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Schilf-Glasflügelzikade schädigt auch Kartoffeln

Die Schilf-Glasflügelzikade hat sich in einem evolutionären Entwicklungssprung an Kartoffeln angepasst. Sie kann Bakterien übertragen, die in Kartoffeln zu Welkeerscheinungen und Gummiknollen führen.

Lesezeit: 5 Minuten

Im Rahmen mehrerer europäischer Innovationsprojekte im Südwesten und über die Gründung einer Arbeitsgruppe aus Kartoffelwirtschaft, Beratung und Verbänden - genannt „Arbeitsgruppe BETA-SOL“ – wurde eine neue Kartoffelkrankheit entdeckt.

„Wir nennen den neuen Erreger-Vektor-Wirtspflanzen-Komplex „Bakterielle Kartoffelknollen-Welke“, sagt Christian Lang, Projektleiter der EU-Innovationsprojekte und der BETA-SOL-Arbeitsgruppe. Aufgefallen ist die Krankheit im letzten Jahr: So wurden im Innovationsprojekt NIKIZ (www.nikiz.de) mehrere tierische Schädlinge in Rüben beobachtet und untersucht.

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Auffällig war, dass auf den Beobachtungsfeldern die Zahl an Glasflügel-Zikaden in drei Jahren um 70 % zunahm. Im Jahr 2022 ließen sich dann in Kartoffeln verstärkt Welke-Erscheinungen und Gummi-Knollen sowie Blattverfärbungen beobachten.

Außerdem konnten in Zikaden, die auf diesen Kartoffelfeldern gefangen wurden, plötzlich vermehrt zwei bakterielle Erreger angetroffen werden – das Proteobakterium C. Arsenophonus phytopathogenius und C. Phytoplasma solani (erreger von Stolbur). Um das herauszufinden, sammelte David Löffler von der Agrarservice Hessen-Pfalz GmbH ca. 1200 Proben von Heilbronn bis Frankfurt ein. 2.500 Analysen auf Erreger wurden durch das Fraunhofer-Institut, IME in Gießen durchgeführt. Für die genetischen Analysen wurde das Max-Planck-Institut in Jena einbezogen.

Die wichtigsten Ergebnisse

Die untersuchten Kartoffelproben von offensichtlich befallenen Flächen zeigten zu 37 % Proteo-Befall, 29 % waren mit einem Stolbur-Erreger infiziert und 19 % zeigten eine Doppelinfektion mit beiden Erregern. Nur 15 % waren ohne Befall.

Dabei wurde versucht, Pflanzen mit Symptomen zu beproben. Jedoch wurden die Proben zum Teil so spät von den Feldern entnommen, dass das Laub schon weit abgestorben war – somit war keine gezielte Probenahme von diesen kranken Pflanzen möglich. Daraus erklärt sich eventuell, dass 19 % keinen Befall zeigten. Die Daten werden in den nächsten Monaten weiter ausgewertet und bilden die Basis für mehrere wissenschaftliche Veröffentlichungen unter Leitung der Arbeitsgruppe von Dr. Lee vom Fraunhofer IME, Gießen.

Krankheit mit Potenzial

Das Proteo-Bakterium allein oder in Kombination mit dem Stolbur-Erreger kann Mindererträge bei Kartoffeln von 10 bis 50 % verursachen. Die erwachsenen Zikaden lege ihre Eier an Kartoffeln oder Rüben ab. Aus diesen schlüpfen kleine Larven, die Nymphen, welche die Krankheitserreger in sich tragen können.

Die Bakterien werden also durch die saugenden erwachsenen Tiere oder deren Nachkommen auf Pflanzen übertragen. Somit werden auch aus bisher nicht infizierten Zikaden die nächsten Überträger. Die Nymphen entwickeln sich in wenigen Monaten zu neuen erwachsenen Zikaden, die dann wieder ausfliegen – immer auf der Suche nach neuen Feldern.

