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Lass uns reden​

QS-Chef Hinrichs: "Lebensmittel sind ein Resultat täglicher harter Arbeit​"

Wie werden Lebensmittel kontrolliert und warum kommt es immer wieder zu Skandalen? QS-Geschäftsführer Dr. Alexander Hinrichs sagt, warum unsere Lebensmittel noch nie so sicher waren wie heute.

Lesezeit: 9 Minuten

Am 6. Juni sprechen F.A.Z. und top agrar im Rahmen des Diskussionsformats „Lass uns reden“ mit Landwirten, Politikern und Wirtschaftsvertretern über die Landwirtschaft der Zukunft. Gemeinsam stellen wir uns die Frage „Salmonellen, Rückstände, Antibiotika & Co. – Wie sicher sind Lebensmittel von Deutschlands Bauern wirklich?“. Melden Sie sich jetzt an und seien Sie am 6. Juni ab 19 Uhr im Berliner o2 Basecamp live dabei oder verfolgen Sie die Diskussion kostenlos über unseren Livestream. Alle Informationen zum Podium sowie der Anmeldung finden Sie hier.

Vorab sprachen wir mit Dr. Alexander Hinrichs, dem Geschäftsführer der QS Qualität und Sicherheit GmbH, über die Arbeit im Bereich Lebensmittelsicherheit im Rahmen des QS-Systems.

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top agrar: Das QS-Prüfzeichen findet man auf Millionen von Lebensmittelverpackungen. Wofür steht das Zeichen?

Hinrichs: Das QS-Prüfzeichen steht für Qualitätssicherung und sichere Lebensmittel. Ob Fleisch und Wurst oder Obst, Gemüse und Kartoffeln – Lebensmittel mit dem QS-Prüfzeichen haben einen genau dokumentierten und lückenlos kontrollierten Lebenslauf. So ist der Weg eines Rindersteaks vom Tierhalter über den Schlachthof und den Metzger bis zum Supermarkt oder bei Äpfeln und Tomaten vom Erzeuger über den Großhändler bis in den Lebensmitteleinzelhandel geprüft und jederzeit klar nachvollziehbar.

Welche Lebensmittel und welche Schritte in der Produktionskette überprüfen Sie?

Hinrichs: Als einziger Standard für Lebensmittelsicherheit in Deutschland deckt das QS-Prüfsystem sämtliche Stufen der Wertschöpfungsketten Fleisch, Obst, Gemüse und Kartoffeln ab. Für alle am QS-System teilnehmenden Betriebe gelten verbindliche Anforderungen, etwa zur Rückverfolgbarkeit, Tiergesundheit, zum Salmonellenstatus und Arzneimitteleinsatz, zur Kühlkette und zur Hygiene.

Im Bereich Obst und Gemüse geht es darüber hinaus um die Kontrolle von Pflanzgut, Wasserqualität, Düngung und die Verwendung von zugelassenen Pflanzenschutzmitteln.

Diese umfassende Qualitätssicherung bei Fleisch und Fleischwaren sowie bei Obst und Gemüse macht nicht vor Ländergrenzen halt; Unternehmen aus dem Ausland können am QS-System teilnehmen. Das sichert die Warenverfügbarkeit und trägt mit zu einem einheitlichen und verlässlichen Niveau der Lebensmittelsicherheit auf europäischer Ebene bei.

Warum braucht es neben den gesetzlichen Kontrollen noch QS?

Hinrichs: QS ist ein von der Wirtschaft getragenes System zur Qualitätssicherung. Als zentrale Branchenplattform bringen wir nicht nur sämtliche Protagonisten der Wertschöpfungskette an einen Tisch, sondern können auch deutlich schneller und flexibler auf die Anforderungen des Marktes reagieren.

Warum ist denn das Thema Lebensmittelsicherheit in Deutschland eigentlich kein zentrales Thema mehr? Nur, weil dieses Thema in den letzten Jahrzehnten für die meisten von uns zu einer Selbstverständlichkeit geworden ist, entstehen sichere Lebensmittel ja nicht von allein, sondern sind das Resultat täglich harter und gewissenhafter Arbeit.

Sichere Lebensmittel entstehen ja nicht von allein."
Dr. Alexander Hinrichs

Im QS-System erfolgen risikoorientierte Kontrollen sämtlicher in die Wertschöpfungskette eingebundener Betriebe. Jeder einzelne Betrieb wird im Rahmen der QS-Audits im Durchschnitt alle ein bis drei Jahre kontrolliert. In der Summe finden so jährlich über 40.000 QS-Audits im In- und Ausland statt. Eine solche Kontrolldichte können Behörden schon kapazitär gar nicht stemmen. Dazu kommt, dass deutsche Behörden im Ausland nicht kontrollieren dürfen. QS prüft die ausländischen Betriebe nach den gleichen Standards wie Betriebe in Deutschland. Das schafft nicht nur Sicherheit, sondern auch Transparenz und Fairness im Markt.

