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topplus Umbau der Tierhaltung

Union würde Borchert-Konzept vollständig umsetzen

Wenn CDU/CSU an der Regierung wären, würden sie die Pläne zum Umbau der Tierhaltung so umsetzen, wie es die Borchert-Kommission vorgeschlagen hat. Das verspricht Albert Stegemann im Interview.

Lesezeit: 14 Minuten

Der agrarpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Stegemann, sieht in der 1:1-Umsetzung der Borchert-Vorschläge zur Tierhaltung ein Konjunkturprogramm für den ländlichen Raum, das in der gegenwärtigen Situation dringend notwendig sei. Darüber sprach er mit dem Pressedienst Agra Europe:

Union will selbstbewusste Oppositionsarbeit machen

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AgE: Herr Stegemann, Halbzeit der Ampelregierung heißt zugleich für die Union Halbzeit nach zwei Jahren in der Opposition. Mit Kritik an der Ampel wird nicht gespart, aber wie steht’s um eigene Vorschläge?

Stegemann: Es ist unsere Aufgabe als Oppositionspartei, die Arbeit der Bundesregierung kritisch und konstruktiv zu begleiten und Schwachstellen und Fehler klar und deutlich zu benennen. Da gibt es in der Agrar- und Ernährungspolitik für uns genug zu tun. Aber selbstverständlich müssen wir auch zeigen, wie es besser geht, und das tun wir auch.

Sind CDU und CSU angekommen in der Opposition nach 16 Jahren Regierung?

Stegemann: Selbstverständlich entwickelt sich eine Opposition im Laufe einer Legislatur. Wir haben unsere Rolle angenommen und füllen sie zunehmend selbstbewusster aus. Ich verspüre in der Fraktion eine wachsende Lust zu zeigen, dass wir es besser können.

Verlorenes Vertrauen bei den Landwirten

Die Ampel gibt ein wenig überzeugendes Bild ab, nicht zuletzt in der Agrarpolitik. In Umfragen profitiert aber nicht die Union als geübte ehemalige Regierungspartei. Warum ist das so?

Stegemann: Es braucht seine Zeit, bis verlorengegangenes Vertrauen zurückgewonnen wird. Bei den Landwirten sind wir nach meinem Eindruck auf einem guten Weg. Ich nehme in Gesprächen und auf Veranstaltungen wahr, dass sich die Stimmung gedreht hat. Landwirte schauen wieder sehr offen auf die CDU. Das nimmt in dem Maße zu, wie wir unsere Inhalte rüberbringen.

Sie kommen aus einer ländlichen Region im Nordwesten, die zum Stammland der CDU zählt. Auch dort ist die Zustimmung gebröckelt. Kann sich die CDU noch auf ihre Wählerklientel auf dem Land verlassen?

Stegemann: Klar ist, dass selbst in diesen Landstrichen nicht mehr automatisch CDU gewählt wird. Wir können nicht mehr davon ausgehen, dass die Leute CDU wählen, nur weil Papa auch CDU gewählt hat und Mama schon immer gesagt hat, dass die CDU die beste Partei ist. Wir müssen uns deutlich bemühen, Vertrauen zu gewinnen, und das geht nur mit guter Arbeit.

Weltfremde „Berliner Blase“

Sie sprechen hin und wieder von der „Berliner Blase“ und den weltfremden Vorstellungen, die es darin gebe. Befördern Sie damit nicht eine Politikverdrossenheit, die letztlich nicht der Union hilft, sondern Parteien, die ganz andere Ziele verfolgen?

Stegemann: Eine „Berliner Blase“ gibt es, da gehören wir Abgeordneten auch dazu. Gott sei Dank sind wir aber viel in unseren Wahlkreisen unterwegs, wo wir wieder geerdet werden. Dass in Berlin Meinungsbildung anders stattfindet als in der praktischen Realität, gerade bei landwirtschaftlichen Themen, liegt auf der Hand. Da ist es unsere Aufgabe als Abgeordnete „mit Stallgeruch“, die Sichtweisen der Landwirte einzubringen.

Die Bürgerinnen und Bürger müssen allerdings verstehen, dass fürs Regieren in der gegenwärtigen politischen Landschaft Kompromisse zwischen mehreren unterschiedlichen Parteien unverzichtbar sind. Keine Partei kann ihre Positionen eins zu eins umsetzen. Diese Erfahrung haben wir gemacht, und die macht jetzt die Ampel.

