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Moorexperte gibt Tipps zu Entschädigungsforderung bei Wiedervernässung

Wie kann eine Wiedervernässung in der Praxis ablaufen? Wie ändert sich die Weidewirtschaft? Welcher finanzielle Ausgleich kann für die Landwirte interessant sein? Antworten hat Moorexperte Schröder.

Lesezeit: 7 Minuten

Uwe Schröder ist neuer Koordinator für klimaschutzorientierte landwirtschaftliche Moorflächenbewirtschaftung im Fachbereich Wassermanagement, Wasser und Bodenschutz der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Mit ihm sprachen wir über die drängendsten Fragen, die Landwirte mit Moorflächen derzeit haben.

Welche Methoden der Wiedervernässung sind praxistauglich?

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Schröder: Das Vorgehen hängt von den Standortverhältnissen ab. Grob kann man zwischen dem Einstau über Wasserrückhalt von zufließendem Wasser mithilfe von Wehren und dem Rückhalt von Niederschlagswasser unterscheiden.

Voraussetzung für eine gleichmäßige Vernässung des Torfkörpers ist, dass die Flächen möglichst eben sind. Wasserstauende Schichten wie Schwarztorf oder Sedimente (Mudden) können den Torfkörper nach unten abdichten, sodass der Moorwasserstand unabhängig vom Grundwasserstand angehoben werden kann.

Zu beachten ist auch der Hochwasserschutz: Starkregenereignisse machen eine kurzfristige Aufnahmekapazität von bis zu 200 mm Regen in der Fläche notwendig. Vernässte Flächen können aber deutlich weniger oder gar kein zusätzliches Wasser aufnehmen. Daher sollten z.B. Wasser- und Bodenverbände frühzeitig beteiligt werden.

Wie geht man bei der Vernässung vor?

Schröder: Als „Einstiegsmaßnahme‘“ empfiehlt sich der Grabeneinstau. Bei Mooren mit geringer Wasserleitfähigkeit kann man den Einstau über Drainagerohre unterstützen. Dann spricht man von einer Unterflurbewässerung.

Welche Böden sind gut geeignet?

Schröder: Grundsätzlich eignen sich Moorgebiete, die unterhalb des Meeresspiegels liegen, besonders für eine Wiedervernässung. In Niedermooren ist es zumeist leichter, die Wasserstände anzuheben, da diese Moore entstehungsbedingt einen natürlichen Wasserzufluss haben.

Hochmoore, deren Entstehung allein auf einen Überschuss an Niederschlagswasser zurückzuführen ist, sind dagegen schwieriger zu vernässen. Sie sind häufig grundwasserfern und eine Vernässung ist nur über den Rückhalt von Niederschlagswasser möglich. Muss man für eine ausreichende Wasserverfügbarkeit Regenrückhaltebecken anlegen und das Wasser pumpen, können Vernässungen sehr teuer werden. Schwierig wird es bei stark degenerierten Torfen. Denn sie haben eine geringe Wasserleitfähigkeit. Bei eingestauten Gräben kann hier das Wasser nicht in die gesamte Fläche vordringen.

Die meisten Moorflächen sind ja Grünland. Lassen sich auch Ackerflächen vernässen?

Schröder: Eine Ackernutzung ist schwierig. Dies begründet sich vor allem durch die noch schnellere Mineralisation vom Torf. In der Folge können die Böden stark degradieren, wodurch eine landwirtschaftliche Nutzung zusätzlich erschwert wird. Leider lässt sich der Mineralisationsprozess auf Mooracker auch nicht mit hohen Grundwasserständen verlangsamen. Um den Boden wenden zu können, muss der Wasserstand zumindest temporär niedrig sein.

Zusammen mit dem Eintrag von Sauerstoff und Nährstoffen kann man für den Klimaschutz hier nichts erreichen. Zudem ist die Tragfähigkeit von vernässtem Mooracker im Vergleich zum Grünland sehr schlecht, da die schützende Grasnarbe fehlt.

Grober Anhaltspunkt für die Grenze der Bewirtschaftbarkeit ist ein Wasserstand von ca. 30 cm unter Flur

Welche landwirtschaftliche Produktion ist auf nassen Flächen noch möglich?

Schröder: Das hängt vom Wasserstand unter Flur ab. Als groben Anhaltspunkt kann man für die Grenze der Bewirtschaftbarkeit ca. 30 cm unter Flur annehmen. Allerdings können Kettenfahrzeuge auch noch bei höheren Grundwasserständen eine Fläche befahren.

Denkbar ist die Nutzung als Feuchtgrünland oder der Anbau von feuchtigkeitsliebenden Pflanzen (Paludikultur). Neben der landwirtschaftlichen Nutzung bietet sich die Anlage von Freiflächen-Photovoltaik bei gleichzeitiger Vernässung an. Dies ist aber nur wirtschaftlich, wenn in der Nähe die Netzeinspeisung möglich ist.

Wie ändert sich die Weidewirtschaft im Vergleich zum herkömmlichen Grünland?

