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Kükentöten soll ab 2022 verboten sein

Landwirtschaftsministerin Klöckner hat einen Gesetzentwurf zur Beendigung des Kükentötens vorgelegt. Danach wird die Praxis ab 2022 verboten. Ab 2024 gibt es Verschärfungen für alternative Verfahren.

Lesezeit: 6 Minuten

Das Töten von männlichen Eintagsküken wird ab 2022 verboten. Bis Ende 2021 seien die alternativen Methoden zur Geschlechtserkennung im Ei marktreif, sagte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (BMEL) heute bei der Vorstellung ihres Gesetzentwurfes in Berlin. „Das ist Voraussetzung dafür, dass Betriebe nicht ins Ausland abwandern und wir diese Tierschutzfrage lediglich in Nachbarländer auslagern würden“, sagte Klöckner.

Anstelle des Tötens männlicher Eintagsküken in der Legehennenproduktion stehen den Betrieben neben der Aufzucht von Bruderhähnen und der Verwendung von Zweinutzungshühnern ab Ende 2021 marktreife Alternativen zur frühzeitigen Geschlechtsbestimmung im Brutei zur Verfügung, so Klöckner weiter. Das Bundesverwaltungsgericht hatte 2019 das Kükentöten nur noch für übergangsweise zulässig erklärt. Sobald Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei zur Verfügung stünden, entfalle die Erlaubnis.

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Frankreich will Deutschland folgen

Bisher gibt es in keinem anderen Land ein solches Gesetz gegen das Kükentöten. Deutschland wird laut Klöckner weltweit Vorreiter. Allerdings habe ihr Frankreich bereits signalisiert, ebenfalls aussteigen zu wollen.

Das BMEL hatte seit 2008 mit mehr als acht Mio. € verschiedene alternative Verfahren und Initiativen gefördert. Daraus sind zwei Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei hervorgegangen, ein endokrinologisches und ein spektroskopisches Verfahren. Neben den Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei hat das BMEL auch Forschung in Bezug auf die Verwendung von Zweinutzungshühnern gefördert.

Verschärfung ab 2024

Zwei Jahre nach dem Verbot, ab Anfang 2024, soll das Gesetz „im Sinne des Tierschutzes“ außerdem ausgeweitet werden. Ab da gibt es auch ein Verbot des Tötens von Hühnerembryonen im Ei nach dem 6. Bruttag. Derzeit arbeiten noch alle marktreifen Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei in einem Zeitraum vom 9. bis 14. Bebrütungstag. Laut dem Gesetzentwurf empfänden Hühnerembryonen jedoch bereits ab dem 7. Bruttag Schmerz. Das BMEL bezeichnet die bestehenden Verfahren als Brückentechnologie. Es werde weiter geforscht, um künftig zu einem noch früheren Zeitpunkt die Geschlechtsbestimmung im Ei vornehmen zu können.

Klöckner betonte bei der Vorstellung des Gesetzentwurfes, dass der Tierschutz höher wiege als wirtschaftliche Interessen. Das Töten von Eintagsküken sei ethisch nicht vertretbar. Das Verbot werde Signalwirkung für andere Länder haben, gab sich Klöckner optimistisch.

Geflügelwirtschaft wehrt sich gegen Vorwürfe

Die Geflügelwirtschaft wehrte sich heute gegen den Vorwurf, sie sei untätig geblieben. Das sei „schlicht falsch“, sagte Friedrich-Otto Ripke, Präsident des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG). Aus seiner Sicht sei das Gegenteil ist der Fall. „Gemeinsam mit dem Lebensmitteleinzelhandel (LEH) hat die Geflügelwirtschaft eine detaillierte Branchenvereinbarung zur Beendigung des Kükentötens erarbeitet, die ein vergleichbares Ausstiegsszenario aufzeigt wie der Gesetzentwurf - und mit dem klaren Fokus auf kükentötenfreie Lieferketten auf Ebene des Produkts Ei im Lebensmitteleinzelhandel sogar noch weiter geht“, sagte Ripke.

Kritisch äußerte sich die Geflügelwirtschaft zu der Übergangsfrist bis Ende 2023, innerhalb derer die Beendigung des Brutvorgangs nach dem 6. Bruttag erlaubt bleibt. Diese sei zu knapp bemessen. Aktuell gebe es kein einziges Verfahren der Geschlechtsbestimmung im Ei, das vor dem 7. Bruttag praxisreif wäre, so der ZDG.

Grüne fordern Kennzeichnung von Eierzeugnissen

Die Grünen bezeichneten den Ausstieg aus dem Kükentöten als überfällig. Die ehemalige Landwirtschaftsministerin Renate Künast und der Agrarsprecher der Grünen, Friedrich Ostendorff, forderten mehr Unterstützung und Förderung für die Zucht des Zweitnutzungshuhns und die Bruderhahnaufzucht. Zudem brauche es eine Kennzeichnung nicht nur von Eiern, sondern auch von eihaltigen Erzeugnissen. „Eine Kennzeichnung von tierischen Erzeugnissen muss also immer Klarheit schaffen, auch bei Pasta und Kuchen“, sagte Künast.

