Wasserstoff gilt als Schlüsselelement für die Energiewende. Er ist nicht nur eine Speicherform für Strom, sondern auch ein gefragtes Produkt als Rohstoff in der Industrie. Der Bedarf könnte sich von heute von 1,7 Mrd. kg auf bis zu 3,3 Mrd. kg bis zum Jahr 2030 fast verdoppeln, schätzt die Bundesregierung. Darum fragen sich viele Betreiber von Wind- und Solarparks oder Biogasanlagen, ob sich eine eigene Wasserstoffproduktion lohnt. Gerade „grüner“ Wasserstoff auf Basis von Strom aus erneuerbaren Energien ist eine gefragte Alternative zu dem heute schon massenhaft hergestelltem „grauen“ Wasserstoff aus fossilen Rohstoffen wie Rohöl, Erdgas oder Kohle. Von den 1,7 Mrd. kg Wasserstoff in Deutschland, die die Industrie aktuell benötigt, werden derzeit nur rund 7 % mithilfe der Elektrolyse hergestellt.
64 Systeme im Überblick
Die Elektrolyse ist das Herzstück der „grünen“ Wasserstoffproduktion. Mithilfe von Strom trennt ein Elektrolyseur Wasser in die Komponenten Wasserstoff und Sauerstoff. Der Markt für Elektrolyseure wächst rasant. Der C.A.R.M.E.N. e.V. aus dem bayerischen Straubing will hier mit einer Marktübersicht bei der Kaufentscheidung für einzelne Produkte helfen. „Wir haben aktuell 64 Systeme von 15 Herstellern aufgeführt und arbeiten schon an der zweiten Aktualisierung der Übersicht“, erklärte Clemens Garnhartner von der Abteilung „Energie vor Ort“ bei C.A.R.M.E.N. auf einem Webinar vergangene Woche. Zusammen mit seiner Kollegin Jasmin Gleich zeigte er, wie sich die Systeme unterscheiden und auf welche Merkmale potenzielle Käufer achten sollten, um die für sie passende Elektrolyse zu finden.
PEM überwiegen
Für die Marktübersicht hat C.A.R.M.E.N. 30 Merkmale abgefragt. Ein Manko dabei: die Hersteller haben sehr unterschiedlich geantwortet. Die meisten Systeme (67 %) arbeiten mit einer Protonenaustauschmembran-Elektrolyse (PEM), 28 % sind alkalische Elektrolysen, 3 % Anionenaustauschmembran-Elektrolysen (AEM) und 2 % Festoxid-/Hochtemperatur-Elektrolysen (SOEC). Die maximale Leistung liegt zwischen 1 und 18 MW. 48 % der Systeme nutzen Wechselstrom.
Der Flächenbedarf unterscheidet sich je nach Technologie: AEM-Elektrolysen sind mit 0,08 m2/kW am kleinsten, gefolgt von SOEC (0,12) und PEM (0,16) und AEL (0,21). Allerdings gibt es hierbei große Schwankungsbreiten auch innerhalb der Technologien. So liegt der Maximalwert bei der PEM bei 0,55 m2/kW.
Netzdienlichkeit möglich
Die Hersteller haben eine Systemverfügbarkeit von 8300 bis 8700 Stunden im Jahr angegeben, wobei sich hier nur PEM-Hersteller geäußert haben. Der Arbeitszeitbedarf liegt nach Herstellerangaben bei etwa 36 Stunden im Jahr. „Allerdings haben sich 78 % der Firmen zu diesem Punkt gar nicht gemeldet, hier gibt es also noch Unsicherheiten“, sagt Gleich.
Die Zeitspanne von der Minimallast bis zum Maximum schwankt zwischen 1 und 40 Sekunden. Teilweise können die Elektrolyseure auch Regelenergie anbieten. Das wäre eine interessante Option für Zusatzerlöse in der Direktvermarktung. 23 % der Elektrolyseure können Primärregelleistung (PRL) anbieten, 26 % Sekundärregelleistung (SRL). PRL muss innerhalb von 30 Sekunden vollständig angeboten werden, SLR innerhalb von fünf Minuten.
Unterschiedliche Wirkungsgrade
Wie in der Literatur angegeben benötigen auch die Systeme in der Marktübersicht etwa 0,8 l Wasser je m³ Wasserstoff. Unterschiede gibt es dagegen bei den Wirkungsgraden. Die Systeme benötigen zwischen 3,3 bis 4,7 kWh Strom je Normkubikmeter Wasserstoff (m³ H₂). Während bei den meisten Elektrolyseuren der Wirkungsgrad zwischen 60 und 70 % liegt, gab ein Hersteller eines SOEC-Systems einen Wirkungsgrad von 90 % an. „Hierbei ist aber zu beachten, dass SOEC mit hohen Temperaturen von 500 bis 1000 °C arbeiten. Die Wärmeenergie müsste also noch hinzugerechnet werden. Interessant sind diese Systeme bei Industrieanwendungen, bei denen viel Abwärme anfällt“, sagt Gleich. Potenzielle Käufer sollten auch beachten, ob bei den Systemen nötige Wasser- und Gasaufbereitungssysteme bereits enthalten sind.
Lebensdauer und Kosten
Die Lebensdauer pro Einheit (Stack) geben die Hersteller mit 30.000 bis 90.000 Vollbenutzungsstunden an. Bezogen auf die Jahresstunden wären das 3,5 bis 10 Jahre. „Aber ein Elektrolyseur läuft nicht das ganze Jahr am Stück. Wir gehen daher von einer realistischen Lebensdauer von 8,5 bis über 20 Jahre aus“, erklärt der Experte.
Bei den Kosten zeigt die Marktübersicht große Unterschiede je nach Größe des Elektrolyseurs. Während Anlagen mit 6 kW Leistung auf 10.000 €/kW kommen, kosten größere Anlagen mit etwa 1 MW nur rund 1500 €/kW.
Bei den Betriebskosten für Instandhaltung oder bedarfsgebundenen Kosten gibt es ebenfalls je nach Größe Unterschiede zwischen 4,6 und 1 ct pro erzeugter kWh H₂.
Wasserstoff-Erzeugungskosten
Entsprechend schwanken auch die Wasserstofferzeugungkosten. Einflussgrößen sind hier der Strombezugspreis und die Anschaffungskosten. So kann eine Elektrolyse mit Anschaffungskosten von 2000 €/kW und 5 ct Stromkosten Wasserstoff für 6 €/kg herstellen. Kostet der Strom dagegen 15 ct/kWh, steigen die Herstellungskosten auf 12 €/kg. Aktuell wird Wasserstoff für 9,50 €/kg an der Tankstelle als Kraftstoff verkauft, die Nettokosten liegen geschätzt bei 6 €/kg. „An diesen Kosten könnte man sich aktuell orientieren, wenn es um die Wirtschaftlichkeit von Elektrolyseuren geht“, sagt Gleich. Die wichtigsten Einflussgrößen auf die Wirtschaftlichkeit sind:
- Wirkungsgrad
- Strombezugspreis
- Investitionskosten
- Volllaststundenzahl
„Die Wirtschaftlichkeit der Wasserstoffproduktion ist derzeit kaum gegeben. Abhilfe versprechen aber Fördermittel bzw. Erleichterungen bei der EEG-Umlage sowie bei der Stromsteuer beim verwendeten Strom“, sagt Garnhartner.
Die Marktübersicht finden Sie unter www.carmen-ev.de/service/marktueberblick/marktuebersicht-elektrolyseure