Bauernproteste
Klöckner will vom Handel Vorschlag für einen Verhaltenskodex
Landwirtschaftsministerin Klöckner fordert vom LEH Vorschläge für neue Lösungen in den Handelsbeziehungen. Sie sollen den Bauern mehr Wertschöpfung bringen. Sie warnt davor, auf Zeit zu spielen.
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat den Handel am Dienstag erneut aufgefordert, bei der Erarbeitung eines Verhaltenskodex für ein faires Miteinander mit der Landwirtschaft verbindlicher zu werden. "Der Handel ist jetzt gefordert, konkrete Maßnahmen auf den Tisch zu legen. Ich erwarte, dass er jetzt endlich bereit ist, einen Verhaltenskodex mit den Landwirten zu vereinbaren. Zeit genug ist gewesen", sagte sie.
Absage an einen Mischfonds aus Wirtschaft und Steuerzahlergeld
Bereits bei einer Videokonferenz mit den Spitzen des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) kurz vor Weihnachten hatte die Ministerin die Unternehmen sowie die Handelsverbände aufgerufen, konkreter zu werden und nicht auf Zeit zu spielen. Zudem solle der Handel nicht mit der Forderung ablenken, der Staat solle in einen Fonds einzahlen, um die Bauernproteste vor den Lebensmittellagern abzuwenden, hatte sie gesagt. Ein Mischfonds aus Wirtschaft und Steuerzahlergeld sei rechtlich problematisch und mit dem gerade erst verabschiedeten Haushaltsgesetz nicht vereinbar. Die Politik komme ihrer Aufgabe mit vielfältigen Hilfen, Programmen, Zuschüssen sowie den europäischen Direktzahlungen für Landwirte nach, so Klöckner.
Bundestag könnte UTP-Regeln noch verschärfen
Außerdem verweist Klöckner auf den Kabinettsbeschluss des Gesetzes, welches die UTP-Richtlinie in Deutschland umsetzt und damit zahlreiche unlautere Handelspraktiken verbietet. Dazu gehören kurzfristige Stornierungen, lange Zahlungsziele für verderbliche Waren oder einseitige Änderungen der Lieferbedingungen. Jetzt liege es am Handel, darüber hinaus zu gehen und weitere Verhaltenspraktiken - auch der sogenannten grauen Liste - in verbindlicher Selbstverpflichtung mit den Landwirten zu regeln, so Klöckner. Weitere gesetzliche Regelungen könne es außerdem noch bei der Behandlung des Gesetzes zu unlauteren Handelspraktiken im Bundestag geben, erwartet sie.
Handel soll Verhaltenskodex im Januar vorlegen
Schon Anfang Dezember hatte es ein erstes Treffen von Klöckner und den LEH-Spitzen gegeben. Das Agrarministerium hat nach eigenen Angaben bereits Vorschläge für einen Verhaltenskodex vorgelegt. Klöckner forderte die Handelsverbände auf, ihr im Januar einen Vorschlag für einen Verhaltenskodex zu unterbreiten, den sie dann mit dem ihres Ministeriums abgleichen und in einer gemeinsamen Runde mit Landwirten und dem Bundeskartellamt besprechen wolle.
In einem solchen Verhaltenskodex sollten laut Klöckner Themen enthalten sein wie die gerechte Verteilung der Erlöse, die Standardsetzung mit angemessener Honorierung sowie der umfassende Ausschluss unfairer Handelspraktiken. Außerdem sollten die Aspekte „Mehr Wertschätzung für Lebensmittel“, die Stärkung regionaler Lieferketten und die Würdigung der nationalen Herkunft aufgenommen werden, schlägt Klöckner vor.
Unterstützung von Connemann, Stegemann und Breher
Unterstützung bekommt Klöckner von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. „Wenn die Großen Vier es ernst meinen, legen sie jetzt einen eigenen Verhaltenskodex auf den Tisch“, erklärten Gitta Connemann, Albert Stegemann und Silvia Breher. Darin sollten sich die Handelsunternehmen laut den Bundestagsabgeordneten auf folgende vier Punkte verpflichten:
- Landwirte und ihre Vermarktungsorganisationen werden auf Augenhöhe behandelt. Preise werden nicht diktiert, sondern verhandelt. Preiserhöhungen kommen auch den Landwirten zugute.
- Standards werden nach wissenschaftlichen Erkenntnissen und mit Augenmaß gesetzt. Wer die Musik bestellt, bezahlt diese. Erhöhte Standards und der damit verbundene Mehraufwand werden vergütet.
- Unfaire Handelspraktiken werden nicht angewendet. Insoweit werden die Vorgaben des Gesetzentwurfs zur Umsetzung der UTP-Richtlinie beachtet. Und die Handelspraktiken der sog. „Grauen Liste“ werden wie die Praktiken der „Schwarzen Liste“ als verbindlich beachtet.
