Trotz Strukturwandel bleibt die Landwirtschaft ein entscheidender Einflussfaktor in der ländlichen Entwicklung. In einer Langzeitstudie haben Wissenschaftler das Landleben und die Dorfentwicklung von 1952 bis 2012 begleitet. Agrarminister Schmidt fordert als Konsequenz mehr Wirtschaftsförderung und Breitbandausbau.
Pauschalurteile über ausblutende ländliche Räume auf der einen Seite oder einem idyllischen Landleben auf der anderen Seite stimmen in Deutschland mit der Realität nicht überein. Das haben Wissenschaftler von sieben Forschungseinrichtungen in einer Langzeitstudie unter dem Titel „Ländliche Lebensverhältnisse im Wandel 1952, 1972, 1993 und 2012“ herausgefunden. „Die Studie macht sehr heterogene ländliche Entwicklungen deutlich, die in weiten Teilen nicht mit dem landläufigen Bild ländlicher Entwicklungen übereinstimmen“, schreiben die Wissenschaftler zusammenfassend. Ihre Ergebnisse haben sie in dieser Woche in Berlin diskutiert.
Konflikte mit der Landwirtschaft
Die Landwirtschaft spielt trotz des Strukturwandels mit immer weniger und größer werdenden Betrieben immer noch eine gewichtige Rolle im Leben der Bewohner der ländlichen Räume. „Unabhängig von der Anzahl der Betriebe und der Struktur beeinflusst die Landwirtschaft durch die an den betrieblichen Erfordernissen orientierte landwirtschaftliche Flächenbewirtschaftung das landschaftliche Umfeld der Orte. Damit sind potenzielle Konfliktfelder benannt: Die Wohnbevölkerung der Orte hat ein sehr emotionales Verhältnis zum Landschaftserleben entwickelt und lehnt mehrheitlich Veränderungen der Landschaft ab“, schreiben die Wissenschaftler in ihrem Abschlussbericht.
Schmidt will mehr Geld für den ländlichen Raum
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt sagte zu den Untersuchungsergebnissen: „Die gute Nachricht ist: Unsere Dörfer bieten Lebensqualität und Zukunft für viele Menschen. Eine generelle Entvölkerung der ländlichen Regionen ist nicht zu befürchten.“ Als Hauptaufgabe der Politik im ländlichen Raum sieht Schmidt die Förderung der ländlichen Wirtschaft an. Außerdem müsse vor allem der Breitbandausbau auf dem Land vorangebracht werden. Er wolle sich in den anstehenden Haushaltsberatungen in Berlin dafür einsetzten, zusätzliche Mittel dafür zu bekommen.
Für die Verbundstudie hatten seit 1952 Wissenschaftler in Abständen von 20 Jahren die Lebensverhältnisse in immer denselben zehn westdeutschen und seit 1993 auch in vier ostdeutschen Orten untersucht. Koordiniert hat die aktuelle Untersuchungsfolge, an der sieben deutsche Forschungseinrichtungen beteiligt waren, das Thünen-Institut für Ländliche Räume in Braunschweig.