So können Bauern den Aufwuchs von Moorflächen sinnvoll nutzen
Praktiker und Firmen zeigten auf der Konferenz "Moorschutz ist Klimaschutz“, welche Märkte sich für Rohrkolben, Gras, Torfmoos und andere Pflanzen entwickeln.
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Die Nutzung von wiedervernässten Moorflächen ist nicht nur technisch eine Herausforderung, sondern auch bei der Vermarktung des Aufwuchses. Welche Möglichkeiten es dabei gibt, zeigte die Tagung „Moorschutz ist Klimaschutz“ vom Greifswald Moor Centrum sowie des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege (DVL). In unserem zweiten Teil unserer Online-Serie haben wir die Vorträge zu den Verwertungsmöglichkeiten zusammengefasst.
Dämmstoffe und Verpackung
Anke Nordt (Greifswald Moor Centrum) nannte die Nasswiese, die Nassweide oder den Anbau von Schilf, Gräsern, Torfmoosrasen oder wasserliebenden Bäumen wie die Erle als Beispiel. „Daraus lassen sich Bau-, Dämm- und Werkstoffe, Papier und Verpackungen sowie Ausgangsstoffe für Substrate für Gärtnereien herstellen“, erklärte sie. Viele Wertschöpfungsketten sind allerdings erst im Aufbau. Landwirte müssten daher – ähnlich wie bei Kurzumtriebsplantagen oder Agroforstsystemen – finanziell erst einmal in Vorleistung gehen. Ihnen fehlen Sicherheiten bei Preisen und Abnahme. Die verarbeitende Industrie dagegen benötigt eine gleichbleibende Qualität und Liefersicherheit. „Zudem sind die Produkte oft teurer, weil die Klimaschutzleistung nicht honoriert wird“, moniert Nordt.
Frank Havemeyer vom Niedersächsischen Landvolk Kreisverband Osterholz hat seit fünf Jahren Erfahrung mit der Moorbewirtschaftung im Teufelsmoor östlich von Bremen. 10.000 t Biomasse ernten die Landwirte dort von Nasswiesen. Dieses lässt sich nicht als Futter verwerten, dafür aber als Ausgangsstoff für Fasern, die sich in der Papier- und Verpackungsindustrie verwerten lassen wie z.B. als Einwegteller oder Baustoff. „Zur Entwicklung der Wertschöpfungsketten benötigen wir jetzt finanzielle Unterstützung. Nur damit können wir Moorregionen eine Zukunft bieten“, betonte er.
Torfersatzprodukte
Gunnar Koch, Geschäftsführer des Torfwerks Moorkultur Ramsloh aus dem Saterland in Niedersachsen erklärte, dass Substratwerke wie das seine künftig kein Torf aus Mooren mehr verwenden wollen. Das werde nicht einfach, da Torf heute 58 % Anteil an der Erde habe, die von Hobby- und Profigärtnern benutzt werden. Als einziger, heimischer, nachwachsender Alternativrohstoff sieht er Torfmoos an, das sich auf landwirtschaftlich genutzten Moorböden anbauen lässt. Allerdings steht dem heute noch viele Gesetze und Vorschriften aus Naturschutz, Förderung, Wasserwirtschaft und Baurecht entgegen. Neben mehr Rechtssicherheit sollte es auch Anschubfinanzierung für geeignete Flächen geben.
Baumaterial für Dach und Wände
Tom Hiss von der Hiss Reet GmbH aus Bad Oldesloe (Schleswig-Holstein) warb auf der Veranstaltung für Schilfrohr (Reet) als Baumaterial. „Der Halm hat gute statische Eigenschaften, ist stabil und hält Wind und Wetter stand“, sagte Hiss. Es lässt sich verwenden für Reetdächer, aber auch für Reetplatten als Grundlage für Kalk- oder Lehmputz im Hausbau. Reet stammt nur noch zum Teil aus Norddeutschland, viel wird laut Hiss heute auch aus der Türkei, Ungarn und Rumänien importiert. Immer mehr Material kommt auch aus China. „In den Niederlanden hat chinesisches Reet heute einen Anteil von über 80 %“, erklärte er und kritisierte, dass europäische Reetproduzenten finanziell benachteiligt seien. Denn unversteuerter Schiffsdiesel mache Transporte aus China günstiger als Transporte via Lkw innerhalb von Europa. „Um heimische Produkte attraktiver zu machen, brauchen wir eine CO2-Grenzsteuer außereuropäische Transporte“, forderte er.