Das Scheitern des Agrarministers

Sie kritisieren Minister Özdemir hart und oft. Wie lautet Ihr Hauptvorwurf?

Stegemann: Der Minister ist weder in der Ampel der Treiber in der Agrarpolitik, noch führt er sein Haus hinreichend oder hat umsetzbare Ideen und Vorschläge. Im Ergebnis kommt nichts Gutes rum.

Natürlich ist es nicht einfach in einer Dreierkonstellation mit Koalitionsparteien, die politisch sehr weit auseinander liegen. Herr Özdemir schafft es ganz offensichtlich nicht, die Streithähne in der Ampel zusammenzuführen. Und er muss sich an seinen Taten messen lassen, nicht an seinen Worten.

Da ist aber nicht viel. Nehmen Sie nur das wichtigste Projekt, die Umsetzung des Borchert-Konzepts. Herausgekommen ist ein Scheinkompromiss. Dass sowohl der Minister als auch Abgeordnete von Grünen und SPD das anders sehen, nehme ich mit Erstaunen zu Kenntnis. Offenbar fehlt ihnen der Zugang zur Praxis, sonst wären sie zurückhaltender.

Dass wir mit der Umsetzung nicht zu Potte gekommen sind, räume ich ein.

Immerhin hat die Ampel mehr erreicht als die GroKo in der letzten Legislaturperiode mit unionsgeführter Bundesregierung…

Stegemann: Dass wir bei Borchert nicht so weit gekommen sind, wie wir hätten kommen können, will ich nicht verhehlen. Sie müssen aber auch sehen, es war Julia Klöckner, die die Borchert-Kommission eingesetzt und den Vorsitzenden gewonnen hat. Wir haben es ermöglicht, dass die Borchert-Kommission tagen und ihre Empfehlungen erarbeiten konnte.

Dass wir vor der Bundestagswahl mit der Umsetzung nicht zu Potte gekommen sind, räume ich ein und das nehme ich zum Teil auf unsere Kappe. Aber wir hatten einen Koalitionspartner, der sich sehr schwer mit konkreter Agrarpolitik getan hat.

Wie sieht Unionspolitik pur als Gegenentwurf zur Agrarpolitik der Ampel aus?

Stegemann: Ein klares Ja zur Tierhaltung, ein klares Ja zur Umsetzung des Borchert-Konzepts inklusive notwendiger finanzieller Ausstattung, ein klares Ja zur Entbürokratisierung vor allem bei Stallbauvorhaben und ein klares Ja zu Innovationen im Pflanzenschutz sowie in der Pflanzenzüchtung. Um es noch kürzer zu sagen: Wir wollen ein Entfesselungspaket für die Landwirtschaft.

Wen wollen Sie wovon entfesseln?

Stegemann: Momentan wird in der Landwirtschaft kaum noch in langfristige Wirtschaftsgüter investiert. Diesen Eindruck gewinnt man vor Ort, das belegen aber auch die Zahlen der Landwirtschaftlichen Rentenbank. Das liegt nicht zuletzt an einer generellen politischen Unsicherheit. Aber es fehlen eben auch Impulse aus dem Markt heraus.

Welche Impulse wollen Sie setzen?

Stegemann: Der wichtigste Punkt ist, wir müssen wieder Investitionen auslösen. Die gegenwärtige gesamtwirtschaftliche Lage ist dramatisch. Schauen Sie auf die Indikatoren, ob das Inflation, öffentliche Haushaltsverschuldung, Innovationskraft oder wirtschaftliche Dynamik angeht - wir schmieren überall ab.

Im ländlichen Raum wird bis zu der Hälfte der wirtschaftlichen Tätigkeit durch Landwirtschaft ausgelöst. Deswegen wäre es so wichtig, dort einen staatlichen Investitionsimpuls zu setzen. Dazu bietet sich die Tierhaltung an. Wir sind bereit, die Empfehlungen der Borchert-Kommission in Gänze umzusetzen, einschließlich der langfristigen Finanzierung. Wir sind bereit, im Falle der Regierungsübernahme dort erhebliche Finanzmittel einzusetzen. Konkret sehe ich den Bedarf bei rund 5 Milliarden Euro im Jahr.

Borchert-Umsetzung würde Wirtschaft ankurbeln

Nimmt die Union Abschied von der schwarzen Null?

