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EU-Agrarreform: Das bleibt in Euro und Cent

Bedeutet die Agrarreform weniger Geld für steigende Auflagen? Ja, aber Junglandwirte und kleinere Betriebe können auch profitieren. Vor allem die Öko-Regelungen dürften die Verluste teils ausgleichen.

Lesezeit: 8 Minuten

Bei den Diskussionen um die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) bleibt eine Frage oft unbeantwortet: Wie viel Geld landet auf den Höfen? Im Testbetriebsnetz des Landwirtschaftsministeriums (BMEL) machten die EU-Prämien im Jahr 2020 mit durchschnittlich 33% immerhin ein gutes Drittel der landwirtschaftlichen Einkommen aus.

Ein Blick auf die EU-Agrarpolitik ab 2023 zeigt: Dieses Fundament der Einkommen der Bauern könnte in Zukunft bröckeln. Die Basisprämie sinkt, während die dafür einzuhaltenden Regeln strenger werden. Gehen Landwirte über die Grundanforderungen hinaus, können sie ihre Prämienzahlung jedoch durch Eco-Schemes (Öko-Regelungen) erhöhen. Daneben steigt ab 2023 die Förderung für Junglandwirte und die Umverteilung zugunsten der „ersten Hektare“. Darauf haben sich Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner und die Umweltministerin Svenja Schulze im April geeinigt. Doch was ändert sich durch den GAP-Kompromiss im Geldbeutel der Landwirte? Wir haben nachgerechnet.

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Dabei dienten die GAP-Gesetzentwürfe und Kalkulationen des Deutschen Bauernverbandes (DBV) als Grundlage. Ganz unten auf dieser Seite erklären wir, wie die Fördersummen in unseren Berechnungen im Detail zustande kommen. Wir haben bei unseren Berechnungen die Auswirkungen der GAP-Reform auf die 1. Säule durchgespielt.

Und dabei wird klar: Die Prämie, die Landwirte für die steigenden Auflagen erhalten, sinkt (s. Übersicht 1) ab 2023 um gut 110 €/ha (Basisprämie + Greening bis 2022) auf ca. 155 €/ha. Die Gefahr, dass sich Landwirte aufgrund der steigenden Auflagen gegen Prämien aus Brüssel entscheiden sieht Uwe Latacz-Lohmann, Professor für landwirtschaftliche Betriebslehre an der Uni Kiel, nicht: „Bei einer zukünftigen Basisprämie von ca. 150 €/ha müssten die Auflagen schon sehr einschneidend sein, bevor sich Betriebe aus der Förderung verabschieden. Damit ist nicht zu rechnen.“

So wirkt die GAP ab 2023

Wir haben für Betriebe mit unterschiedlicher Flächenausstattung nachgerechnet, wie stark sich die GAP-Reform auf die Förderhöhen der Betriebe auswirkt.

Die Ergebnisse in Übersicht 2 zeigen:

  • Die Prämienverluste sind aufgrund der gestiegenen Umverteilungsprämie bei großen Betrieben höher als bei kleinen. Größere landwirtschaftliche Betriebe hätten durch eine Kappung oder Degression der Direktzahlungen noch heftigere Verluste in Kauf nehmen müssen. Diese waren zunächst vorgesehen. Die Länder haben sie aus dem Gesetz gestrichen.



  • Die Basisprämie macht nach 2023 trotzdem den Löwenanteil der Brüsseler Zahlungen aus. Dieser schwankt je nachdem, ob Landwirte Öko-Regelungen oder Junglandwirteförderung in Anspruch nehmen.



  • Damit Betriebe keine allzu großen Einbußen der EU-Prämien verzeichnen, müssen sie auf die Öko-Regelungen setzen. In unserer Kalkulation haben wir angenommen, dass die Landwirte vollumfänglich an den Öko-Regelungen teilnehmen. So können sie 66 €/ha zusätzlich zur Basisprämie bekommen. Wer sich dagegen entscheidet, muss sich auf eine rund 30% geringere Fördersumme einstellen.



