Die Umsetzung der Brüsseler Umweltvorschriften macht den EU-Mitgliedstaaten nach wie vor am meisten zu schaffen. Das geht aus dem entsprechenden Jahresbericht der Europäischen Kommission für 2012 hervor, der vergangene Woche veröffentlicht wurde.
Danach liefen in der Umweltpolitik Ende letzten Jahres insgesamt 272 Vertragsverletzungsverfahren - mehr als in jedem anderen Politikbereich, noch vor Verkehr, Steuern und Binnenmarkt. Die Kommission kritisierte vor allem Missstände beim Wasser- und Naturschutz, bei der Abfallverwertung sowie bei der Luftreinhaltung. Im Verbraucher- und Gesundheitsschutz zählt die Kommission 98 offene Verfahren, davon etwa 70 % wegen unzureichender Rechtssetzung in den Bereichen Lebensmittelsicherheit, öffentliche Gesundheit und Tierschutz.
2012 wurden unter anderem Verfahren gegen 13 EU-Mitgliedstaaten eröffnet, weil sie zum Jahreswechsel 2011/12 die Batteriehaltung von Legehennen noch nicht vollständig abgeschafft hatten. Nachdem die meisten der betroffenen Länder in den Folgemonaten Vollzug meldeten, wurde der Großteil der Vorgänge noch vor dem Jahresende eingestellt. Im Bereich Landwirtschaft und ländliche Entwicklung gab es Ende vergangenen Jahres 26 offene Vertragsverletzungsverfahren.
Unter anderem verwarnte die Kommission Frankreich, weil Milcherzeuger, die ihre betriebseigene Garantiemenge übertrafen, mit einer Superabgabe belegt wurden, obwohl keine Überlieferung der nationalen Milchquote stattfand.
Schärfere Kontrollen gefordert
Ferner wurden Mitgliedstaaten angehalten, die Einhaltung der Vorschriften im ökologischen Landbau schärfer zu kontrollieren. Zuvor waren Betrugsfälle mit falsch deklarierten Produkten aus konventioneller Landwirtschaft bekanntgeworden.
Im Bereich Direktzahlungen bestätigte der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Auffassung der Kommission, dass verhängte Sanktionen nur eine verwaltungstechnische Maßnahme darstellen: Wenn ein Landwirt überzogene Flächenangaben macht und dafür im Nachhinein Strafzahlungen an die zuständige Behörde leisten muss, ist er damit laut Kommission nicht gegen ein zusätzliches Strafverfahren nach nationalem Recht gefeit.
Bezogen auf die 1 343 über alle Politikbereicheoffenen Verfahren lag Deutschland im oberen Mittelfeld: 61 waren es. Die Bundesrepublik lag damit gleichauf mit Großbritannien und schnitt geringfügig besser ab als Frankreich. Österreich lag mit 51 offenen Verfahren zwar hinter Deutschland, schnitt aber im Vergleich mit anderen Ländern ähnlicher Größe relativ schlecht ab. Mit jeweils mehr als 90 Vertragsverletzungsverfahren mussten Italien, Belgien und Spanien kämpfen. (AgE)