Stegemann: Nein. Wir haben zwei Möglichkeiten, haushaltspolitisch aus der Misere herauszukommen. Wir können das über Einsparungen versuchen. Wir können uns aber auch vornehmen, den wirtschaftlichen Motor in Deutschland wieder anzuwerfen. Ein Konjunkturprogramm für den ländlichen Raum kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Das Borchert-Konzept wäre genau das.

Der gegenwärtige Haushaltssprecher Ihrer Fraktion hat bereits vor der letzten Bundestagswahl darauf hingewiesen, dass der Spielraum im Bundeshaushalt immer enger wird. Das war noch vor dem Ukraine-Krieg. Schüren Sie nicht mit Ihrer Ankündigung Erwartungen, die sie letztlich doch nicht erfüllen können und die Ihnen am Ende politisch auf die Füße fallen?

Stegemann: Nein. Ich habe mit den Haushaltspolitikern gesprochen und ich habe die Zusage, dass wir beim Thema Tierhaltung Borchert umsetzen wollen. Und wir werden Wege finden, das zu finanzieren. Also noch mal: Die Union hat den politischen Willen, die Vorschläge der Borchert-Kommission vollständig aufzugreifen und zu realisieren. Das ist die Voraussetzung dafür, dass wir auch für die Finanzierung eine Lösung finden werden.

Streit um Finanzierung gefährdet gesamtes Projekt

Die Borchert-Kommission favorisiert eine Steuer- und Abgabenlösung. Die Diskussion darüber erfordert angesichts der gegenwärtigen Inflation politischen Mut. Wäre es für Sie als Opposition nicht leichter, diesen Mut aufzubringen?

Stegemann: Wir haben in der Vergangenheit gelernt, dass die Diskussion um die Finanzierung am Ende das ganze Projekt gefährdet. Allein die von den Grünen angefachte Mehrwertsteuerdiskussion zeigt, dass auf diese Weise eine Lösung kaum zu erreichen ist, weil völlig unterschiedliche Interessen verfolgt werden.

Ich kann nur sagen, wenn uns die Zukunft der Bauern und der ländlichen Räume am Herzen liegt, werden wir in einem Bundeshaushalt von über 400 Mrd. € diese Priorität setzen. Sich auf einen Nebenkriegsschauplatz wie die Steuerpolitik zu begeben, bringt zu diesem Zeitpunkt in der Sache nichts.

Bürokratie-Entfesselungspaket

Oft ist es nicht nur fehlendes Geld, das Stallbauten verhindert, sondern lange oder ganz ausbleibende Genehmigungen. Wie wollen Sie das angehen?

Stegemann: Das wird Sie jetzt nicht überraschen, wir brauchen Bürokratieabbau. Wir werden nicht umhinkommen, einen Vorrang für Tierwohlinvestitionen in der TA Luft zu verankern, wenn wir wirklich vorankommen wollen. Eine einheitliche Auslegung von Begrifflichkeiten in der TA Luft, für die sich der Minister feiern lassen will, bleibt hingegen nahezu folgenlos.

Lassen Sie mich noch einen letzten Punkt unseres Entfesselungspakets nennen, der mir ebenfalls sehr wichtig ist. Wir brauchen Offenheit für Innovationen, unter anderem bei neuen Züchtungstechnologien und modernen Pflanzenschutzmitteln.

Ich bin sicher, mit einem Paket aus Unterstützung zur Investition, der Überwindung von bürokratischen Hürden und Innovationsfreude plus der Lust an wirtschaftlicher Entwicklung können wir eine Kehrtwende in der Landwirtschaft herbeiführen.

Zukunft der Tierhaltung bei sinkendem Fleischverbrauch

Vor allem bei jungen Menschen geht die Nachfrage nach Fleisch und tierischen Produkten insgesamt zurück. Macht es Sinn, politisch einer solchen Entwicklung begegnen zu wollen?

Stegemann: Ich habe keine Glaskugel, aber es gibt Indizien und klare Zahlen, dass der Fleischverbrauch zurückgeht. Da hat die Union keine Scheuklappen. Wenn sich Ernährungsgewohnheiten ändern, dann ändern sich auch Märkte. Das ist das tägliche Spiel, das wir in der Landwirtschaft leben und erleben.