- Qualitätsmerkmale wie Herkunft, Regionalität, Tierwohlhaltung, Nachhaltigkeit etc werden für Verbraucherinnen und Verbraucher kenntlich gemacht. So haben diese eine echte Auswahlentscheidung.
Handelsgipfel in Niedersachsen am 13. Januar
Auch Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast äußerte am Dienstag Verständnis für die aktuellen Bauernproteste. Sie will am 13. Januar in einer Videokonferenz mit Handel, Verarbeitern und Landwirten sprechen. „Dann geht es um Strategien für Gemüse, Milch und Fleisch“, sagte sie, schickte aber gleich hinterher: „Ich nehme die Sorgen der Bauern ernst – aber Politik macht keine Preise.“
Verhaltenskodex reicht Grünen nicht aus
Den Grünen reicht Klöckners Engagement für einen freiwilligen Verhaltenskodexe nicht aus. „Runde Tische und Bittstellungen reichen gegenüber dem Handel nicht aus, um einen fairen Umgang miteinander in der Wertschöpfungskette zu erreichen“, sagte der agrarpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Friedrich Ostendorff. Um den Bäuerinnen und Bauern wirksam zu helfen, müsse weiter über die Mindestanforderungen der UTP-Richtlinie hinausgegangen werden, forderte er. „Sämtliche Praktiken der sogenannten grauen Liste, beispielsweise Listungsgebühren, sollten gänzlich verboten werden“, so Ostendorff.
Außerdem will Ostendorff auch das Verhältnis von Verarbeitern und Landwirtschaft auf den Prüfstand stellen. „Besonders die großen Molkereien verhalten sich unfair gegenüber ihren Lieferanten, indem sie oft erst Wochen nach der Anlieferung den Auszahlungspreis für die Milch festlegen“, sagte er. Es brauche mehr Fairness entlang der gesamten Wertschöpfungskette, und dies gesetzlich verankert.
ISN: Klöckner muss moderieren

Dr. Torsten Staack (Bildquelle: ISN)
Die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) begrüßte das Vorgehen der Ressortchefin. „Es ist genau richtig, dass Ministerin Klöckner in der Frage der Handelspraktiken die Moderatorenrolle einnimmt und den Lebensmitteleinzelhandel nicht mit Scheinangeboten aus der Verantwortung entlässt“.
Wichtig sei Klöckners Moderation auch deshalb, damit der Lebensmitteleinzelhandel nicht mit weiteren Scheinangeboten auftrete, die am Ende rechtlich keinen Bestand hätten und wieder verpufften. „Und ganz nebenbei werden dabei auch noch die Versuche des Handels unterbunden, die Landwirtschaft zu spalten", betonte ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack.
Jetzt müssten endlich konkrete und verbindliche Vorschläge auf den Tisch, die der heimischen Landwirtschaft auch langfristig eine auskömmliche Perspektive böten. „Und diejenigen Einzelhändler, die sich dem verschließen wollen, seien gewarnt - denn sie können getrost davon ausgehen, dass die Landwirtschaft vor ihren Toren aufschlagen und ihnen auf den Zahn fühlen wird", so Staack.
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Eigenmarken abschaffen,
Die totale Austauschbarkeit unserer Lebensmittel wurde erst durch die Eigenmarken des LEH geschaffen.
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ANDERE
Es ist immer wieder dasselbe. Wir müssen andere vorschicken für uns die Feuer aus den Kohlen zu holen. ISN, wenn ich das schon lese, die sollen selbst Ideen entwickeln, haben keine, saugen viel Geld und bringen rein gar nichts. Warum muss der Handel was vorlegen, warum legen wir nicht ... mehr anzeigen selbst etwas vor? Warum nicht?.... weil wir keine Ideen haben, und uns niemals einig werden weniger anzeigen
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von Hans Spießl
ja richtig
Die Bauern hätten als eine Systemrelevante Branche im Grunde sehr gute Möglichkeiten zB Produktionsdrosselung sag ma mal auf so 75% (Milch ginge das Sofort).... oder einmal 1 Jahr keine neue Maschine..... aber dies wird niemals Passieren ... mehr anzeigen da ja die Bauern Funktionäre da schon niemals Mitmachen werden, da diese ja auch Abhängig sind...... Siehe die Zeit um 1900 da gab es trotz Armut und Hunger sogar Brache auf guten Standorten da ja damals unsere "Kühe schon am La Plata geweidet haben", und die Ukraine Getreide lieferte...... Erst nachdem dieser damals schon kranke Welthandel ( Globalisierung und Kolonialisierung ) wie derzeit, zusammengebrochen war wurde es besser..... weniger anzeigen
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von Hans Spießl
Das Handeln der Klöckner
hat absolut keinen Wert, mit einem Rücktritt würde die dem Bauernstand am besten Dienen. Sicher muß sie ja Ministerbedingt zu diesen Situationen derzeit ein wenig Agieren - mehr ist es aber nicht. Hilfen, Direkthilfen lehnt sie ja ab mit der ... mehr anzeigen Begründung die Bauern bekommen ja schon genug...... ja wer den unter den Bauern - die sowieso vollständig Überflüssigen Bio Bauern die das Volk nicht ernähren.... weniger anzeigen
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aufnehmende Hand
Müssen wir da was ändern? Sind unsere Molkereien und Handelshäuser zu schwach um die benötigten Preise umzusetzen? Liegt es doch an der Politik, die Importe aus Niedriglohnländern und geringeren Standards zulässt?
