Leserfrage: Was passiert bei Gebäudeüberbau auf den Nachbargrund?
Ein Gebäude unseres Lesers steht teilweise auf dem Nachbargrundstück. Unser Experte erklärt genau, wem es in diesem Fall rein rechtlich gehört und welche Lösungen sich dem Eigentümer bieten.
Ein Teil meines Wirtschaftsgebäudes aus 1933 steht auf einem Grundstück der Kirche. Bei größeren genehmigten Umbauarbeiten in 1974 ist diese Tatsache weder dem Architekten noch der Genehmigungsbehörde aufgefallen.
1. Wer ist Eigentümer des Gebäudes?
2. Welche Pflichten und Rechte habe ich an dem Gebäudeteil und dem Grundstück nach all den Jahren?
3. Welche Lösungen gibt es?
Antwort:
1. Grundsätzlich ist der Eigentümer des Grundstücks auch der Eigentümer der darauf stehenden Gebäude. Wenn allerdings ein Teil des Gebäudes auf dem Nachbargrundstück steht, liegt ein rechtswidriger Überbau vor. Dieser kann entschuldigt sein, wenn er weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit des Erbauers, in diesem Fall Ihren Vorfahren (§ 912 Abs. 1 BGB), beruht.
Da die Kirche als Nachbar damals beim Überbau nicht direkt widersprochen hat und weder Sie noch die Kirche den Überbau bei den Umbauarbeiten 1974 bemerkten, liegt wahrscheinlich ein entschuldigter Überbau vor.
2. Sie sind Eigentümer des Gebäudes und auch des Überbaus, sodass Sie die normalen Pflichten für Eigentümer einzuhalten haben, z.B. die Verkehrssicherungspflicht. Da die Kirche Grundeigentümer ist, darf sie eine Entschädigungsrente verlangen. Die Höhe richtet sich dabei nach dem Verkehrswert zum Zeitpunkt, an dem Ihre Vorfahren das Gebäude gebaut haben. Die Kirchenverwaltung kann auch verlangen, dass Sie den Grundstücksteil kaufen (§ 915 Abs. 1 BGB).
3. Sie könnten den überbauten Grundstücksteil kaufen. Lassen Sie die überbauten Grundstücksfläche, ggf. mit zusätzlichen Abstandsflächen, aus dem Kirchengrundstück herausmessen. Schließen Sie darüber einen Grundstückskaufvertrag mit der Kirche.
Falls die Kirche das ablehnt, versuchen Sie zumindest, das Duldungsrecht sowie Zuwegungen zum Gebäude in das Grundbuch eintragen zu lassen. Lassen Sie auf baurechtliche Abstandsflächen im Grundbuch und im öffentlich-rechtlichen Baulastenverzeichnis absichern. In einem schuldrechtlichen Vertrag sollten Sie Fragen zur Nutzung und Entschädigung klären.
Unser Experte:
RA Jens Fickendey-Engels, Lauprecht Rechtsanwälte Notare, Kiel
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Ein Teil meines Wirtschaftsgebäudes aus 1933 steht auf einem Grundstück der Kirche. Bei größeren genehmigten Umbauarbeiten in 1974 ist diese Tatsache weder dem Architekten noch der Genehmigungsbehörde aufgefallen.
1. Wer ist Eigentümer des Gebäudes?
2. Welche Pflichten und Rechte habe ich an dem Gebäudeteil und dem Grundstück nach all den Jahren?
3. Welche Lösungen gibt es?
Antwort:
1. Grundsätzlich ist der Eigentümer des Grundstücks auch der Eigentümer der darauf stehenden Gebäude. Wenn allerdings ein Teil des Gebäudes auf dem Nachbargrundstück steht, liegt ein rechtswidriger Überbau vor. Dieser kann entschuldigt sein, wenn er weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit des Erbauers, in diesem Fall Ihren Vorfahren (§ 912 Abs. 1 BGB), beruht.
Da die Kirche als Nachbar damals beim Überbau nicht direkt widersprochen hat und weder Sie noch die Kirche den Überbau bei den Umbauarbeiten 1974 bemerkten, liegt wahrscheinlich ein entschuldigter Überbau vor.
2. Sie sind Eigentümer des Gebäudes und auch des Überbaus, sodass Sie die normalen Pflichten für Eigentümer einzuhalten haben, z.B. die Verkehrssicherungspflicht. Da die Kirche Grundeigentümer ist, darf sie eine Entschädigungsrente verlangen. Die Höhe richtet sich dabei nach dem Verkehrswert zum Zeitpunkt, an dem Ihre Vorfahren das Gebäude gebaut haben. Die Kirchenverwaltung kann auch verlangen, dass Sie den Grundstücksteil kaufen (§ 915 Abs. 1 BGB).
3. Sie könnten den überbauten Grundstücksteil kaufen. Lassen Sie die überbauten Grundstücksfläche, ggf. mit zusätzlichen Abstandsflächen, aus dem Kirchengrundstück herausmessen. Schließen Sie darüber einen Grundstückskaufvertrag mit der Kirche.
Falls die Kirche das ablehnt, versuchen Sie zumindest, das Duldungsrecht sowie Zuwegungen zum Gebäude in das Grundbuch eintragen zu lassen. Lassen Sie auf baurechtliche Abstandsflächen im Grundbuch und im öffentlich-rechtlichen Baulastenverzeichnis absichern. In einem schuldrechtlichen Vertrag sollten Sie Fragen zur Nutzung und Entschädigung klären.
Unser Experte:
RA Jens Fickendey-Engels, Lauprecht Rechtsanwälte Notare, Kiel