  • Ein Beispiel: Nutzt der 200 ha-Betrieb keine Öko-Regelungen, muss dieser ab 2023 auf 37% seiner aktuellen Prämien verzichten. Mit den Öko-Regelungen verliert er 12%. Beim Betrieb mit 500 ha landwirtschaftlicher Fläche steigt der Prämienrückgang ohne Öko-Regelungen von 14 auf 39% im Vergleich zur gegenwärtigen GAP-Periode.

Mehr Geld gibt es künftig für Junglandwirte (jünger als 40 Jahre). Die Prämien steigen von auf 70 €/ha für maximal 120 ha. Aktuell gibt es 44 €/ha für 90 ha. Für Junglandwirte, die bis zu 110 ha bewirtschaften und an den Öko-Regelungen teilnehmen, zeigen unsere Berechnungen sogar wachsende Prämien ab 2023.

2% der Gelder aus der 1. Säule möchte die Bundesregierung ab 2023 für gekoppelte Zahlungen reservieren. Mit dem Geld will sie Weidetierhalter entlasten. Für Schafe und Ziegen soll es 30 € pro Tier und für Mutterkühe 60 € pro Tier geben.

Auf Eco-Schemes kommts an

Die Kalkulationen zeigen: Die Eco-Schemes sind entscheidend für die Förderhöhe der deutschen Betriebe. Allerdings sind die Öko-Regelungen bislang der blinde Fleck in der nationalen Umsetzung der GAP-Reform.

Zwar haben sich BMEL und das Umweltministerium bereits auf eine Liste von Maßnahmen für die Öko-Regelungen geeinigt. Wichtige Details sind jedoch weiterhin unklar. „Bisher gibt es nur Überschriften“, ergänzt der Kieler Agrarökonom, Latacz-Lohmann. Die genauen Details will die Bundesregierung in einer Verordnung regeln. „Mit deren Verabschiedung wird aber erst im Herbst dieses Jahres gerechnet. Nur eines steht fest: Die Teilnahme ist freiwillig“, so Latacz-Lohmann.

Die vorläufige Liste der Öko-Regelungen ist bundesweit einheitlich und umfasst die folgenden Maßnahmen:

  • Erhöhung des Umfangs der nichtproduktiven Flächen und Landschaftselemente auf über 3% der Ackerfläche,



  • Anlage von Blühstreifen oder -flächen auf Ackerland und in Dauerkulturen sowie Altgrasstreifen oder -flächen in Dauergrünland,



  • Anbau vielfältiger Kulturen mit mindestens fünf Hauptfruchtarten im Ackerbau einschließlich des Anbaus von Leguminosen mit einem Mindestanteil von 10% der Fläche,



  • Extensivierung von Dauergrünland: weniger Mahd, Düngung oder Weidenutzung,



  • Erhalt von Agroforstsystemen auf Ackerland,



  • Grünlandextensivierungen, die auf bestimmte Zielarten ausgerichtet sind,



  • Verzicht auf Pflanzenschutzmittel in bestimmten Kulturen und



  • Ausgleich für besondere Bewirtschaftung in Natura 2000-Gebieten.

Wie Bund und Länder die Öko-Regelungen konkret umsetzen, ist indes noch unklar. Eine Möglichkeit: Landwirte haben für jeden Hektar Betriebsfläche ein Maximalbudget (nach DBV-Rechnungen 66 €/ha). Dieses Budget können sie mit verschiedenen Maßnahmen aus der Liste füllen. Für so ein gedeckeltes Förderbudget tritt der Bauernverband ein. Nutzen Landwirte die Öko-Regelungen dann nicht komplett aus, würde am Jahresende Geld übrigbleiben. „Für Agrarpolitiker wäre das eine Katastrophe, denn nicht verausgabte Mittel fließen (nach einer zweijährigen „Lernphase“) an die EU-Kommission zurück“, merkt Latacz-Lohmann an.

Gibt es die betriebliche Obergrenze nicht, dürften die Landwirte das Budget für die Öko-Regelungen überzeichnen. Die Politik hat 25% der 1. Säule-Gelder für die Öko-Regelungen vorgesehen (s. „Ausgerechnet“ auf Seite 46). Überzeichnen die Landwirte das vorgesehene Budget, reichen 25% der 1. Säule nicht aus, um die Nachfrage zu bedienen. Latacz-Lohmann warnt: „In der Konsequenz müsste die Basisprämie weiter gekürzt werden.“

Anreiz für Öko-Regelungen?