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von Wilhelm Grimm
Wir Landwirte haben ZWEI (2) Hauptprobleme:
Die Marktmacht des LEH und die politische Macht der EU-Kommission, die von den NGOs unterwandert ist.
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von Hans Spießl
Richtig
so sehe ich die Situation schon lange. Die Briten haben diesen Wahn bald hinter sich und die Deutschen lassen sich weiterhin Vorschriften machen, sind Zahlmeister etc...... alleine daran ist ja erhebliche kollektive Dummheit zu erkennen
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von Willy Toft
Heere Ziele, ob der Staat sich mit einbringt, und die übertriebenen Restriktionen zurücknimmt?
Auf Zeit sollte kein "Teilnehmer" mehr spielen, die Hütte brennt schon! Wir müssen schon mit Feuerlöscher am Verhandlugstisch sitzen, sonst geht wieder alles in Klein- Klein unter! Wir können die Kosten nicht mehr minimieren, sie sind einfach da! Uns muss endlich mal eine ... mehr anzeigen vernünftige Marge eingräumt werden! weniger anzeigen
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von Ottmar Ilchmann
Frau Klöckner warnt davor,
auf Zeit zu spielen! Das ist lustig! Sie und ihre Unionsvorgänger im Amt spielen seit 15 Jahren auf Zeit und mit den Existenzen von Bauernfamilien. Die Ministerin soll nicht moderieren und appellieren, sondern handeln und gestalten. Dafür werden Politiker gewählt.
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von Hans Spießl
Nein die kann/darf nicht Handeln für die Bauern
Klöckner würde mit Ihrem Rücktritt dem Bauernstand am besten Dienen
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von Christian Bothe
Klöckner moderiert?
Genauso ist es wie Sie es darstellen Herr Ilchmann. So oder so ähnlich war es auch in meinem Kommentar in der Top agrar 11/20 u.a. veröffentlicht. Das Klöckner den LEH warnt, ist an sich schon belustigend. Deshalb hat ALDI gleich einmal einen französischen Lebensmittelkonzern gekauft. ... mehr anzeigen Was glauben denn die Damen und Herren in Berlin, warum sie so etwas tun? Mal sehen, ob UTP-Richtlinien geändert werden...Aber das Grundübel der Entwicklung unserer LW sind verschärfte (auch unsinnige) Regularien Deutschland's und der EU, welche die Kosten der Erzeugung tierischer und pflanzlicher Produkte in die Höhe treiben, unabhängig von Betriebsgröße. Mit dem neuzeitlichen Etikett CO2 werden dann noch die Umweltstandards erhöht, eine neue DüVo in Kraft gesetzt, und Tierhalter verpflichtet Investitionen erneut zu tätigen, um unseren Nutztieren ein noch besseres Leben zu ermöglichen, was diese schon haben, weil jeder Bauer sich bemüht seine Tiere optimal zu halten und zu versorgen(das macht er schon seit Jahrhunderten). Berlin und Brüssel sollten die Zielorte für Proteste von LsV u.a. sein und erst dann die Verarbeiter und der LEH und zwar in dieser Reihenfolge. Auch der DBV muß sich dazu ordentlich positionieren! weniger anzeigen
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von Rudolf Rößle
Wie
wäre es, wenn die verarbeitende Industrie die Vollkosten der Landwirte in ihr Preissystem übernimmt und der Handel Richtlinienpreise einhalten muss. Im Gegenzug wird Überproduktion vermieden.
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von Bernhard ter Veen
so sollte es doch sein...
Vollkostenberechnung anhand von Real-Zahlen plus Gewinnzuschlag = Mindestabgabe für die LW bzw. Einkaufspreis der Verarbeitenden Unternehmen... Punkt. Und dann kann sich der LEH ja mit den Schlachtern oder Molkereien oder den Gemüse-Grosshändlern über deren eigene Preispolitik ... mehr anzeigen streiten. Dann spielen Staatliche oder EU-Subventionen keine Rolle mehr. ...und ALLE profitieren... -bleibt wohl nur n Traum- weniger anzeigen
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