Unterstützung vom DBV

DBV-Präsident Joachim Rukwied sagte der dpa: "Ich sehne den Tag herbei, an dem dieses Thema endlich Geschichte ist. Praxistaugliche Verfahren zur Geschlechtsbestimmung sollten schnellstmöglich flächendeckend zum Einsatz kommen." Wichtig sei, dass die gesetzliche Regelung nicht durch den Einkauf von Eiern im Ausland unterlaufen werde.

Tierschutzbund verweist auf Empfinden der Embyonen

Der Deutsche Tierschutzbund bemängelt, dass das Verbot erst ab Ende 2021 gilt. Zudem sei das Töten der empfindungsfähigen Embryonen noch weitere Jahre erlaubt. Erst ab Ende 2023 sollen Eingriffe an Hühnereiern zur Geschlechterbestimmung ab dem siebten Bruttag verboten werden, da ein Schmerzempfinden zu diesem Zeitpunkt nicht auszuschließen ist.

„Das Ministerium hat offensichtlich verstanden, dass die Tötung eines bereits empfindungsfähigen Embryos ebenso unethisch ist wie die Tötung des geschlüpften Kükens. Dass ein Abtöten ab dem siebten Bruttag dann trotzdem noch viele Jahre möglich sein soll, ist inakzeptabel“, so Schröder.

Und die Tierschutzorganisation PROVIEH mahnt: „Die Geschlechtsbestimmung im Ei zementiert nur ein aus dem Ruder gelaufenes Geflügelwirtschaftssystem, löst aber nicht die zuchtbedingten Probleme der Hochleistungsrassen. Anstatt die Embryonen in den Eiern zu töten, muss sich die Branche darauf konzentrieren allen Tieren eine gute Haltung durch strukturierte, ausgestaltete Ställe mit Beschäftigungsmaterial und Auslauf zu bieten“.

Linke: Kükentöten aus wirtschaftlichen Gründen unverzüglich beenden

Linken-Agrarsprecherin Kirsten Tackmann hält es für nicht tragbar, dass das Kükentöten noch so lange erlaubt bleibt. "Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits im vergangenen Jahr klargestellt, dass Unwirtschaftlichkeit kein vernünftiger Grund dafür ist, männliche Küken aus Legelinien systematisch zu töten. Dass dies dennoch nach wie vor Alltag ist, zeigt das ethische Versagen des sogenannten marktwirtschaftlichen Wettbewerbs."

Freiwilligkeit als Regierungskonzept ist laut Tackmann gescheitert. "Konsequent wäre es gewesen, unverzüglich nur noch die vernünftigen und tierschutzgerechten Alternativen zuzulassen: Zweinutzungshuhnrassen und die Aufzucht der männlichen Brüder der Legehennen. Stattdessen bleiben auch weiter teure technische Scheinlösungen wie die Geschlechtsbestimmung im Ei vorerst erlaubt, wenn auch von der Ministerin selbst als Brückentechnologie bezeichnet", so die Politikerin.

Connemann/Breher: Deutsche Brütereien sind weltweit Vorreiter

Deutsche Brütereien sind bei dem Thema weltweit Vorreiter, lobt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Gitta Connemann. In keinem anderen Land gebe es höhere Standards. Der Verbraucher sollte das mit dem Kauf von Eiern und Fleisch aus deutschen Landen honorieren.

„Jetzt muss die EU nachziehen. Denn die EU erlaubt leider, männliche Küken zu vergasen, weil sie sich nicht zur Eierproduktion eignen. Deshalb brauchen wir auch ein Verbot der Kükentötung auf EU-Ebene. Der Einsatz unserer einheimischen Geflügelwirtschaft darf nicht dazu führen, dass Handel und Co stattdessen Küken und Eier aus anderen Ländern importieren. Das hilft weder Tieren noch Verbrauchern.“

Und die zuständige Berichterstatterin Silvia Breher ergänzt: „Wissenschaft, Geflügelbranche und Politik haben seit Jahren unter Hochdruck an Alternativen gearbeitet. Erste Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei sind jetzt marktreif. Das ermöglicht jetzt den Ausstieg. Deutschland gibt damit europaweit nicht nur den Takt in Sachen Tierschutzstandards vor, sondern liegt auch vorne bei neuen Methoden zum Ausstieg aus dem Kükentöten. Die Erfolge sind nicht nur ein mehr an Tierwohl, das für die Verbraucherinnen und Verbraucher direkt sichtbar sind, sondern sind gleichzeitig auch ein Erfolg von Forschung und Entwicklung in Deutschland.“

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