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Windenergie-an-Land-Gesetz: Bundesländer müssen liefern

Bund will den Ländern für einen schnelleren Bau von mehr Windrädern Flächenziele setzen. Mit Hilfe dieses Gesetzes könnten dann Abstandsregeln der Länder für Windkraftanlagen ausgehebelt werden.

Lesezeit: 8 Minuten

Die Bundesregierung will mit zwei umfangreichen und komplexen Formulierungshilfen das parlamentarische Verfahren zum Osterpaket ergänzen. Die Formulierungshilfen betreffen unter anderem den Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung und Beschleunigung der Flächenausweisung für Windenergieanlagen an Land (Wind-an-Land-Gesetz – WaLG) und den Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes.

Die Formulierungshilfe zum Bundesnaturschutzgesetz sieht umfassende Regelungen zum Artenschutz beim Betrieb von Windenergieanlagen einschließlich ergänzender Anlagen vor. So werden mit einer Anlage Bereiche zur Prüfung bei kollisionsgefährdeten Brutvogelarten definiert. Eine weitere Anlage enthält eine komplexe Formel zur Berechnung der Zumutbarkeit von Ertragsverlusten und Höhe der Zahlung für Artenhilfsprogramme vor.

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Flächenziele für die Bundesländer

Mit dem Wind-an-Land-Gesetz werden ein völlig neues Windflächenbedarfsgesetz, eine Änderung des Baugesetzbuches und Änderungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vorgelegt. Der Bund plant demnach ein Gesetz, wonach den Ländern für einen schnelleren Bau von mehr Windrädern Flächenziele gesetzt werden sollen. Mit Hilfe dieses Gesetzes könnten dann Abstandsregeln der Länder für Windkraftanlagen ausgehebelt werden.

Den Plänen zufolge soll laut Medienberichten bundesweit ein gesetzlich verpflichtendes Flächenziel von 1,4 Prozent bis 2026 und von zwei Prozent bis 2032 gelten. Abstandsregeln für Windräder zu Wohngebäuden könnten zunächst in Kraft bleiben. Verfehlt aber ein Bundesland seine spezifischen, nach Jahren gestaffelten Flächenvorgaben, würden diese Regelungen hinfällig.

Stärker in die Pflicht genommen werden sollen Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland- Pfalz, Sachsen-Anhalt und Thüringen. An der unteren Grenze stehen Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen und das Saarland. Für die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen soll eine Mindestfläche von 0,5 % des Landesgebiets gelten. Länder, die ihre festgelegten Ziele übertreffen, könnten anderen Bundesländern ihre Flächen teilweise übertragen. Die Pläne sollen am 15. Juni im Kabinett beschlossen und dann dem Parlament vorgelegt werden.

Bewertung des BWE

Die schrittweise Erweiterung der Flächenkulisse im Wind-an-Land-Gesetz wird den Erfordernissen eines deutlichen Zubaus nicht gerecht, kommentiert der Bundesverband Windenergie (BWE). „Wir brauchen sofort wirksame Maßnahmen, um die Ausschreibungsvolumen bereits ab 2023 zu erreichen. Warum die Flächenbeitragswerte ausgerechnet bei Bundesländern mit einen hohen eigenen Strombedarf das 2%-Flächenziel nicht erreichen sollen, ist unverständlich“, kritisiert BWE-Präsident Hermann Albers. Positiv sei die im Baugesetzbuch angelegte Klarstellung, dass die Flächenziele Mindestziele sind. Bundesländer, die ihre industrie- und wirtschaftspolitischen Ziele neu definieren, könnten so profitieren. Richtig sei auch die Festlegung, dass Sonderregelungen zu Abständen den Nachweis ausreichender Flächenbereitstellung voraussetzen müssen. Dies müsse ab sofort gelten. „Die starken Präzisierungen zur Arbeit des Bund-Länder-Kooperationsausschusses begrüßen wir. Ob die Regelungen zum Repowering die Zusage aus dem Koalitionsvertrag umsetzen, ist zu prüfen. Repowering ist erforderlich, um kurzfristig einen Hochlauf der installierten Leistung zu erreichen“, sagt Albers.

Einheitliche Vorgaben im Artenschutz wichtig

Die im Koalitionsvertrag zugesagte Standardisierung der artenschutzrechtlichen Prüfung wird neben Flächenausweisung der Schlüssel sein, um den notwendigen Zubau der Windenergie an Land zu erreichen. Bundeseinheitliche Vorgaben erleichtern laut BWE den Genehmigungsbehörden ihre Entscheidungen. „Die gesetzliche Festschreibung der unwissenschaftlichen Behauptung, Windenergieanlagen würden signifikante Tötungsgefahren verursachen, ist inakzeptabel. Wir sehen die große Gefahr, dass mit dem vorgelegten Entwurf der Formulierungshilfe keine Beschleunigung und Vereinfachung der Verfahren erreichbar ist“, kritisiert der BWE-Präsident.

