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Kolumne: Die durchwachsene Bilanz zu Agrarminister Özdemir

"Ein Hauch von Pippi Langstrumpf weht durch die Berliner Wilhelmstraße", meint Rainer Münch. Eine Kolumne.

Lesezeit: 2 Minuten

Nicht nur im Fußball, auch in der Agrarpolitik sind die Zeiten nicht mehr die, die sie mal waren. WM im Sommer, mehr als drei Spiele der deutschen Mannschaft, grüne Landwirtschaftsminister, von den Umweltlern gefeiert und den Agrariern in die Wüste gewünscht – lang, lang ist’s her.

Greenpeace hat Cem Özdemir anlässlich von dessen einjährigem Amtsjubiläum ein bedenkliches Zwischenzeugnis ausgestellt. In der Schule wäre seine Versetzung demnach höchst gefährdet.

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Die Umweltorganisation bezichtigt den befreundeten grünen Landwirtschaftsminister der Tatenlosigkeit und hält ihm ­Hasenfüßigkeit gegenüber Agrarindustrie und Bauernverband vor. Letzterer verweist demgegenüber beständig auf offene Ministerohren, lobt dessen kooperativen Politikstil und sieht der Umsetzung bäuerlicher Anliegen ungeduldig, aber hoffnungsfroh entgegen.

Der Raiffeisenverband als Speerspitze der Agrarindustrie spricht von einem verlorenen Jahr und will endlich Konkretes zum anstrengenden Umbau von Agrar- und Ernährungswirtschaft sehen. Ball verkehrt in Berlin!

Einst zur Landwirtschaft gekommen wie die Jungfrau zum Kinde, ficht den Minister die Kritik nicht an. Dem Vorwurf der wortreichen Tatenlosigkeit begegnet er mit dem Hinweis auf 20 Rechtssetzungsverfahren, die sein Haus binnen ­eines Jahres in den Bundesrat eingebracht habe, darunter zwei Verwaltungsvorschriften, 15 Verordnungen und drei Gesetzentwürfe.

Das Unverständnis, bei den Kennzeichnungsregelungen die inständig vorgebrachten Verbesserungsvorschläge der geballten Agrarwelt zu ­ignorieren, pariert Özdemir mit der ­Zustimmung zu der Vorlage in der Länderkammer. Dort fand die Ausschussempfehlung, den Gesetzentwurf in Gänze abzulehnen, allerdings nur deswegen keine Mehrheit, weil Grüne in den vielen bunten Länderkoalitionen für die not­wendige Zahl an Enthaltungen in der ­Abstimmung sorgten. Knapp 60 Änderungsanträge im Bundesrat könnten ein Indiz dafür sein, dass der Entwurf aus Ländersicht eher schlecht als recht ist.

Keinen Zweifel lässt der Minister an seiner Wertschätzung für die Borchert-Kommission und dessen Vorsitzenden. Deren Vorschläge lobt Özdemir regelmäßig in höchsten Tönen. Dass die Kommission einschließlich ihres Vorsitzenden mit dem Stand der Umsetzung allerdings überaus unzufrieden ist, am politischen Ampelwillen ernste Zweifel angemeldet und bis zum Beweis des Gegenteils die Arbeit eingestellt hat, lässt der Minister unerwähnt. Ich mach’ mir die Welt ­Widdewidde wie sie mir gefällt. Ein Hauch von Pippi Langstrumpf weht durch die Berliner Wilhelmstraße.

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