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topplus Heizen mit Holz

Regierung will weniger Energie aus Holz

Die Bundesregierung plant mit vielen Stellschrauben, das Heizen mit Holz einzuschränken oder ganz zu verbieten. Wissenschaftler und Verbände warnen: Das hätte fatale Folgen für den Klimaschutz.

Lesezeit: 6 Minuten

Ein Ertrinkender sollte nach jedem Rettungsring greifen, der ihm geboten wird. Im Falle der Energiekrise sieht das aber anders aus. Die Bundesregierung setzt auf fossiles Flüssiggas (LNG), Kohle und Atomenergie. Heimische Bioenergie dagegen ist unerwünscht, obwohl diese gleich zwei Probleme lösen helfen könnte:

  • Die Importabhängigkeit von teuren Rohstoffen vor allem beim Wärmebedarf zu verringern,
  • die ehrgeizigen Klimaschutzziele der Bundesregierung zu erreichen.

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Heute ist Holz für die Strom- und Wärmegewinnung mit einem Anteil von 31 % aller erneuerbaren Energien in Deutschland das Zugpferd der Energiewende. Im Wärmebereich beträgt der Anteil sogar drei Viertel.

Auf dieses Pfund wollen Teile der EU und der Bundesregierung künftig verzichten. Grund: Der Wald soll überwiegend als CO2-Senke und zur Steigerung der Biodiversität dienen. Das zeigen einige der neuen Initiativen:

Wald als CO2-Senke

Im Juli 2021 veröffentlichte die EU-Kommission ihren Vorschlag zur Revision der LULUCF-Verordnung aus dem Jahr 2018. Die englische Abkürzung LULUCF steht für Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft. Danach soll die CO2-Bindung natürlicher Senken wie Wälder, Moore und Grünland bis 2030 angehoben werden.

Auch die Bundesregierung hat das mit dem Klimaschutzgesetz beschlossen: Bis 2045 soll eine Senkenleistung von 40 Mio. t CO2-Äquivalent erreicht werden – 2,4-mal mehr als 2020.

Mit dem „Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz“ will das Bundesumweltministerium (BMU) zudem Naturschutz mit Klimaschutz verbinden. Das Programm umfasst 64 Maßnahmen und betrifft Moore, Auen und Wälder. „Mit dem Programm soll der Anteil der Wälder ausgeweitet werden, in denen keine Bewirtschaftung stattfindet“, sagt Julia Möbus, Geschäftsführerin Deutsche Säge- und Holzindustrie Bundesverband und Vorständin im Bundesverband Bioenergie.

Nationale Biomassestrategie

Im Oktober 2022 haben die Bundesministerien für Wirtschaft, Umwelt und Landwirtschaft die Eckpunkte einer nationalen Biomassestrategie vorgelegt. Danach soll es künftig einen Vorrang der stofflichen vor der energetischen Nutzung geben.

„Grundsätzlich ist das Prinzip zu begrüßen. Aber einen pauschalen Vorrang für alle Sortimente lehnen wir ab“, sagt Möbus. Das sei technisch und wirtschaftlich nicht sinnvoll. Denn eine Kaskadennutzung hängt z. B. ab vom Holzsortiment, von den angestrebten Produkten oder dem Aufwand für die Aufbereitung zur Wiederverwendung. „Nicht jeder Baum kann ein Haus werden. Und Häuser benötigen auch eine Heizung“, betont sie.

Richtlinie der EU (RED III)

Das EU-Parlament will im Rahmen der Novellierung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III), dass „Primärholz“ als erneuerbare Energie in der Europäischen Union nicht mehr förderfähig ist. Gemeint ist Waldholz mit Ausnahme von Holz, das zur Waldbrandvorbeugung oder zur Straßenverkehrssicherheit gefällt werden muss sowie Schadholz nach Käferbefall oder Windwurf.

Das Förderverbot könnte in Deutschland Einfluss haben auf Programme wie die Bundesförderung für effiziente Gebäude, die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze oder das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz. Auch wäre ein CO2-Preis auf Holz möglich. „Zudem sehen wir einen Widerspruch zu den angehobenen EU-Zielen beim Klimaschutz“, ergänzt Sebastian Henghuber, Vorstand der MW Biomasse AG aus Bayern und Vorstandsmitglied des Fachverbandes Holzenergie (FVH).

Weniger Fördergeld

Die Bundesregierung will den Umstieg von Öl- und Gasheizungen auf Holzheizungen finanziell stark einschränken. Nachdem sie im Sommer bereits den Zuschuss für Holzheizungen nach der Bundesförderung für effiziente Gebäude von maximal 55 % der Investitionssumme auf 10 bis 20 % gekürzt hat, soll es ab 1. Januar 2023 höhere technische Anforderungen an die Heizanlagen und eine verbindliche Solarthermiepflicht geben.