Im Gegenteil: Eine erste Prüfung zeige, dass restriktive Vorgaben eine Verschärfung bestehender und als Hemmnis erkannter Regelungen mit sich brächten. „Hinter der Formel zur Berechnung der Zumutbarkeit und Höhe der Zahlung in Artenhilfsprogramme verbirgt sich eine völlig neue Regelung zu scheinbar tolerierbaren Abschaltungen und Energieverlusten. Die Formel ist in ihren Praxisauswirkungen kaum zu bewerten“, sagt Albers. Die mit ihr als zumutbar berechneten Abschaltungen würden nicht nur die Wirtschaftlichkeit betreffen, sondern vor allem den Stromertrag aus der installierten Leistung dauerhaft mindern. Dies untergrabe die im EEG vorgegebenen Strommengenpfade.

Schleswig-Holstein: Wird der Rotor mit berücksichtigt?

Nach Ansicht des Landesverbandes Erneuerbare Energien in Schleswig-Holstein (LEE SH) erfüllt Schleswig-Holstein mit seiner Landesplanung die Vorgaben aus dem neuen Windenergie-an-Land-Gesetzt aus Berlin aktuell noch nicht. Laut einer Studie des Fraunhofer IEE sind auf Grund der Rotor-In Planung nur 1,3 statt 2,0 % der Landesfläche mit modernen Anlagen (72,5 Meter Rotorradius) bebaubar. Der LEE SH fordert deshalb eine Anpassung der weiterhin gültigen Regionalpläne für Windenergie an Land, um zumindest den Vorgaben des Bundes zu entsprechen. Schleswig-Holstein muss schnellstmöglich dafür sorgen, dass mindestens 2 % der Landesfläche wirklich bebaubar sind.

Der Berliner Gesetzesentwurf geht von einer „Rotor-out-Planung“ aus. Das heißt, Rotoren können aus den Windvorrangflächen herausragen. Aktuell sind die Flächen in Schleswig-Holstein jedoch mit der Vorgabe „Rotor-In“ geplant. Damit dürfen die Rotoren nicht aus der Fläche herausragen. „Einer der wichtigsten Faktoren, um das 2 %-Flächenziel zu erreichen, ist neben der Einführung der Rotor-out Planung die Abschaffung des 3H- und 5H-Genehmigungskriteriums“, sagt LEE SH Geschäftsführer Marcus Hrach. Im Zusammenspiel mit der Rotor-Out Planung blieben faktisch derzeit nur 1,1 % der Landesfläche für die Windenergie mit modernen Anlagen bebaubar. Deutschlandweit ist Schleswig-Holstein das einzige Bundesland, das mit ein 3H- und 5H-Genehmigungskriterium eingeführt hat. Zudem fordert der LEE SH dringend eine kritische Überprüfung aller Erlasse, die sich genehmigungsverhindernd, genehmigungsverzögernd und den Betrieb einschränkend auswirken.

Umwelthilfe sieht Bayern und NRW in der Pflicht

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) begrüßt die Pläne der Bundesregierung, die Hürden für Abstandsregeln für Windkraft an Land per Gesetzespaket auszuhebeln. Für den konsequenten Ausbau von Erneuerbaren fordert der Umwelt- und Verbraucherschutzverband jedoch dringend die Abschaffung von Mindestabständen. „Das Ziel, den Ausbau der Windenergie bundesweit massiv zu beschleunigen, wird dadurch unterlaufen, dass bestehende Abstandsregeln einzelner Bundesländer wie Bayern und Nordrhein-Westfalen weiterhin bestehen bleiben. Für eine glaubhafte Energiewende müssen Mindestabstände grundsätzlich abgeschafft werden“, fordert Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH. Es sei wenig überzeugend, wenn erst einmal abgewartet werden soll, ob die betroffenen Bundesländer ihre Flächenziele ohnehin erreichen, um erst dann bestehende Mindestabstände zu überprüfen. „Das wäre Politik nach dem Prinzip Hoffnung und solange kann der Klimaschutz nicht warten. Dass Bundesländer wie Bayern oder Nordrhein-Westfalen bis 2032 Zeit haben, das Flächenziel zu erreichen, ist außerdem absolut inakzeptabel. Wir müssen die Windenergie hier und heute ausbauen“, fordert er.

