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Hauptalmbegehung

Özdemir, Söder, Aiwanger und Kaniber in den Bergen - Bauern erwarten nichts mehr von Politik

Politprominenz wanderte am Mittwoch, den 02.08, in der Gemeinde Flintsbach am Inn bei der Hauptalmbegehung durch die Berge. Der Frust bei den Bauern sitzt tief, die Forderungsliste ist lang.

Lesezeit: 6 Minuten

"Der sieht ja aus wie Donald Trump!", sagte ein Mann, als er am Mittwoch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder bei der diesjährigen Hauptalmbegehung des Almwirtschaftlichen Vereins Oberbayern im Sudelfeld entdeckte. Neben dem Landesvater im Freizeitlook - Blaue Jacke mit Bayernwappen - waren u.a. auch Bundesagrarminister Cem Özdemir und Landesagrarministerin Michaela Kaniber dabei.

Özdemir gab sich laut der Münchner Abendzeitung auf der Almwiese versöhnlich und verständnisvoll: "Landwirtschaft ist hart. Almwirtschaft ist noch mal einen Zacken härter." Er wisse, dass das Thema Wolf gerade den Almbauern auf den Nägeln brennt. Für ihn sei die Sache klar, die jetzige Rechtslage gebe sogar her, dass man ganze Rudel entnehmen könne, sagte er der AZ. "Ich sage nur: machen!"

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Dass allein das amtliche Procedere um die Entnahme des Traunsteiner "Problemwolfs" mehrere Monate dauerte und Tierschützer erfolgreich gegen die Entnahme geklagt hatten, dazu sagte er laut der Zeitung kein Wort. Özdemir sei am Sudelfeld grundsätzlich freundlich begrüßt worden, wenn auch der Beifall für ihn etwas verhalten ausfiel.

Aggressive Stimmung im Festzelt

Buhrufe, "Hau ab-Chöre" und ein Pfeifkonzert gab es tags zuvor im Festzelt in Hart bei Chieming für Özdemir. Zahlreiche Landwirte hatten sich vorab über die Sozialen Medien verabredet. Vor dem Zelt standen Traktoren mit Protestplakaten, an einem Stand gab es Eier und Steine.

Auslöser war nicht allein Unzufriedenheit über die Landwirtschaftspolitik der Grünen, sondern offenbar auch das "Hendlgate" - die Grünen setzten im Festausschuss durch, dass es am Dienstag kein Hendl geben sollte.

Nun sitzt der Schock bei vielen Grünen tief. "Wenn Steine zum Mitnehmen bereitliegen am Eingang einer politischen Veranstaltung, dann ist eine Grenze erreicht. Das ist eine Einladung, diesen Stein auch zu werfen. Die Verrohung des politischen Diskurses macht mir große Sorgen", sagt die bayerische Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze. Die Polizei sprach von einer grenzwertigen Lage.

Harte Worte von Kaniber

Bei der Almbegehung am Mittwoch war die Stimmung dagegen grundsätzlich entspannt, es habe "Bravo-Rufe" zur Rede von Landwirtschaftsministerin Kaniber gegeben, wie das Ministerium im Nachgang betont und damit anderslautende Presseberichte zurückweist.

Kaniber zeigte sich angriffslustig: Sie warf dem Grünenpolitiker vor, dass aus den ganzen Ankündigungen nichts geworden sei. "Sie bauen die Nutztierhaltung knallhart in einer Geschwindigkeit ab!", echauffierte sich die CSU-Ministerin. Deutschland habe inzwischen mehr Wölfe als Schweden und Norwegen zusammen, "verdammt noch mal!"

Sie begrüße ausdrücklich, dass Özdemir die ganze Wanderung mitgemacht habe. Dann hätten die Bäuerinnen und Bauern noch mal die Gelegenheit, ihm ihre Meinung mitzuteilen.

Manche Almbauern hätten schon längst resigniert, von der Politik wollten sie nichts mehr wissen, heißt es in dem Artikel. "Ich glaube die wollen überhaupt nicht mehr, dass hier was produziert wird", sagte ein Almbauer aus dem Landkreis Miesbach. "Da gibt einer bloß dem anderen die Schuld."