In einer Stellungnah­me monieren fünf Branchenverbände, dass damit nur noch Pelletkessel förder­fähig wären. Scheitholz- und Hackschnitzelkessel sowie wasserführende Pelletkaminöfen würden die Förderfähigkeit verlieren. Zudem plant die Bundesregierung, den Staubgrenzwert einheitlich auf 2,5 mg/m3 festzulegen. Bislang war das der Grenzwert bei der Innovationsförderung, über die der Heizungsbesitzer bei der Anschaffung eines Staubfilters einen Bonus erhielt.

Das Hauptstadtbüro Bioenergie befürchtet, dass Betreiber von Holzheizwerken Brennstoffe wie Landschaftspflegematerial oder Waldrestholz nicht mehr ohne teuren Filter einsetzen können und darauf verzichten werden. Hausbesitzer würden dagegen vermehrt wieder auf einfache Holzöfen oder Ölheizungen setzen.

Strompreisbremse

Auch in der geplanten Strompreisbremse könnte die Bioenergie massiv Federn lassen. Nach einem Entwurf des Bundeswirtschaftsministeriums sollen Betreiber von Biogasanlagen und Holzheizkraftwerken bestimmte Erlöse zurückzahlen – rückwirkend ab dem 1.3.2022. Im Gespräch ist eine Abschöpfung der Erlöse, die über die EEG-Vergütung plus einem Zuschlag von 3 ct/kWh hinausgehen.

„Damit droht vielen Holzheizkraftwerken die Unwirtschaftlichkeit, da sie mit teilweise sechsfach höheren Brennstoffkosten konfrontiert sind“, erklärt Möbus. Zudem sind auch die Kosten für Material, Technik und Wartung gestiegen. Das verdiente Geld ist also vielfach bereits ausgegeben.

Brief nach Brüssel

Forstwissenschaftler und andere Experten laufen seit Monaten Sturm gegen die wachsende Kritik an der Energieholznutzung. Mit einem Brief haben Ende Oktober rund 550 Wissenschaftler die EU-Kommission, den Rat und das Par­lament aufgefordert, die nachhaltige Waldbewirtschaftung und Holznutzung als Pfeiler des europäischen Klimaschutzes zu erhalten und zu fördern. Aus Sicht der Unterzeichner spricht wenig für die Stilllegung von Wäldern. Sie betonen zudem die CO2-Neutralität von Holzenergie aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung.

Der Wissenschaftliche Beirat für Waldpolitik beim Bundeslandwirtschaftsministerium warnt vor Verlagerung der Holzproduktion in andere Länder. „Mit der zu erwartenden Verringerung der Produktivität der Wälder und Verschiebung der Baumartenzusammensetzungen hin zu mehr Laubholz wird langfristig die Versorgung mit dem Rohstoff Holz insbesondere aus heimischen Wäldern eine große ­Herausforderung. Dies erfordert auch eine Anpassung der nachgelagerten Holzwirtschaft und Holzverwendung“, heißt es in einer Stellungnahme dem Jahr 2021 zum Klimaschutzgesetz.

Nach Ansicht des Hauptverbandes der Deutschen Holzindustrie (HDH) gibt es auch keinen Widerspruch zwischen Biomasse-Nutzung und Biodiversität. „Nach dem letzten Indikatorenbericht der Bundesregierung zur Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt aus dem Jahr 2019 schneiden unsere bewirtschafteten Wälder im Vergleich zu den anderen Landnutzungsformen am besten ab“, betont HDH-Hauptgeschäftsführer Dr. Denny Ohnesorge.

CO2-Emissionen bei verschiedenen Heizungen

Ein weiteres Argument gegen Holzenergie sind Feinstaubemissionen aus Holzheizungen. Doch diese treten vor allem bei einfachen Öfen und Bedienfehlern auf, z. B., wenn nasses Holz verbrannt oder der Brennraum überladen wird.

„Staubabscheider oder andere technische Optimierungen bei neuen Holzfeuerungen senken Staub- und Feinstaubemissionen deutlich oder eliminieren diese nahezu ganz“, schreiben Dr. Herbert Borchert und Markus Riebler von der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) in einem Faktencheck (www.lwf.bayern.de, Publikation: LWF aktuell 136). Moderne, mit Pellets oder Hackgut be­triebene Zentralheizkessel weisen laut LWF aufgrund der automatischen Verbrennungsluftregulierung nahezu keine Feinstaubemissionen mehr auf.

Dazu kommt: Nach einer Studie des Max-Planck-Instituts für Geochemie aus dem Jahr 2022 ist sowohl bei Nadelholz als auch bei Laubbäumen der Zuwachs in bewirtschafteten Wäldern deutlich höher als in naturbelassenen. „Die erwartete Senkenwirkung nicht bewirtschafteter Wälder ist damit zumindest in Frage gestellt“, kommentiert die LWF das Ergebnis.

DeSH-Geschäftsführerin Möbus resümiert: „Die Klimaschutzziele werden ohne Wald und Holz nicht zu erreichen sein. Es ist daher allerhöchste Zeit, sich auf die vorhandenen Potenziale zu stützen und eine Kehrtwende in der EU-Waldpolitik herbeizuführen.“

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