ist die Genexpression der H+-ATPase zum Zeitpunkt der Blüte um ca. 35 % reduziert, sodass die Beladung der „Sink“-Zellen (Samen und Früchte) mit Hexosen (Einfachzucker) nicht mehr ausreichend funktioniert und Körner abortiert (nicht richtig ausgebildet) werden.
Mit einem künstlich nachgebautem Pflanzenhormon ist es uns kürzlich gelungen, diesen Effekt rückgängig zu machen, so dass die H+-ATPase-Aktivität wieder das Niveau der nicht gestressten Pflanzen erreichte. Eine Erhöhung des Kornertrags ließ sich mit dieser Maßnahme bislang noch nicht erzielen. Hierfür gibt es zwei verschiedene Erklärungsansätze, die in weiteren Versuchen geprüft werden müssen:
- Die Wirkung des Biostimulators ist möglicherweise zu kurz, um dauerhaft die Kornabortion zu verhindern und/oder
- der Eingriff in das Phytohormonsystem der Pflanze stört den normalen Ablauf der Kornentwicklung.
Festzuhalten ist, dass das synthetisierte Pflanzenhormon die H+-ATPase-Aktivität positiv beeinflussen kann – somit stellt es eine potenzielle Ausgangssubstanz für Biostimulanzien dar.
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Versuchsanstellung
Containertechnik für die Biostimulanzienprüfung
Untersuchungen zur Nährstoffeffizienz und Wassernutzungseffizienz im Feld erfordern einen hohen methodischen Aufwand und sind nur sehr schwer zu kontrollieren. So ist die Nährstoffnachlieferung aus der organischen Bodensubstanz unvorhersehbar und Wurzeluntersuchungen im Feld sind sehr arbeitsaufwendig. Andererseits sind zur Quantifizierung des Wasserverbrauchs nicht nur umfangreiche Vorrichtungen zur Verhinderung von Niederschlagsereignissen erforderlich, sondern die exakte Quantifizierung des Wasserverbrauchs an sich ist problematisch.
Klassische Gefäßversuche, wie z. B. in Mitscherlich-Gefäßen mit 6 kg Boden, haben sich zwar für die Untersuchung von Düngungsfragen bewährt, sind jedoch aufgrund des geringen Bodenvolumens für die neuen Herausforderungen ungeeignet. So ist eine kontinuierliche Wasseranlieferung bei bestimmter Bodenfeuchte ohne erheblichen Aufwand nicht kontrollierbar, und die Durchwurzelung des Bodens entspricht nicht den natürlichen Bedingungen im Feld.
Aus diesen Gründen wurde am Institut für Pflanzenernährung der Justus-Liebig-Universität die Containertechnik entwickelt. Diese kombiniert die Simulation von Feldversuchen mit der Kontrollierbarkeit von Wasser- und Nährstoffhaushalt von Boden und Pflanze. Grundlage der Technik sind 120 L-Container, gefüllt mit 140 kg Boden, die in der Vegetationshalle der Versuchsstation randomisiert aufgestellt werden.
Kontrollierte Bedingungen
Die Befüllung der Container erfolgt schichtweise mit einem sandig-schluffigen Unterboden, der arm an organischer Substanz und Nährstoffen ist und somit eine Mineralisation ausschließen lässt. Der luftgetrocknete Boden wird mit einem Erdwolf zerkleinert und gemischt. Die vier Schichten werden bereits beim Einfüllen auf den gewünschten Wassergehalt eingestellt und die oberste ca. 30 cm mächtige Bodenschicht zusätzlich mit den Nährstoffen vermischt. Nachdüngungen können problemlos mit Flüssigdüngern erfolgen.
Der Wassergehalt des Bodens wird durch Gießen regelmäßig je nach Verdunstung angepasst. Hierzu werden die Container ein- bis zweimal wöchentlich mit einer speziellen Hebevorrichtung auf eine Waage gestellt und gewogen. Der gemessene Wasserverbrauch erlaubt nicht nur eine exakte Quantifizierung der Evapotranspiration (Gesamtwasserverlust von Pflanzen und Boden), sondern auch die Berechnung von abgeleiteten Parametern wie z. B. der Wassernutzungseffizienz. Ebenso lassen sich auch Nährstoffaufnahmeeffizienz und Nährstoffnutzungseffizienz exakt bestimmen.
Im Gegensatz zu Feldversuchen ist die Variabilität wesentlich geringer und kleine Behandlungsunterschiede lassen sich mit vier biologischen Wiederholungen (vier Container mit z. B. je vier Maispflanzen) genau bestimmen.
Die gleichmäßige Durchwurzelung des Bodens erlaubt die Simulation des Pflanzenwachstums im Profil eines leichten Bodens bis 90 cm Tiefe. Im Unterschied zu kleinen Gefäßen erfolgt keine Akkumulation von Wurzeln an den Gefäßwänden (Blumentopfeffekt).
Auch mit der Containertechnik ist das Auswaschen der Wurzeln aufwendig, aber wesentlich einfacher als in einem natürlich gewachsenen Boden. Experimente mit der Containertechnik haben bereits zu wichtigen neuen Erkenntnissen beim Einsatz von Biostimulanzien unter Dürre- und Salzstress geführt. Gegenwärtige Untersuchungen beschäftigen sich mit dem möglichen Einsatz von N2-fixierenden Bakterien bei Mais.
Im zweiten Teil lesen Sie den Versuchsbericht: