Polens Landwirtschaftsminister Marek Sawicki hat Deutschland vorgeworfen, zum Schutz der eigenen Großbetriebe in Brüssel eine Kürzung der Prämien zu blockieren. „Es ist doch nicht gerecht, dass die polnischen Landwirte derzeit Direktzahlungen in Höhe von durchschnittlich 190 Euro pro Hektar erhalten, während ihre deutschen Kollegen 340 Euro pro Hektar bekommen“, sagte er im Interview mit dem Spiegel.
„Ich will, dass die polnischen Landwirte genauso behandelt werden wie alle anderen in Europa“, stellte der amtierende EU-Ratspräsident klar. Sein Ziel sei die Loslösung von historischen Bezügen bei Direktzahlungen und die Erarbeitung von neuen, gerechten Kriterien. Das System der Direktzahlungen stört seiner Meinung nach die Wettbewerbsfähigkeit, und zwar sowohl innerhalb eines Landes als auch zwischen den Mitgliedstaaten der EU. „Deutschland ist für diese Wettbewerbsverzerrung ein besonders gutes Beispiel.“
Sawicki rief Bundesagrarministerin Ilse Aigner auf, sich in dieser Frage zu bewegen. Das habe sie ihm auf der Grünen Woche zugesagt. Ohnehin verstehe er nicht, warum sich Berlin so querstelle. Ministerin Aigner käme aus Bayern, wo es viele kleine Betriebe gibt, die z.B. von einer Prämienkappung für Großbetriebe profitieren würden. „Ich hoffe sehr, dass sich Frau Aigner auf ihre bayrischen Wurzeln besinnt. Eine Industrialisierung der Nahrungsmittelproduktion stimmt jedenfalls nicht mit den Grundsätzen der EU-Agrarpolitik überein“, so der Minister.
Sorge vor mehr Bürokratie
Der polnische Landwirtschaftsminister ist sich darüber hinaus nicht sicher, ob die Vorschläge von EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos, die Agrarpolitik grüner und gerechter zu machen, ausreichen. „Richtig ist, dass es nicht so weitergehen kann wie bisher“, sagte er im Interview weiter. Polen sei auch nicht grundsätzlich gegen höhere Umweltauflagen. Man fürchte nur, dass die Vorschläge zu mehr Bürokratie führen. „Mein oberstes Ziel ist es, die EU-Agrarpolitik zu vereinfachen und sie gerecht und entwicklungsfähig zu gestalten. Das bedeutet: weniger Mittel für die Unterstützung der Anbaubereitschaft und mehr für Innovationen, Entwicklung und Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit.“ Deutschland und Frankreich wollten dagegen die gemeinsame Agrarpolitik als Instrument zur Umverteilung von EU-Haushaltsmitteln nutzen. „Ich hoffe sehr, dass Deutschland und Frankreich noch ins Lager der echten Reformer wechseln“, so Sawicki. (ad)