Hinzu kommt, dass unser Kontrollsystem von unterschiedlichen Monitoringprogrammen gestützt wird. Es gibt keine vergleichbare Institution in Deutschland, wo so viele Daten zur Lebensmittelsicherheit und Tiergesundheit erfasst und ausgewertet werden wie in der QS-Datenbank. Diese Daten bereiten wir regelmäßig für unsere Systempartner auf, so dass diese daraus Entwicklungen in ihrem Betrieb ablesen und entsprechende Rückschlüsse daraus ziehen können. Insofern fungiert das QS-System auch als Frühwarnsystem für unsere Systempartner im Sinne einer maximalen Lebensmittelsicherheit.

QS prüft die ausländischen Betriebe nach den gleichen Standards wie Betriebe in Deutschland."
Dr. Alexander Hinrichs

Im Übrigen fördert QS schon seit einigen Jahren die Kooperation mit der amtlichen Kontrolle, um Synergien in der Qualitätssicherung zwischen Wirtschaft und Staat zu realisieren und Vorteile für alle Beteiligten zu schaffen. Tierhalter im QS-System haben die Möglichkeit, der amtlichen Überwachung Ergebnisse aus den QS-Audits oder den Monitoringprogrammen über die QS-Datenbank zur Verfügung zu stellen. Damit kann die amtliche Seite die QS-Kontrollen nutzen, um ihre Kontrollen risikobasiert und mit angemessener Häufigkeit durchzuführen.

Foodwatch bemängelt, der Standard von QS liege nur leicht über den gesetzlichen Vorgaben. Was ist dran an dieser Kritik?

Hinrichs: Der Grundgedanke dieser Kritik ist falsch, weil hier QS oft als Tierwohlprogramm missverstanden wird. QS ist kein Tierwohlprogramm. Selbstverständlich werden auch Tierschutzaspekte berücksichtigt. Aber der Fokus von QS liegt auf der Qualitätssicherung mit dem Ziel eines hohen Sicherheitsniveaus unserer Lebensmittel.

QS ist kein Tierwohlprogramm."
Dr. Alexander Hinrichs

Dazu kommt noch ein zweiter Aspekt: Unser Anspruch an das QS-System ist nicht, maximal hohe Anforderungen einzuführen, die nur wenige Betriebe in der Lage sind, zu erfüllen. Im QS-System werden die zentralen Aspekte für die Produktion und Vermarktung von Lebensmitteln abgedeckt. Insellösungen haben an anderer Stelle sicherlich ihre Berechtigung, wir haben aber von Anfang an eine breite, und bei Bedarf internationale Abdeckung des Marktes angestrebt. Nur so konnten wir in den vergangenen 20 Jahren erreichen, dass heute 95 Prozent des frischen Schweine- und Geflügelfleischs, 85 Prozent des Rindfleischs sowie 90 Prozent von Obst, Gemüse und Kartoffeln aus Deutschland im deutschen Lebensmitteleinzelhandel unter QS-Anforderungen erzeugt und vermarktet werden.

Wir verstehen uns als Basis, mit Regeln, auf die sich alle einigen."
Dr. Alexander Hinrichs

Wir verstehen uns als Basis, mit Regeln, auf die sich alle einigen. Das ist nicht immer ein leichter Prozess und manch einer wünscht sich am Ende ein anderes Ergebnis, aber wir haben die Erfahrung gemacht, dass Qualitätssicherung nur funktioniert, wenn alle an einem Strang ziehen und alle mitmachen. Dieses Commitment der Branche im QS-System bildet darüber hinaus eine ganz wichtige Basis, auf der weitere Branchenlösungen in Richtung Tierwohl und Nachhaltigkeit entwickelt werden können.

Wird die QS selbst auch überprüft?

Hinrichs: Damit die Audits vor Ort so objektiv wie möglich umgesetzt werden, schult QS die Auditoren regelmäßig und führt Begleitaudits durch. Unser ständiges internes Kontrollsystem sieht die Prüfung der Arbeit der externen Auditoren durch so genannte Sonderauditoren vor.

Ein Kuratorium aus Experten unterschiedlicher Fachrichtungen, der Politik und NGOs begleitet die Arbeit im QS-System regelmäßig und auch der Austausch mit der Wissenschaft spielt in allen Fachbereichen des QS-Systems eine wichtige Rolle.

