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Digitale Ertragsdaten: Und wie viel ernten Sie?

Um Grünland erfolgreich zu bewirtschaften, sind Ertragsdaten unerlässlich. Doch wie lassen sich Erträge von Wiesen und Weiden gezielt ermitteln? Helfen können digitale Technologien.

Lesezeit: 7 Minuten

Unser Autor: Christoph Stumpe, Universität Hohenheim, Institut für Agrartechnik

Wer vom Grünland erntet, schätzt die Erträge meist nach Erfahrung – nach Fülle des Silos oder der Anzahl der Wagen. Kaum verbreitet ist es, jeden Wagen flächengenau zu wiegen, wie es z.B. Landwirt Carsten Wist aus Niedersachsen macht (siehe Reportage unten).

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Um jedoch präziser wirtschaften zu können und mit den Futtermengen besser zu planen, sind neue, digitale Ansätze gefragt. Nur, wie gut und genau messen Satellit, Drohne und Co.? Wie praxisfreundlich sind diese Techniken für kleine Strukturen? Die Antworten will das Projekt „Grünlandbewirtschaftung und -management“ liefern. Es ist Teil des digitalen Experimentierfeldes „Digitale Wertschöpfungsketten für eine nachhaltige kleinstrukturierte Landwirtschaft“ (DiWenkLa), gefördert durch das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL).

Die neuen Techniken werden im Schwarzwald, Baden-Württemberg, getestet. Ziel ist es, die Erträge in kleinen Strukturen teilflächenspezifisch und möglichst genau zu ermitteln – und das am besten schon während der Wachstumsphase.

Selbst messen

Um die Höhe des Grünlandaufwuchses teilautomatisiert zu messen, eignen sich die sogenannten Rising-Plate-Meter (elektrische Platten-Herbometer). Diese haben in der irländischen Weidewirtschaft durch die dortigen homogenen Bestände einen festen Platz. Zur Anwendung läuft der Landwirt mit dem Gerät in einem W-Muster über die Fläche und misst in regelmäßigen Abständen die Aufwuchshöhe.

Aus dem Mittelwert der Aufwuchshöhe und dem geschätzten Trockenmassegehalt (TM-Gehalt) zum Messzeitpunkt sowie der üblichen Schnitthöhe leitet das System auf Basis einer hinterlegten Prognosegleichung den TM-Ertrag ab. Diese Prognosegleichung beeinflusst stark, wie genau das System ist.

Dass die in Irland ermittelte standardisierte Gleichung nicht für artenreiche Bestände in der Versuchsregion passt, haben Untersuchungen während der Vegetationsperiode 2020 gezeigt. Aus diesem Grund wurde eine an die regionalen Gegebenheiten angepasste Prognosegleichung entwickelt. Durch die Reduzierung der mittleren Abweichung der Prognose misst das System im praktischen Einsatz genauer. Ein Vorteil des Geräts: Die Flächenkontrolle auf z.B. Gift- und Schadpflanzen kann der Landwirt gleichzeitig erledigen. Schwächen zeigen sich vor allem in heterogenen Beständen und durch einen hohen Arbeitsaufwand.

Bilder von Satellit und Drohne

Mit einem deutlich geringeren manuellen Arbeitsaufwand lassen sich Fernerkundungsmethoden nutzen. Ohne Messaufwand sind z.B. die Satellitendaten der Sentinel-2 Mission frei verfügbar. Nachteile sind allerdings der vorgegebene und meist große zeitliche Abstand zwischen den Aufnahmen einer Fläche sowie die witterungsabhängige Bewölkung. Zudem ist die Auflösung der Satellitenbilder von 10 m zum Teil zu gering für kleinteilige Agrarlandschaften.

Viele dieser Nachteile können Drohnen ausgleichen. So können Nutzer z.B. die Abstände zwischen den Aufnahmezeitpunkten frei wählen und auch die Auflösung der Aufnahmen über die Flugparameter individuell anpassen. Zudem sind durch die Ausstattung der Drohnen mit verschiedenen Sensoren unterschiedliche Methoden der Datenerfassung und -auswertung möglich:

  • Herkömmliche RGB-Kameras können von den überflogenen Grünlandflächen u.a. dreidimensionale Modelle der Bestandsoberfläche erstellen – zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Wachstumsphase. Zieht man von den ermittelten Daten das Ausgangsmodell ab, ergibt sich die gegenwärtige Aufwuchshöhe des Bestandes. Ähnlich wie beim Rising-Plate-Meter lässt sich ein Zusammenhang zwischen der Aufwuchshöhe und dem TM-Ertrag ableiten, der wiederum zur Ertragsprognose genutzt werden kann. So lässt sich in kurzer Zeit die Aufwuchshöhe der gesamten Fläche ermitteln und teilflächengenau auswerten.