Ebenfalls unklar: Wie viel Geld bekommen Landwirte für die einzelnen Maßnahmen? Die EU sieht vor, Eco-Schemes kostendeckend zu entlohnen. Das heißt, dass Landwirte keine zusätzlichen Gewinne mit der Produktion von Gemeinwohlleistungen erwirtschaften könnten. „Eine Anreizkomponente für die Teilnahme an den Eco-Schemes zu gewähren, ist richtig. Schließlich liefern sie ja eine von der Gesellschaft nachgefragte Leistung“, findet Latacz-Lohmann.

Auch der Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Jochen Flasbarth, setzt sich in Brüssel gemeinsam mit dem BMEL für die Anreizkomponente ein. In einem Interview mit AgE sagte er kürzlich: „Sollte es jetzt lediglich zum reinen Ausgleich des Einkommensverlustes kommen, ist das nicht im Sinne einer klima- und umweltverträglicheren Neuausrichtung der Landwirtschaft.“ Bislang stellt Brüssel auf stur und verweist auf Regeln der Welthandelsorganisation WTO. Eine Anreizkomponente bei den Öko-Regelungen würde gegen diese verstoßen.

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Kurz kommentiert

von Konstantin Kockerols

Öko-Regelungen bieten den Bauern Chancen, mit Umweltleistungen Geld zu verdienen. Gleichzeitig könnten sie Verluste bei der Basisprämie abpuffern. Noch sind die Öko-Regelungen aber die große Unbekannte in der Formel zur GAP-Reform. Berlin und Brüssel sollten Klarheit schaffen, nach welchem System und in welcher Höhe die Maßnahmen entlohnt werden. Eine Anreizkomponente wird die Akzeptanz unter den Bauern erhöhen. Nehmen viele Landwirte an den Maßnahmen teil, ist im Idealfall den Bauernfamilien und der Umwelt gedient. Gerade deshalb ist es wichtig, hier ganz genau hinzuschauen.

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Ausgerechnet: Die Prämien im Detail

Wie viel Geld ist da?

In Deutschland stehen jedes Jahr gut 6 Mrd. € für die GAP zur Verfügung. Davon landen 4,9 Mrd. € in der 1. Säule. Daraus finanziert die EU die Direktzahlungen für die Landwirte. Ab 2023 wird der Bund 10% (bis 2026 15%) der 1. Säule-Gelder in die 2. Säule der GAP umschichten. Bleiben gut 4,4 Mrd. € für die Direktzahlungen. Das BMEL spricht bei diesem Betrag von der Netto-Obergrenze und leitet davon die Prämienhöhen für die Landwirte ab.

Was gibts pro Hektar?

Und die ändern sich ab 2023 deutlich. Denn zukünftig bleiben 58% oder gut 2,5 Mrd. € der 1. Säule für die Basisprämie übrig. Bei 16,7 Mio. ha landwirtschaftlicher Nutzfläche in Deutschland sind das zwischen 150 und 160 € pro ha. Die übrigen 42% der 1. Säule teilen sich wie folgt auf: 25% für Öko-Regelungen, 12% fließen in die Umverteilungsprämie für die ersten Hektare, 3% kommen der Junglandwirteförderung zugute und 2% wandern in eine gekoppelte Weidetierprämie. Was das pro Hektar und Tier heißt, geht aus Übersicht 1 hervor.

Strengere Auflagen

Wer Prämienempfänger bleiben will, muss künftig mehr für Umwelt- und Klimaschutz tun als bisher. Unter dem Schirm der „erweiterten Konditionalität“ fasst Brüssel ab 2023 die Auflagen der Cross Compliance und des Greenings zusammen und geht an einigen Stellen über sie hinaus. Unter anderem sollen Landwirte 3% ihrer Ackerflächen als nichtproduktive Flächen vorhalten. Das heißt: Flächen stilllegen.

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