Eine weitere feste Kontrollinstanz ist der unabhängige Sanktionsbeirat. Er berät unter dem Vorsitz eines ehemaligen Richters mit einem Rechtsanwalt und Sachverständigen über die Verstöße im Einzelnen.

Warum kommt es trotzdem immer wieder zu Problemen und Skandalen?

Hinrichs: Die Gründe, warum es dennoch zu Problemen und Skandalen in der Tierhaltung und in der Lebensmittelproduktion kommt, sind vielfältig und vielschichtig. Jeder Fall ist einer zu viel. Innerhalb des QS-Systems sind wir jedoch in der Lage, schnell zu handeln und können die betroffenen Betriebe – wenn notwendig – umgehend sperren.

Man sollte sich aber immer auch vor Augen führen: Lebensmittel sind hochsensible Produkte. Je natürlicher, je frischer, je unverarbeiteter sie sind, desto anfälliger sind sie auch. Bei der Tierhaltung kommt hinzu, dass wir hier mit Lebewesen arbeiten, die immer auch krank werden oder ein Fehlverhalten annehmen können.

Kurzum: Gewisse Risiken sind immer da, sobald Lebensmittel hergestellt oder verarbeitet werden. QS ist angetreten, um der Wirtschaft dabei zu helfen, diese Risiken im Griff zu haben.

Wo hakt es in der Lebensmittelkette am häufigsten? In der Urproduktion oder bei der Weiterverarbeitung?

Hinrichs: Es gibt keinen Bereich in der Lebensmittelkette bei dem es mehr oder weniger „hakt“. Deutschland hat die Sicherheit der hierzulande vermarkteten Lebensmittel über das QS-System unter Kontrolle. Wirkliche „Lebensmittelskandale“ sind sehr selten geworden. Allerdings erzeugen insbesondere Fehler und Versäumnisse, die in der Tierhaltung, dem Tiertransport und der Schlachtung erfolgen können, zusätzlich zu möglichen gesundheitlichen Bedenken, oft moralische Empörung, die medial besonders intensiv genutzt werden kann.

Jeder dieser Fälle ist ein Fall zu viel und unser Bestreben ist es, dass dies zukünftig nicht mehr passiert. Aber nicht immer zu Recht entsteht dadurch der Eindruck, dass in Deutschland in der Tierhaltung vieles schief läuft. Die meisten Vorfälle in der Tierhaltung entsprechen weder der üblichen Praxis noch dem gültigen rechtlichen Rahmen.

Wie sicher sind unsere Lebensmittel durch das QS-System aus ihrer Sicht heute im Vergleich zu früher geworden?

Hinrichs: Ich bin überzeugt davon, dass unsere Lebensmittel in Deutschland noch nie so sicher waren wie heute. Die Beprobung und Analytik im QS-System stellen wir regelmäßig über unsere Laborkompetenztests auf den Prüfstand. Diese Tests genießen mittlerweile international ein so hohes Ansehen, dass die Labore diese Tests nicht nur für eine Zertifizierung innerhalb des QS-Systems, sondern auch für die eigene Leistungsüberprüfung nutzen. Hier haben wir international Benchmarks gesetzt.

Ich bin überzeugt davon, dass unsere Lebensmittel in Deutschland noch nie so sicher waren wie heute.
Dr. Alexander Hinrichs

Immer sensibleren Analysemethoden führen aber allenthalben dazu, dass heute Stoffkonzentrationen nachgewiesen werden können, die vor Jahrzehnten noch gar kein Thema waren. Wenn es also heute immer noch Beanstandungen oder auch Rückrufe gibt, so heißt das nicht gleich, dass unsere Lebensmittel nicht sicher sind, vielmehr sind unsere Methoden umfassender, wodurch naturgemäß auch mehr gefunden wird.

Im Übrigen hat eine forsa-Befragung im Jahr 2021 gezeigt, dass 72 Prozent der Verbraucher in Deutschland großes Vertrauen in die Sicherheit von Lebensmitteln haben, die sie im deutschen Lebensmitteleinzelhandel kaufen. Für unsere Produzenten und Händler ist das Erfolg und Auftrag zugleich – jeden Tag von neuem.

Wo ist der Unterschied zu ausländischer Ware?

Hinrichs: Ausländische Ware von Betrieben, die QS zertifiziert sind, unterliegt den gleichen Anforderungen wie Unternehmen in Deutschland. Genau das ist ein besonderer Vorteil eines von der Wirtschaft getragenen Qualitätssicherungssystems: Unsere Auditoren, können die QS-Anforderungen auch im Ausland überprüfen, staatliche Kontrolleure dürfen das nicht.

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