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Reportage: Zwei Rinderhalter wachsen gemeinsam

Zwei Landwirte - eine Idee: Der eine spezialisiert auf die Milchviehhaltung, der andere auf die Jungviehaufzucht. Warum haben sich zwei österreichische Rinderhalter für dieses System entschieden? Wie kommen sie damit zurecht?

Lesezeit: 8 Minuten

„Wir haben unseren Betrieb voll auf die Milchviehhaltung spezialisiert. Unser Ziel lautet, den höchsten Ertrag mit der Milch zu erzielen“, erklärt Johann Moitzi aus Rötsch in der Gemeinde Obdach (Österreich). Er bewirtschaftet gemeinsam mit Ehefrau Elisabeth einen Betrieb mit 80 Kühen und 22 ha Grünland, wovon 8 ha gepachtet sind.

 

Seit der Betriebsübernahme 1995 hat Familie Moitzi den Kuhbestand fast versiebenfacht und die Milchproduktion von  59 000 auf 760 000 kg ausgedehnt. Aber ein Problem begleitet die Milch-profis dabei seit jeher: Die Flächenknappheit in der Region Aichfeld Murboden, die dem Wachstum in der Milchviehhaltung Grenzen setzt. „Jedoch ist es für uns nicht rentabel, Flächen um jeden Preis zu pachten“, betont Johann Moitzi. „Da liegt es nahe, sich Gedanken über mögliche Alternativen in der Milchproduktion zu machen.“


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Partner seit 2004


Eine davon ist, die Kälberaufzucht an einen Partnerbetrieb auszulagern. Genau dies haben Moitzis vor nunmehr bereits neun Jahren getan. Seinen Partner lernte er damals im Arbeitskreis Milchviehhaltung kennen.

 

Johannes Zechner bewirtschaftete damals einen 29 ha-Betrieb mit 14 Kühen im nur 2 km entfernten Granitzen. „Für mich war es nicht mehr sinnvoll, mit der Milchviehhaltung weiterzumachen, da ich mich zunehmend meiner außerbetrieblichen Arbeit als Angestellter widmen musste“, so Zechner. „Mir war klar: Milchviehhaltung ist Profisache, mit 68000 kg Quote war meine Produktion einfach zu klein. Und ich konnte und wollte in diesem Bereich wegen der Doppelbelastung nicht wachsen.“

 

Doch an einen völligen Ausstieg aus der Rinderhaltung wollte Zechner allein schon wegen der vorhandenen Flächen damals auch nicht denken. So kam es ihm gerade recht, dass er „im Arbeitskreis mit Hans Moitzi ins Gespräch gekommen ist“.


Geschlossenes System


Ein wichtiger Eckpunkt der ausgelagerten Aufzucht ist, dass es sich um ein geschlossenes System handelt. Dazu Moitzi: „Alle weiblichen Kälber werden mit etwa 12 bis 13 Wochen immer in Gruppen von ca. 8 Tieren zum Partnerbetrieb überstellt. Hier kommen sie für die ersten drei Monate in einen eigens errichteten Quarantänebereich. „Dies ist ganz wichtig, weil sie sich zuerst an das Stallklima gewöhnen und eine Immunität aufbauen müssen“, so Zechner. Hier gab es am Beginn der Kooperation einige Probleme. Moitzi: „Anfangs habe ich die Kälber bereits mit acht Wochen überstellt. Doch wir haben festgestellt, dass dies zu früh ist, weil sie in diesem Alter einfach noch nicht stabil genug sind.“

 

Zechner zieht die Kälber ein bis zwei Monate vor der Abkalbung auf, dann gehen die Kalbinnen zurück zum Betrieb Moitzi. In den ersten neun bis zehn Monaten werden die Jungtiere nach Altersgruppen im Laufstall gehalten. In dieser Zeit bekommen sie Grassilage und Kraftfutter über den Transponder zugeteilt.

Ab dem zehnten Monat erhalten sie nur mehr Grassilage. Die Rundballen schneidet Zechner auf dem Futtertisch in der Mitte durch und stellt die Hälften nebeneinander. So können sich die Tiere direkt bedienen. Von Mai bis Oktober werden sie auf die angrenzende Weide ausgetrieben bzw. die jungträchtigen Kalbinnen auf die 1 500          Meter  gelegene Alm   aufgetrieben. „Unser Ziel ist, soviel Weidehaltung wie möglich zu betreiben. Schließlich ist das die günstigste Produktionweise“, meint Zechner dazu.