  • Multispektralsensoren erfassen die durch den Bestand bedingten Reflexionen der Sonneneinstrahlung im Bereich des sichtbaren und für das menschliche Auge unsichtbaren Lichts. Diese Daten lassen sich mit Vegetationsindizes auswerten, und in Form von Indexkarten anschaulich darstellen. Sie ermöglichen einen Rückschluss auf den Grünlandertrag und die Ableitung von präzisen Ertragskarten.

Messen per Mähwerk

Die Methoden zur Ertragsermittlung bzw. -prognose während der Wachstumsphase lassen sich sowohl auf Wiesen als auch auf Weiden anwenden. Auch die Erntetechnik eignet sich, um Menge und Qualität des Ernteguts zu bestimmen – allerdings nur auf der Wiese. So erfasst z.B. eine Drehmomentmesswelle den Leistungsbedarf eines Mähwerks. Dieser lässt wiederum einen Rückschluss auf den Grünlandertrag zu. Auch an weiteren Maschinen, wie dem Ladewagen, können u.a. Wiegeeinrichtungen Ertragsinformationen erfassen.

Daten kombinieren und einfach nutzen

Um die Erträge möglichst genau zu ermitteln, werden die Daten der Messverfahren miteinander kombiniert und um weitere verfügbare Daten, wie z.B. Wetterdaten, ergänzt. Die Ertragsinformationen werden dann in ein Farm Management System integriert und sind somit einfach zugänglich. Auch Qualitätsdaten sollen im weiteren Verlauf erhoben und integriert werden. Das DiWenkLa-Projekt beleuchtet auch die Wirtschaftlichkeit der digitalen Technologien und untersucht mögliche Hemmnisse bei der Etablierung in der landwirtschaftlichen Praxis.

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R E P O R T A G E

Schlaggenau erfasst

Landwirt Wist findet: Es lohnt sich, Grünlanderträge zu messen.

Bislang wussten wir nicht, wie viel wir vom Grünland ernten“, erzählt Milchviehhalter Carsten Wist. „Dabei ist das für uns doch viel wichtiger, als die Erträge von Raps und Weizen.“ Auf seinem Hof bei Wischhafen an der Elbe hält Wist rund 385 Kühe mit Nachzucht. Bei einer Milchleistung von 11000 l muss das Futter passen.

Eigene Waage seit 2017

Um die Erträge anhängergenau erfassen zu können, investierte der Niedersachse 2017 in eine Fahrzeugwaage. Zusammen mit der Landwirtschaftskammer (LWK) Niedersachsen ergab sich aus der Anschaffung ein Projekt. So erfasst Wist nicht nur die Erträge seiner gut 100 ha intensiven Grünlands und des Ackergrases, sondern auch die Qualitäten (Energie und Eiweißgehalte).

Ein Vorteil des Betriebs ist der eigene Häcksler. So kann Wist termingerecht und unabhängig ernten. Und da die meisten Flächen im Umkreis von 2 bis 3 km zum Betrieb liegen, lohnt es sich, auch halbe Wagen zu fahren und zu beproben. Steht dann ein Grünlandschnitt an, wird es geschäftig auf dem Hof. Mit dabei ist immer ein Mitarbeiter der LWK-Feldversuchsstation in Ovelgönne. „Die Absprachen funktionieren auch kurzfristig und die Mitarbeiter sind eine echt Hilfe“, sagt Wist. „Sonst könnten wir das nicht leisten.“

Von jedem Gespann, das später über die Waage rollt, wird das Tara-Gewicht genommen. Die Fahrzeuge und Flächen sind nummeriert. Zusätzlich erfasst ein GPS-Tracker an jedem Fahrzeug die Bewegungen. „So können wir Fehler vermeiden“, sagt Wist. Ist ein Wagen voll, fährt der Fahrer auf die Waage, gibt mit dem Taster seine Wagennummer und die Schlagnummer ein, bestätigt das Gewicht und lädt im Silo ab. Dort zieht der LWK-Mitarbeiter von jedem Schlag zwei bis vier Proben und friert diese ein.

Gezielter Düngen

Und was hat sich seit der Ertragserfassung verändert? „Uns ist jetzt bewusster, was wir tatsächlich ernten“, antwortet Carsten Wist. Das helfe u.a. bei Neuverpachtungen. „Bei einigen Flächen wussten wir, dass die Erträge deutlich unter den anderen liegen. Jetzt können wir die 50% weniger auch belegen“, so Wist. Auch das Futter ließe sich deutlich besser planen – wie lange reichen die Vorräte, kann ich noch Mais verkaufen?

„Ein enormer Vorteil sind unsere genauen Erträge für die Düngung“, sagt Wist – denn die Erträge liegen deutlich über den Annahmen der Düngeverordnung. So erntete Wist 2019 durchschnittlich 118 dt TM, in der Spitze bis zu 120 dt. In dem nasseren 2017 waren es im Schnitt sogar 125 dt TM, mit Spitzenerträgen von bis zu 150 dt TM.

Die Erträge sollen im nächsten Schritt als Referenz dienen. Die LWK will dann z.B. Drohnen nutzen, um die Erträge digital zu erfassen.

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