Der Markt wird sich darauf einstellen. Die Nachfrage nach Milchprodukten wird nach meiner Einschätzung einigermaßen konstant bleiben, ebenso der Verbrauch von Eiern und weißem Fleisch. Bei Schweinefleisch verzeichnen wir leider einen Verbrauchsrückgang um 3 % jedes Jahr. Die Politik ist deshalb gefordert, weil die Schweinehaltung in Deutschland derzeit stärker zurückgeht als der Verbrauch. Politik darf bei solchen offensichtlichen Fehlentwicklungen nicht wegschauen.

Auf der anderen Seite hat sie nach meiner Überzeugung keinen Erziehungsauftrag. Und sie hat auch nicht das Recht, die Tierhaltung aus politischen Gründen zurückzudrängen und ihre Maßnahmen danach auszurichten, wie es Teile der Koalition wollen.

Landwirtschaft bietet jungen Leuten große Chancen

Transformation bedeutet, dass sich Betriebe und Strukturen wandeln müssen. Wie geht eine konservative Partei damit um?

Stegemann: Lassen Sie uns das Beispiel Anbindehaltung nehmen. Die ist bestimmt kein Zukunftsmodell. Aber wir haben auch keinen Anlass, sie überstürzt abzuwürgen, weil die Tierhaltungsdefizite nicht so groß sind, wie sie gern gezeichnet werden. Da muss man mal die Kuh und die Kirche im Dorf lassen und verhältnismäßig reagieren. Im Übrigen sind wir alle gut beraten, die Realität in den Blick zu nehmen, mit deren Betrachtung bekanntlich Politik anfängt.

Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass Landwirtschaft viel größere Chancen in der Zukunft für junge Menschen bietet, als das vor 20 oder 30 Jahren der Fall gewesen ist. Es gibt mehr Unsicherheiten. Einen Betrieb zu führen, erfordert unternehmerischen Mut und viel Sachverstand. Wer beides mitbringt, wird dennoch eine gute Rendite erwirtschaften können. Da habe ich überhaupt keinen Zweifel.

Nach Ihrem Bekenntnis zum Borchert-Konzept drängt sich die Frage auf, ob das gleichermaßen für die Empfehlungen der Zukunftskommission Landwirtschaft gilt?

Stegemann: Lassen Sie mich folgendes vorwegschicken: Wir sind in offenen Märkten unterwegs. Wenn die Gesellschaft verlangt, dass die hiesige Landwirtschaft höhere Standards erfüllt, als sie andernorts gelten, müssen die Belastungen für die heimische Landwirtschaft ausgeglichen werden. Andernfalls wandert die Produktion ab. Das ist der Konsens der Borchert-Kommission und der Zukunftskommission Landwirtschaft, und zu dem stehen wir.

Wie geht´s bei der EU-Agrarförderung weiter?

Ein wesentliches Element der ZKL war die Verständigung auf eine weitere Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik mit einem Umbau der klassischen Direktzahlungen in eine Gemeinwohlprämie. Sie haben ein Auslaufen der Basisprämie unlängst als „absurd und realitätsfern“ bezeichnet. Stehen Sie nun zum ZKL-Konsens oder nicht?

Stegemann: Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass nach wie vor ein Teil des Betriebseinkommens, insbesondere kleinerer Betriebe, auf die Basisprämie entfällt. Darüber können wir nicht mir nichts dir nichts hinweggehen.

Was ist nun mit dem Konsens der ZKL?

Stegemann: Ich stehe hinter der Grundintention. Wenn es einen gesamtgesellschaftlichen Wunsch nach Veränderung gibt, dann muss sie sich beteiligen, um diesen Transformationsprozess auch zu organisieren. Bei der Gemeinwohlprämie wird es auf die konkrete Ausgestaltung ankommen. Bei den Überschriften wird man sich schnell einig. Spannend wird‘s, wenn es ans Eingemachte geht.

Was meinen Sie?

Stegemann: Ich will beispielweise sehen, welche einkommenswirksame Leistung eine Gemeinwohlprämie ganz konkret für die einzelne Landwirtsfamilie hat. Und welche Auswirkungen hat eine solche Prämie auf das Produktionsniveau für bestimmte Feldfrüchte und welchen Einfluss auf die Tierhaltungskapazitäten? Einfach zu sagen, eine Prämie ist etwas Gutes oder etwas Schlechtes, werden Sie aus meinem Mund nicht hören, weil es davon abhängig ist, wie so etwas ausgestattet ist.