 

Wenn die Kalbinnen das Deckalter erreicht haben und brünstig werden, wird Johann Moitzi gerufen. Dies erledigt in der Regel Mutter Regina Zechner, „die Herdenmanagerin“, wie ihr Sohn sie nennt. „Regina Zechner ist mit ihren 78 Jahren in der Tat eine Herdenmanagerin, denn sie erledigt die gesamte Brunstbeobachtung, kontaktiert Hans und bespricht mit ihm den besten Besamungszeitpunkt, kümmert sich aufopfernd um gelegentlich kranke Tiere, erledigt zum Großteil die Stallarbeit und kennt ihre Lieblinge fast alle beim Namen“, weiß Elisabeth Moitzi zu berichten.


Möglichst früh besamt


Johann Moitzi, schon seit vielen Jahren Eigenbestandsbesamer, besamt die Kalbinnen direkt am Partnerbetrieb. „Das durchschnittliche Erstkalbealter liegt bei 25,7 Monaten“, erklärt Moitzi. Einen bis zwei Monate vor dem Abkalben bringt Moitzi die Tiere wieder zurück zum Heimbetrieb. „Auch beim Rückgliedern der Tiere in die Herde gibt es laut Moitzi keine Probleme. „Sie kommen zu den Trockenstellern. Da ich jeweils mehrere Tiere eingliedere, kommt es in der Regel auch zu keinen Rangkämpfen“, so der Landwirt.

 

Als einen wesentlichen Vorteil ihres Kalbinnenaufzucht-Projektes sieht Moitzi, dass am Partnerbetrieb höchstes Augenmerk auf die Aufzucht gelegt wird. „Im Gegensatz dazu laufen doch auf vielen Milchbetrieben die Kalbinnen oftmals nur so nebenher“, so der Landwirt, „und bekommen dann die schlechteren Grundfutterqualitäten.“ Bei Zechner hingegen erhalten die Tiere immer nur beste Qualität. Bis zum Alter von einem Jahr füttert Zechner nur den ersten Grassilage-Schnitt, ab einem Jahr dann den 2. und 3. Schnitt. Kleiner Nachteil daraus für Moitzi: „Ich habe bei mir daheim keine Verwertung des Restfutters, was die Kühe übriglassen. Das muss ich halt auf den Mist geben.“ Ihm ist es allerdings viel wichtiger, dass die Kalbinnen optimal aufgezogen werden. „Wir sprechen uns in Sachen Fütterung regelmäßig ab“, berichtet Johann Moitzi. So stimmen sich die beiden Partner beispielsweise in punkto Schnittzeitpunkt und Kraftfutterzukauf ab.


Taggeld und Erfolgsprämie


Die Berechnungsbasis für das Aufzuchtprojekt beruht auf zwei Schienen. Johann Moitzi zahlt ein jährlich festzulegendes Taggeld sowie eine Erfolgsprämie an Johannes Zechner. Die Erfolgsprämie wird ausgezahlt, wenn die Kalbin trächtig und eutergesund ist.

 

Dazu sei noch erwähnt, dass seit 2004 nur eine Kalbin nicht trächtig wurde und nur eine Kalbin euterkrank war. „Diese Kosten wurden geteilt“, berichten die Landwirte. Für den Tagessatz werden die Durchschnittspreise für trächtige Kalbinnen auf Versteigerungen der Rinderzucht Steiermark sowie die durchschnittlichen Preise für Schlachtkalbinnen und weibliche Zuchtkälber herangezogen. Daraus wird der Tagessatz ermittelt, für 2013 z.B. knapp 20 Ct/Tag.


