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topplus Leserbrief zum Bürokratiewahn

Die Grenzen eines behördlichen Biogasrechners und seine verrückten Folgen

Ein Milchviehhalter mit Hofbiogasanlage aus Bayern, der auch Gülle von anderen Betrieben vergärt, muss viele unnötige bürokratische Hürden überwinden, um die Vorgaben der Düngeverordnung zu erfüllen.

Lesezeit: 4 Minuten

Bürokratiewahnsinn: Viele Landwirte fühlen sich von immer mehr Dokumentationen, Auflagen und Regularien überrollt. Was das für die Betriebe bedeutet, wollen wir anhand von Beispielen aus der Praxis zeigen.

Milchviehhalter und Biogasbetreiber Michael Lechner schildert, wie ein offizielles Rechenprogramm bereits an einfachen Abläufen scheitert, und welchen Mehraufwand das für ihn zur Folge hat.

„Frau Rohlmann beschreibt in ihrem Erfahrungsbericht „Wir dokumentieren uns zu Tode“ genau die Probleme. Wie die meisten Tierhalter mit Biogasanlage haben auch wir ständig Angst, unabsichtlich in die Falle der Bürokraten zu geraten.

Unser Betrieb mit 90 Milchkühen und einer 75 kW-Hofbiogasanlage (80 % Gülle und Mist, 20 % Nawaro) verwertet zusätzlich ca. 2.500 m3 Gülle unserer Nachbarbetriebe sowie den Mist von 50 Pferden in Boxenhaltung ebenso aus der Umgebung.

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Ich bemühe mich wirklich, die Vorgaben der Düngeverordnung einzuhalten, aber leicht ist das nicht.

Gärrest bei der Hinfahrt, Milchviehgülle bei der Rückfahrt

Wir haben vor ein paar Jahren eine Sattelzugmaschine mit Gülleauflieger gekauft. Damit transportieren wir die Milchviehgülle von unseren Nachbarn zur Biogasanlage und den Gärrest wieder zurück.  

Jede Fahrt wird mit Datum, Lieferadresse, Menge in m3 und Nährstoffgehalt nach § 3 Verordnung über das Inverkehrbringen von Wirtschaftsdüngern erfasst. Eine Ausfertigung ist für den Lieferanten, eine für den Transportierenden und eine für den Aufnehmer. Bei Überschreiten der Landkreisgrenze, melden wir den Transport an das Veterinäramt.

Dabei nutze ich natürlich die Hin- und Rückfahrt. D.h. ich fahre in der Regel mit 25 m3 Gärrest zum Nachbarn, lade ab und sauge 25 m3 Milchviehgülle auf. Zuhause angekommen ist der Saldo Null, tagesgenau abgerechnet.

Gegenseitiges Pachten von Lagerraum

Der Biogasrechner der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) kennt aber kein Datum, sondern nur Mengen. D.h. mein Lagerraum müsste um 2.500 m3 größer sein. Als ich versucht habe, das mit der LfL zu klären, wurde mir folgende Regelung genannt: Meine Nachbarn pachten meinen Lagerraum und ich ihren. 

Meine fünf Hauptlieferanten gingen auf diesen Vorschlag ein und wir haben versucht, die aktuellen Güllemengen auf den vorhandenen Lagerraum aufzuteilen. Das an sich war schon kompliziert, weil es eher um Schätzungen als um reale Mengen geht. Denn man muss auch das Niederschlagswasser und die Silosickersäfte berücksichtigen. Aber gerade zum Ende der Sperrfrist holt so manchen Tierhalter die Realität ein und er muss mehr liefern als ausgemacht, sodass die Pachtverträge wieder angepasst werden müssen.

Auch andere Landwirte haben sich verkalkuliert und bitten mich um Hilfe angesichts meiner 3.000 m3 Lagerkapazität, die auch im Frühjahr noch Platz bieten würde, wäre sie nicht verpachtet. Die Lösung: Der Landwirt in Not bittet einen meiner Lieferanten um Aufnahme von Gülle, der sie dann offiziell bei mir einlagert.

Diesen ganzen Blödsinn könnte ich mir sparen, wenn der Biogasrechner der LfL die Aufnahme und Abgabe von Wirtschaftsdünger nach Datum akzeptieren würde. Die sechs Monate Lagerkapazität halte ich spielend ein.

Nur 1 m Füllhöhe für Gärrest in Güllegrube

Noch dazu geht durch Pacht das Risiko einer Güllegrube auf mich über, die ich nicht gebaut habe. Welche Nachweise meine Nachbarn bringen müssen, damit ich Gärrest in deren normalen Güllegruben lagern kann davon will ich erst gar nicht reden. Wenn das Landratsamt zustimmt, darf in einer normalen Güllegrube bei uns im Landkreis nur eine Füllhöhe von 1 Meter mit Gärrest erreicht werden. Da habe ich das Gefühl, vom Wohlwollen einzelner Mitarbeiter im Landratsamt abhängig zu sein.

Ich könnt noch ewig weiterschreiben um ratten- und mäusedichte Zäune, die ich um meine Biogasanlage errichten soll. Oder den Ohrmarkenverlust bei Kühen oder Handy-App die uns dank KI endlich wieder auf die Felder bringt, um unsere Missetaten zu dokumentieren.

Den Glauben, dass sich an diesem Wahnsinn etwas ändert, habe ich leider schon lange verloren.“

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