Wenn die Larven nicht mehr im laufenden Jahr ihren Zyklus vollenden können, überwintern sie im Boden gut geschützt bis ins nächste Jahr, um dann wieder auszufliegen. „Ein nicht enden wollender Kreislauf, jetzt mit mehreren Ackerfrüchten“, so Lang. In einem Jahr sind bis zu zwei Generationen möglich.

Die bisherigen Beobachtungen zeigen, das sie jährlich etwa 10 bis 20 km weiterwandern. „Wir denken, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis diese weiterentwickelte Art, genauso wie ihre ursprünglich ungefährlichen Vorfahren, große Teile Europas erwandert“, erklärt Christian Lang.

Somit hat sich die Schilf-Glasflügelzikade in einem weiteren evolutionären Entwicklungssprung an Kartoffeln angepasst. Sie kann sich jetzt dort ernähren und vermehren – was ihr zuletzt vor ca. 20 Jahren bereits in Zuckerrüben gelang.

Für Zikaden hat die Klimaerwärmung vor allem positive Folgen. Sie vermehren sich viel schneller. Zikaden und ihre Bakterien-Beladung sind dabei erst der Anfang. Martin Roffhack, Kartoffel-Vermarkter für HELMA Süd-West GmbH und ebenso verantwortlich für die Kommunikation der BETA-SOL-Arbeitsgruppe, erklärt dazu: „Wenn im Forschungsverbund zeitnah die nötigen Schritte in Gang gesetzt und Versuche geplant und durchgeführt werden, besteht die realistische Chance, den Anbau der Kartoffeln in den nächsten Jahren erfolgreich weiterzuführen. Für Aussagen über bestimmte Sorten oder Maßnahmen ist es aktuell noch zu früh.“

Lösungen oder zumindest Milderung verspricht in erster Linie die Sortenwahl. Auch Innovationsprojekte wie BETA-CLIMATE, NIKIZ oder SONAR erarbeiten derzeit Lösungsstrategien für die Zuckerrübe. Darauf konzentriere sich die Hoffnung der teilnehmenden Landwirtschaftsbetriebe. Die BETA-SOL-Kooperation zwischen Unternehmen des Kartoffelhandels, der privaten und staatlichen Beratung, dem Verband der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer e.V., des Fraunhofer IME, Gießen sowie der Agrarservice Hessen-Pfalz GmbH startet jedenfalls ins neue Jahr mit vielen Ideen und der Suche nach Förderung, um Lösungen für den Kartoffelanbau im Südwesten zu erarbeiten.

Über die „Arbeitsgruppe BETA-SOL“

Die Aktivitäten bei Zikaden in Kartoffeln werden durch eine neue Arbeitsgemeinschaft koordiniert und finanziert. In der Folge der ersten Vorstudie haben die Initiatoren des Pilotprojektes noch während der laufenden Arbeiten die Arbeitsgruppe BETA-SOL ins Leben gerufen, die die folgenden Aufgaben wahrnehmen soll:

1. Brückenschlag zwischen Forschung und Praxis

2. Koordination + Kommunikation der Inhalte

3. Antragstellung, Koordination von Projekten

4. Netzwerkpräsenz in Gremien

Als Mitglieder der AG wurden bisher, neben den Initiatoren aus dem Verband der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer, der Agrarservice Hessen-Pfalz GmbH und Kartofffelhandelsfirmen auch Vertreterinnen und Vertreter der Offizial- und Privatberatung, der Ministerien in Hessen und Rheinland-Pfalz, der Erzeugergemeinschaften in Rheinland-Pfalz und Hessen, des Fraunhofer-Institutes für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie IME Gießen sowie die Universitäten Gießen und Hohenheim benannt.

Der Teilnehmerkreis knüpft somit auch an die bereits bestehende Forschungsgemeinschaft Zuckerrübe Südwest an und erweitert das Spektrum möglicher Aktivitäten erheblich. Die Geschäftsstelle der Arbeitsgruppe ist in der Agrarservice Hessen-Pfalz GmbH, Rathenaustraße 10, 67547 Worms.

Kontakt: David Löffler oder Eva Therhaag, Email: Forschungsgemeinschaft@ruebe.info Tel.: 06241-921920.

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