An neuer GAP mit mehr Nachhaltigkeit geht kein Weg vorbei

Umgekehrt stellt sich die Frage, ob eine Diskussion im Klein-Klein tatsächlich die Orientierung gibt, auf die vor allem junge Leute in der Landwirtschaft so dringend warten. Die wollen wissen, wo die Reise hingeht. Was sagen Sie denen?

Stegemann: Landwirte nehmen die Signale des Marktes ernst und richten danach ihre Investitionsentscheidungen aus. Das wird künftig noch wichtiger werden. Der Staat wird sich beteiligen, wenn es um grundlegende Weichenstellungen wie einen gesellschaftlich gewünschten Umbau der Tierhaltung geht und dafür ein praktikables Konzept vorliegt, siehe Borchert-Kommission.

Dass wir die GAP weiterentwickeln müssen, steht außer Frage. An mehr Nachhaltigkeit, nicht nur im wirtschaftlichen, sondern auch im umwelt- und klimapolitischen Sinne, geht kein Weg dran vorbei. Ob das allerdings auf eine Gemeinwohlprämie hinausläuft oder wir ein anderes Modell zur Honorierung von Nachhaltigkeitsleistungen brauchen, wird zu diskutieren sein.

Diesen Weg werden wir gehen, aber ich will da keiner ideologischen Einsortierung folgen, weil mir das alles zu unkonkret ist. Dann will ich schon genau wissen, worüber wir reden.

Dass Parteien unterschiedliche Positionen vertreten, auch in der Agrarpolitik, ist völlig klar und unerlässlich. In der Landwirtschaft besteht aber die Befürchtung, jetzt geht alles in die eine Richtung, nach einem Regierungswechsel wieder in die andere, als rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln in der Agrarpolitik. Wie sieht der Grundkonsens aus, der jeden politischen Wechsel überdauert?

Stegemann: Das Grundrauschen ist aus meiner Sicht immer die Wettbewerbsfähigkeit. Dass der Zug weiter in Richtung Nachhaltigkeit fährt, dürfte unstrittig sein. Nachhaltigkeit hat für mich aber auch eine soziale Komponente. Auch den Landwirten muss es damit gut gehen. Ich denke, alle politischen Kräfte sollten sich einig sein, die Landwirtschaft am Standort Deutschland zu halten. Die politischen Meinungen gehen aber auseinander, welchen Anteil die Tierhaltung dabei einnehmen sollte und was an Unterstützung notwendig ist. Unsere Positionen habe ich dargelegt.

Was macht die Union?

Wer gibt in der zweiten Halbzeit in der Union den Ton an, die Abteilung Attacke oder die Kolonne Brückenbau?

Stegemann: Wir werden unsere Pläne für eine künftige Regierungsarbeit permanent konkretisieren und den Landwirten ein echtes Angebot machen. Politik ist aber nun mal ein Stück weit Tagesgeschäft. Wenn die Regierung also weiterhin so agiert, gibt sie uns viel Anlass zur Kritik. Ich denke, wir werden weiter ausreichend Gelegenheit dazu bekommen, nicht sachgerechte Vorschläge zu kritisieren. Das ist ebenso eine zentrale Aufgabe in der Opposition.

Inwieweit sind Sie zur Zusammenarbeit mit der Regierungskoalition bereit, wenn es Übereinstimmung in bestimmten Fragen gibt?

Stegemann: Alles, was auch nach unserer Einschätzung die Landwirtschaft und die Landwirte weiterbringt, werden wir unterstützen. Es geht immer um die Sache. Wenn es dienlich ist, werden wir selbstverständlich mit der Bundesregierung reden und uns einbringen. Wir sind nicht im Kasperletheater, bei dem wir uns selbst in den Mittelpunkt stellen. Wir wollen die Landwirtschaft nach vorne bringen. Dafür machen wir Politik, auch in der Opposition. Wenn die Ampel bei Borchert doch noch etwas Vernünftiges auf die Beine stellt, werden wir das unterstützen. Das gilt ebenfalls für den Fall, dass sie sich zu mehr Offenheit gegenüber Innovationen und neuen Technologien durchringt.

Was braucht die Landwirtschaft in unsicheren Zeiten wie diesen am dringendsten?

Stegemann: Leidenschaft und Zuversicht, ihren Weg in die Zukunft zu gehen. Politik hat die Aufgabe, das zu unterstützen oder neu zu entfachen, wenn es verlorengegangen ist.

Vielen Dank für das Gespräch.

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