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Tarifverhandlungen über Mindestlohn ergebnislos vertagt

Die deutsche Fleischindustrie hat gestern erstmals über einen branchenweiten Mindestlohn verhandelt. In Hannover kamen dazu Vertreter von Arbeitgebern und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten zusammen. Die erste Gesprächsrunde brachte aber noch kein Ergebnis für einen möglichen Flächentarifvertrag. Alle Fakten..

Lesezeit: 4 Minuten

Die deutsche Fleischindustrie hat gestern erstmals über einen branchenweiten Mindestlohn verhandelt. In Hannover kamen dazu Vertreter von Arbeitgebern und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten zusammen. Wie der MDR berichtet, brachte die erste Gesprächsrunde aber noch kein Ergebnis für einen möglichen Flächentarifvertrag, der immerhin rund 180 000 Mitarbeiter betreffen würde. Am 17. Dezember sollen die Verhandlungen weitergehen.


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Die Gewerkschaft fordert einen bundeseinheitlichen Mindestlohn von 8,50 Euro für alle Beschäftigten - auch für jene mit Werkverträgen. Die Fleischwirtschaft lehnt diese Forderung derzeit ab. Dies sei zwar für den Westen möglich, kurzfristig jedoch nicht für die ostdeutschen Bundesländer, wo die Produktivität niedriger sei.

Dennoch strebt auch die Arbeitgeberseite eine rasche Einigung an, damit das Ansehen der Branche nicht weiter leidet. Der Hauptgeschäftsführer des Verbands der Ernährungsindustrie, Michael Andritzky, sagte im ARD-Morgenmagazin: "Wir wollen, dass diese Branche aus dem Gerede kommt."


Auch Clemens Tönnies saß gestern bei den Verhandlungen mit am Tisch – was bei der NGG für eine gewisse Genugtuung sorgte. Der Chef des größten deutschen Schlachtunternehmens hatte sich zwar Ende August zunächst bereit erklärt, bei Verhandlungen über einen Branchen-Mindestlohn mitzuziehen, seine Meinung kurz darauf aber wieder geändert. Tönnies hatte den Rückzieher mit seinem Ärger über angebliche Falschbehauptungen der NGG über die Schlachtbranche begründet. Erschwert worden war die Aufnahme von Verhandlungen auch durch die Zersplitterung der Branche in mehrere Fachverbände. Bislang gibt es lediglich einzelne Haus- oder Regionaltarife, die insgesamt nur rund 27 000 Beschäftigte erfassen. Die NGG will erreichen, dass der Mindestlohn auch für ausländische Werkvertragsnehmer gilt. Dazu muss die Fleischbranche in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz aufgenommen werden.


Nur noch 10 – 15 % Stammbelegschaft


„In manchen Betrieben gehören nur noch zehn bis 15 % der Beschäftigten zur Stammbelegschaft“, sagt der stellvertretende NGG-Vorsitzende Claus-Harald Güster der Stuttgarter Zeitung. Viele Mitarbeiter erhielten für das Schlachten und Zerlegen von Schweinen und anderen Tieren nur zwischen drei und sechs Euro pro Stunde oder noch weniger. Ein deutscher Facharbeiter bekommt nach Angaben der Gewerkschaft einen Stundenlohn von rund 15 Euro. Die Bezahlung der Mitarbeiter ist über einzelne Haus- oder regionale Tarife geregelt, die nur rund 27.000 Beschäftigte erfassen.


Zudem wurden Fälle bekannt, in denen Billigarbeiter in unzumutbaren Massenunterkünften untergebracht wurden. Hinzu kommt der Vorwurf illegaler Tricksereien bei Leiharbeit. Im Mai durchsuchten deshalb 450 Polizisten, Zollbeamte, Steuerfahnder und Staatsanwälte bundesweit Büros und Wohnungen. Dabei ging es um den Verdacht, dass Leiharbeitsfirmen beim Einsatz von Mitarbeitern in Schlachthöfen Steuern und Sozialabgaben in Millionenhöhe hinterzogen haben sollen.


Deutsche Schachthöfe EU-weit beliebt


In Deutschland werden 15 % mehr Schweine geschlachtet, als deutsche Verbraucher verzehren. Jedes siebte Schlachttier geht also in den Export – vorwiegend in andere EU-Staaten, ergänzt die Stuttgarter Zeitung. Dieser Zuwachs sei nicht auf eine massive Ausweitung der Schweinehaltung in Deutschland zurückzuführen, sondern vor allem auf die gestiegene Zahl von Masttieren, die zum Schlachten aus dem benachbarten Ausland nach Deutschland gebracht werden. Denn hiesige Schlachthöfe arbeiten deutlich billiger als ihre ausländischen Konkurrenten – die ihnen deshalb Dumping vorwerfen.


Frankreich und Belgien haben deshalb bereits Beschwerde bei der EU-Kommission eingelegt, weil die dortigen Schlachthöfe Markt­anteile verloren haben und teilweise sogar schließen mussten. Der Verband der Fleischwirtschaft erklärt die Kostenvorteile deutscher Schlachtbetriebe unter anderem mit den größeren Einheiten und einer besseren Technik. Für die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) beruhen sie dagegen in erster Linie auf der schlechten Bezahlung der vorwiegend ausländischen Arbeitskräfte, die großteils im Rahmen von Werkverträgen oder über Subunternehmer beschäftigt werden.


Mindestlohn verschlechtert Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Agrarsektors


Wenn im Zuge der aktuellen Koalitionsverhandlungen in Berlin ein gesetzlicher Mindestlohn in Deutschland eingeführt wird, dann steigt die relative Konkurrenzfähigkeit des holländischen Agrarsektors. Darauf hat der Präsident des niederländischen Bauernverbandes (LTO), Albert Jan Maat, gestern als Reaktion auf anderslautende Kommentare in holländischen Tageszeitungen hingewiesen. „Das sehe ich völlig anders - ein deutscher Mindestlohn wäre gerade gut für uns”, betonte Maat. Der LTO setze sich seit langem für Mindestlöhne in der Europäischen Union ein, um Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Mitgliedsstaaten entgegenzuwirken. In einem freien Markt müssten alle Unternehmen unter denselben Rahmenbedingungen wirtschaften können, und das gelte auch für die Landwirtschaft. (ad)

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