Die Erfolgsprämie ergibt sich aus der Differenz der Durchschnittspreise für trächtige Kalbinnen und den Schlachtkalbinnen: Für 2013 z.B. 932 €. Hinzu kommt noch ein Zuschlag in Höhe von 60 € für die Fütterung und Haltung der Kälber zwischen 85 und 135 kg. Unterm Strich haben Moitzi und Zechner für 2013 ein Entgelt von 1,74 €/Tier und Tag ausgemacht. Bei einer durchschnittlichen Aufzuchtdauer von 620 Tagen ergibt dies rund 1 080 € pro Tier. In diesem Jahr zieht Zechner ca. 40 Kalbinnen für Moitzi auf.

 

„Das Leistungsprinzip trägt dazu bei, dass ich immer top Kalbinnen von Hannes zurückbekomme“, freut sich Moitzi. Außer für Trächtigkeitsuntersuchungen braucht man am Betrieb Zechner in der Regel keinen Tierarzt. Johann Moitzi hat schon seit vielen Jahren die Bestandesbetreuung auf seinem Betrieb, d.h. der Tierarzt kommt alle vier Wochen zur Trächtigkeits- und Sterilitätsuntersuchung, zu Prophylaxemaßnahmen und diversen Kontrollen. Die Tierarztkosten liegen bei 1,2 Ct/kg Milch.


Wachsen im Gleichschritt


Die langjährige Partnerschaft hat dazu geführt, dass beide Betriebe quasi im Gleichschritt gewachsen sind. Sowohl Moitzi als auch Zechner haben jeweils drei Betriebserweiterungen seit 2004 vorgenommen. Moitzis haben 2005 den Ende der 90er Jahre erbauten Boxenlaufstall von 30 auf 50 Kühe erweitert und den Melkstand umgebaut. 2010 errichteten sie einen Trockensteher- für 25 Tiere und einen „Special Needs“-Bereich für 12 Tiere um insgesamt 160000 €.

 

Letzterer hat eine 80 m2 Tiefstreuliegefläche und einen mit Gummimatten ausgelegten Laufgang mit Schrapperentmistung. In diesen Bereich kommen die Tiere drei Wochen vor dem Abkalben und bleiben dort bis zu sechs Wochen nach dem Abkalben – „je nachdem, wie sie sich erholt haben“, so Moitzi. Darüber hinaus hat der Milchbauer 2011 rund 260 000 € in einen 2 000 m3 Güllebehälter  aus Edelstahl sowie in zwei große Fahrsilos mit 2600 m3 Fassungsvermögen investiert.

 

Partner Johannes Zechner hatte 1995 in eine Laufstall für 14 Kühe investiert. Diesen hat er ab 2004 auf die Kälberaufucht umgerüstet. 2006 hat er um 5 0000 € ausgebaut. Die letzte große Erweiterung hat er dann 2012 vorgenommen, seitdem kann er insgesamt 120 Kälber und Kalbinnen unterbringen. Rund 150 000 € hat Zechner im letzten Jahr in den Ausbau investiert.

 

Unterm Strich bringt das Kalbinnenauf- zucht-Projekt für beide beteiligten Betriebe nach eigener Aussage viele entscheidende Vorteile mit sich. Für Milchviehhalter ist es vor allem die Tatsache, dass er sich voll und ganz auf die Optimierung seiner Milchviehherde konzentrieren kann. „Mit der Auslagerung des Jungviehs ist mir hier viel Arbeit abgenommen worden, die ich sinnvoll in die Milchproduktion investieren kann“, so Moitzi. „Zudem bekomme ich auch noch immer top Qualitäts-Kalbinnen von Hans, die ich sonst wahrscheinlich gar nicht hätte.“

 

Für Zechner sind die größten Vorteile, dass die Kalbinnenaufzucht längst nicht so arbeitsintensiv ist wie die Milchviehhaltung. „So kann ich mich vor allem auf meine Arbeit in der Firma konzentrieren. Und dennoch kann ich den vorhandenen Stall und die Grünlandflächen sinnvoll nutzen und ein lukratives zusätzliches Einkommen damit erzielen.“

 

Abschließend betonen beide Landwirte, dass sie mit dem Aufzucht-Projekt genau den richtigen Schritt gesetzt haben. Wobei sie aber auch betonen: „Für diese Zusammenarbeit ist absolutes gegenseitiges Vertrauen die allerwichtigste Voraussetzung. Nur so kann es funktionieren.“ (Torsten Altmann/ad)


Ein Beitrag aus der top agrar-Österreich 7/2013

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