Applaus für Aiwanger

Auf Rückendeckung der Bauern kann dagegen Hubert Aiwanger (Freie Wähler) zählen. Der Staatsminister für Wirtschaft hatte gleich ein Thema: "Wir meinen, das Weltklima zu retten, wir meinen den Weltfrieden sichern zu können, aber sind nicht einmal in der Lage, den Wolf in den Griff zu kriegen." Landwirte lobten auf Nachfrage der Zeitung, dass Aiwanger wisse, wovon er redet. Viele Berufskollegen schätzen seine Klarheit. Bei Kaniber fehle vielen, dass sie auch zu dem stehe, was sie sagt.

Klare Ansage vom Bauernverband

Günther Felßner, Präsident des Bayerischen Bauernverbandes erinnerte die anwesenden Ehrengäste daran, wie sehr die Berglandwirtschaft das Bild von Bayern prägt und das sie nur durch die Arbeit der Bauern erhalten bleibt.

Der Bauernverband hatte sich laut Felßner deshalb dafür eingesetzt, dass bei der seit 2023 gültigen, neuen EU-Agrarpolitik eine Grünland-Klimaprämie eingeführt wird. „Politik und Wissenschaft erklären gern und oft, wie wichtig Wiesen und Weiden für die Kohlenstoffbindung sind und welch wertvollen Beitrag sie zum Klimaschutz leisten. Aber dann braucht es auch bei der deutschen Umsetzung der EU-Agrarpolitik auch eine angemessene Förderung!“, sagte der Verbandsvertreter und forderte entsprechende Anpassungen von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, um Grünlandbetriebe und Milchviehhalter zu unterstützen.

Stattdessen setze Özdemir durch das geplante neue Tierschutzgesetz die Zukunft von Tausenden kleinen Betriebe mit Weidehaltung und Almwirtschaft aufs Spiel, beklagt der BBV in dem Zusammenhang. „Das geplante Aus für die Anbindehaltung bei Rindern wäre in der aktuell diskutierten Form das Todesurteil für viele kleine Betriebe, die ihre Tiere im Sommer austreiben und im Winter im Stall halten“, kritisierte Felßner und forderte: „Statt eines fixen Ausstiegstermins braucht es generationengerechte Lösungsansätze und eine dauerhafte Absicherung der Kombinationshaltung mit Bewegung!“

Über das Wohl und Wehe der Weidewirtschaft in den Bergen entscheidet auch der Umgang mit Wildtieren. „Auch nach ihrer Rückkehr nach Bayern und in den Alpenraum sind Wolf und Bär weiter die heiligen Kühe des Naturschutzes. Damit in Zukunft weiter echte Kühe auf den Almen grasen können, muss der hohe Schutzstatus endlich angepasst werden Zum Erhalt der Weidewirtschaft brauchen wir praktikable Regelungen beim Wolf und auch Möglichkeiten zur Bestandsregulierung“, sagte Felßner. Der Bauernverband fordert deshalb, dass der strenge Artenschutz gelockert wird und diese Tiere notfalls auch erlegt werden dürfen.

LVÖ wünscht sich für Bayern eine Öko-Prämie für Almflächen

Thomas Lang, Vorsitzender der Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern (LVÖ) war auch dabei und überzeugte sich vor Ort davon, dass Almwirtschaft und ökologischer Landbau ideal zusammenpassen.

"Die extensive Bewirtschaftung der Almen und Alpen ist nah dran an der ökologischen Wirtschaftsweise. Für eine Umstellung auf Bio wären nur ein paar wenig Anpassungen nötig – von denen allerdings sowohl Bewirtschafter als auch alpine Pflanzengesellschaften profitieren würden", sagte er.

Viele Bergbauern wollten diesen Schritt gehen und sowohl ihre Alm als auch ihren Talbetrieb auf Bio umstellen. Doch dem stehe aktuell die bayerische Förderpolitik im Weg: Auf Almflächen darf keine Öko-Förderung beantragt werden. Das schließt auch die Umstellung des Talbetriebes aus, da nach bayerischen Fördervorgaben für die ökologische Landwirtschaft immer der Gesamtbetrieb umgestellt werden muss.

"Letzteres ist gut und richtig so. Für die höheren Anforderungen der ökologischen Bewirtschaftung muss es deshalb endlich auch auf den Almen einen finanziellen Ausgleich geben, also eine Öko-Prämie auf Alm- und Alpflächen. Ich bin mir sicher, dass die Fläche der ökologisch bewirtschafteten Bergweiden dann in Kürze rasch anwachsen würde und wir dem Ziel 30% Ökolandbau bis 2030 wieder ein Stück näherkämen“, so Lang.

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