Aiwanger: "Damit können wir umgehen"

Der Entwurf des Windflächenbedarfsgesetzes der Bundesregierung enthält klare Vorgaben für die Bundesländer. In Bayern sollen bis 1. Januar 2027 1,1 % der Landesfläche für die Windkraft ausgewiesen werden, bis 1. Januar 2033 sind es 1,8 % (Landesfläche Bayerns: 70.541,57 km2). „Damit können wir umgehen. Unsere ohnehin geplanten Lockerungen der 10H-Regel bringen sogar mehr Potenzial für Windkraft, als es die Bundesvorgabe vorsieht“, sagt Bayerns Wirtschafts- und Energieminister Hubert Aiwanger. Der gezielte Ausbau der Windkraft sei nötig, um die Wirtschaft mit regionalem erneuerbaren Strom sicher und preisgünstig zu versorgen. „Der einzige Wermutstropfen aus Berlin ist, dass der Mindestabstand von Windrädern zu Siedlungen in Windvorrang- und -vorbehaltsgebieten nicht 1000 Meter sein darf, wie von uns geplant, sondern nur rund 800 Meter, wie es das Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) vorsieht. Dadurch erhöht sich zwar die Zahl der möglichen Standorte, die Anwohner werden die Vorgaben aber kritischer sehen“, warnt er. Neue Windräder seien aber auch leiser, als es die ältere Anlagen waren.

Ausnahmen von der 10H-Regelung

Bei den von der Staatsregierung geplanten Ausnahmen von der 10H-Regel in Gebieten, die nicht Vorrang- oder Vorbehaltsgebiete sind, könnte dagegen nach erster Bewertung ein Abstand von 1000 Metern zu Siedlungsgebieten eingehalten werden. Dazu zählen etwa Wälder oder der Umgriff um Industrie- und Gewerbegebiete sowie an Autobahnen und Bahnstrecken. Die regionalen Planungsverbände müssen der Windkraft in Bayern künftig mehr Fläche einräumen.

In Bayern steigt laut Aiwanger die Akzeptanz für neue Windenergieanlagen. „Bürger und Wirtschaft brauchen nach dem Atomausstieg, der massiven Energieverteuerung und zunehmend unsicherer Versorgungssituation mit fossilen Energieträgern dringend sichere und bezahlbare regionale Energien. Und das ist bei uns vor allem Sonne, Wind, Wasser und Biomasse."

Der Minister weist aber darauf hin, dass nun auch der Bund seine Hausaufgaben machen müsse: „Wir brauchen jetzt Investoren, die trotz der etwas höheren Stromgestehungskosten für Windenergie in Bayern Windräder errichten wollen. Es wäre hilfreich, wenn die EU endlich die Südquote genehmigen würde, um die höheren Kosten auszugleichen. Der Bund muss hier mehr Druck machen.“

Aiwanger plädiert auch dafür, Kommunen künftig mehr an den Erträgen der Windkraft zu beteiligen. So sollten bis zu 0,4 Cent je kWh eingespeisten Stroms jährlich in die Gemeindekasse entrichtet werden, was einen Betrag von mehreren zehntausend Euro ausmacht. „Wir müssen alles tun, um die Akzeptanz bei Bürgern und Kommunen für die Windkraft weiter zu verbessern. Wenn man mit Vernunft vorgeht, ist dieses Ziel zu erreichen“, erklärt der Minister.

Kritik: Bayern bleibt Schlusslicht

In Bayern arbeitet laut Landesverband Erneuerbare Energien (LEE) Bayern nur alle 62 Quadratkilometer eine Windkraftanlage (WKA). Das sei von allen Flächenländern der letzte Platz. Der LEE Bayern lobt, dass Berlin jetzt durchgreifen will.

Im gleich dicht wie Bayern besiedelten Schleswig-Holstein ist die Windkraftdichte etwa 12-mal so groß wie in Bayern. Krass auch der Vergleich mit Nordrhein-Westfalen: Dieses Binnenland ist fast 3-mal so dicht besiedelt wie Bayern und hat dennoch auf die Landesfläche bezogen eine sechsfache Windkraftdichte. „Die Analyse des Windpotenzials zeigt, dass auch in Bayern ausreichend windhöffige Gebiete zur Verfügung stehen. Rund 5 % des Landesgebietes Bayerns sind für die Windkraft nutzbar“, sagt LEE-Vorsitzender Raimund Kamm.

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