Schröder: Bei der Viehhaltung auf nassen Böden denkt man meist an Wasserbüffel. Aber wie alle Huftiere vertragen sie keine ständige Nässe, weil das u.a. zu Klauenkrankheiten führt. Die Tiere können zwar in nassen Regionen weiden, brauchen aber auch trockene Bereiche. Wir haben in den Niederlanden Weiden auf Moorböden mit einem hohen Wasserstand gesehen, bei denen die Grasnarbe fest und tragfähig war. Bei Bohrungen war deutlich zu merken, dass der Eindringwiderstand im durchwurzelten Bodenbereich erheblich höher ist. Das ist nicht auf allen Standorten möglich.

Was können wir von den Niederländern bei der Weidewirtschaft lernen?

Schröder: Je nach Moorboden kann man einem Durchtritt über Portionsbeweidung entgegenwirken. Ein Teil vom Weideland wird hier im Umtrieb beweidet. Die Kühe werden über einen Wirtschaftsweg von hinten an die Flächen herangeführt. Jede Fläche wird nur alle vier Tage für einen Tag beweidet. Dies verhindert Trittschäden.

Wie wirtschaftlich ist die Paludikultur?

Schröder: Eine Bewirtschaftung als Paludikultur kollidiert oft mit vielen Schutzinteressen und ist eigentlich nur auf vernässbaren Moorackerflächen ohne großen Aufwand umsetzbar. Zudem greift bei Paludikulturen dann die Düngeverordnung, die eine Düngung auf überschwemmten und wassergesättigten Böden ausschließt. Entsprechend niedrig sind die Trockenmasseerträge.

Auf vernässtem Dauergrünland, das bereits als Paludikultur einstufbar ist, kann man dann teils nur noch 3 bis 4 t Trockenmasse ernten, was die Wertschöpfung stark einschränkt. Allerdings könnte eine Weiterverarbeitung über Auffaserung und Fertigung von Bauplatten oder Isolationsmaterial mittelfristig wirtschaftlich werden.

Wie praxistauglich sind Photovoltaikanlagen auf Moorböden?

Schröder: Unter dem Stichwort „Moor-PV“ strebt auch die Bundesregierung diese Strategie an. Über die Erlöse aus dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz fließt Wertschöpfung in Moorregionen. Allerdings ist das Thema technisch erst im Anfangsstadium. So ist zu klären, ob eine Wiedervernässung erst nach dem Bau der Anlagen erfolgen muss und ob wechselnde Wasserstände zur Korrosion an den Gestellen führen. Natürlich kann man auch nicht wie gewohnt gründen. Durchbricht man wasserstauende Schichten, kann evtl. anschließend nicht mehr wiedervernässt werden.

Wie ist die Akzeptanz der Landwirte bezüglich Wiedervernässung?

Schröder: Der Klimawandel trifft die Landwirtschaft auf vielen Ebenen und ist damit längst Teil betrieblicher Entscheidungen. Allerdings erwarten die Betriebe, die teils gerade erst die Ansiedelung und Urbarmachung der Moorflächen abgezahlt haben, eine auskömmliche Abfindung oder Ausweichflächen für die Reduktion der Nutzungsintensität oder den Verzicht auf die Moorflächenbewirtschaftung.

Mittelfristig könnte ein Wassermanagement auf Grünlandflächen aber auch helfen, Hitzeperioden mit wenig Niederschlag zu überstehen und so die Grasnarbe zu schützen. Davon würden Betriebe dann sogar profitieren. Das Thema hat also verschiedene Facetten.

Welche Kompensation wäre nötig, um die Landwirte zur freiwilligen Teilnahme zu bewegen?

Schröder: Aus Sicht der Landwirte muss das Betriebsergebnis am Ende des Wirtschaftsjahres stimmen. Laut Studien kann man mit der Reduktion von 1 t CO2 rund 100 € bis 200 € an volkswirtschaftlichen Folgekosten einsparen. Würde man bei der Vernässung von Grünland 30 t CO2/ha reduzieren, wären das bei 100 €/t etwa 3.000 €/ha und Jahr. Dafür müsste die Gesellschaft aber bereit sein, so hohe Kosten aufzuwenden – z.B. im Rahmen des Emissionshandels.

Welche Strategie schlagen Sie für das weitere Vorgehen vor?

Schröder: Wichtig ist in jeder Region, das Gespräch mit den Landwirten zu suchen und keine Lösung von oben anzuordnen. Denkbar sind zwei Strategien: Man extensiviert alle Flächen ein wenig, um flächendeckend CO2 zu reduzieren – oder man beschränkt sich bei der Wiedervernässung auf Flächen, die ohnehin schwer zu bewirtschaften sind.

Es gibt immer wieder Landwirte, die bereit sind, extensiv zu wirtschaften. Im Rahmen einer Flurbereinigung mit Flächentausch könnte man die Wiedervernässung auf bestimmte Flächen konzentrieren. Der Moorschutz darf aber weder etablierte Naturschutzmaßnahmen wie den Wiesenvogelschutz noch die Weidehaltung von Milchkühen zurückdrängen.

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