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topplus Novelle des Tierarzneimittelgesetzes

Veterinäre gegen Übergang der Antibiotika-Meldeverantwortung auf den Tierarzt

Befürchtet werden ein zu hoher Verwaltungsaufwand und die Verschleierung von Besitzverhältnissen. Die Novelle bringt nach Einschätzung von Praktikern aber noch mehr Probleme mit sich.

Lesezeit: 4 Minuten

Mit der am vergangenen Donnerstag in erster Lesung im Bundestag debattierten Novelle des Tierarzneimittelgesetzes (TAMG) will die Bundesregierung den Einsatz von Antibiotika in der landwirtschaftlichen Tierhaltung weiter verringern. Fachleute sind jedoch skeptisch, ob die Ziele ohne neue bürokratische Lasten umgesetzt oder in dieser Form überhaupt erreicht werden können.

Bei einer öffentlichen Anhörung des Ernährungsausschusses wurde das Vorhaben gestern zwar mehrheitlich als richtiger Schritt angesehen, jedoch die geplante Übertragung der Antibiotika-Meldeverantwortung vom Tierhalter auf den Tierarzt fast durchweg scharf kritisiert. Der Verwaltungsaufwand sei zu hoch und die Besitzverhältnisse bezüglich der Tiere würden unklar, lautet die Einschätzung etwa der Bundestierärztekammer (BTK).

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Auch die Landwirte tragen Verantwortung

Der Tierarzt Dr. Andreas Wilms-Schulze Kump gab zu bedenken, dass nicht alle Verantwortung auf die Veterinäre abgeladen werden könne. „Beim Tierschutz und beim Tierwohl tragen auch die Landwirte Verantwortung“, so der Sachverständige.

Die Vizepräsidentin der Bundestierärztekammer (BTK), Iris Fuchs, wies darauf hin, dass aufgrund des Wegfalls der jetzigen Tierhalterbestätigung die gemeldeten Antibiotikamengen nicht in jedem Fall den von den Tierhaltern angegebenen Mengen entsprächen. Dies könne passieren, wenn beispielsweise Tiere während der Behandlung eingehen. In diesem Fall würden im angedachten Konzept mehr Behandlungen gemeldet werden, als tatsächlich stattgefunden haben.

Umgang mit Restmengen praxisfremd

Für problematisch hält Fuchs auch, dass Tierärzte „die insgesamt verschriebene, angewendete oder abgegebene Menge dieser Arzneimittel“ melden sollen. Während die angewendete Menge genau der verabreichten Menge entspreche, würde die abgegebene Menge nur dann der vom Tierhalter angewendeten Menge entsprechen, wenn die im Handel verfügbare Packungsgröße der benötigten Menge entspreche, verdeutlichte die BTK-Vizepräsidentin.

Sollte es dort zu Fehlern kommen, müsste der Tierarzt laut Fuchs entweder mehr abgeben oder durch Umfüllen und Abpacken die passende Menge „auseinzeln“. Dies sei gerade bei sterilen Injektionslösungen praktisch nicht möglich, so dass bei der Abgabe hier in aller Regel nach dem Ende der Behandlung eine Restmenge bei den Tierhaltern verbleibe, berichtete die Tierärztin aus der Praxis.

Würden solche Restmengen nicht erneut mit dem sogenannten Nullbeleg verordnet, müssten auch diese in die Erfassung der Daten zur Anwendung von antimikrobiellen Arzneimitteln bei Tieren an die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) einfließen. Beide Szenarien hätten zur Folge, dass Deutschland effektiv mit einer höheren als der tatsächlichen Anwendungsmenge an antibiotischen Substanzen im europäischen Vergleich dargestellt werde, warnte Fuchs.

Zunehmende Rechtsunsicherheit für Tierärzte

Auch Dr. Michael Schmaußer vom Bundesverband Praktizierender Tierärzte (bpt) lehnt die Übertragung der Meldeverantwortung auf den Tierarzt ab, „denn viele der für eine korrekte Ermittlung der Therapiehäufigkeit notwendigen Daten liegen dem Tierarzt zum Zeitpunkt der Meldungserstellung nicht vor“. Das führe zu erheblicher Rechtsunsicherheit bei den praktizierenden Tierärzten.

„Die knappe Ressource Tierarzt sollte besser genutzt werden als zum Abarbeiten von Bürokratie“, meinte Schmaußer. Zudem sei der Start zum 1. Januar 2023 zu früh, vor allem weil neben Milchvieh auch andere Nutzungsgruppen aus dem Rinderbereich in das Monitoringsystem hinzukämen. Darauf seien seine Kollegen bislang in keiner Weise vorbereitet worden.

Übergangszeitraum notwendig

Der Vieh- und Fleischreferent des Deutschen Bauernverbandes, Roger Fechler, hält die Einführung der Dokumentation ebenfalls für zu früh und plädierte für einen Übergangszeitraum. Die vorgesehene Erweiterung des nationalen Antibiotikaminimierungskonzeptes und die Aufnahme neuer Nutzungsarten würde ihm zufolge fast 40 000 Betriebe mit ihren Tierärzten betreffen. Entsprechende Strukturen, Datenbankabläufe sowie deren Umsetzung durch Tierärzte und Landwirte seien derzeit aber noch unklar, erklärte Fechner. Eine reibungslose Umsetzung der Meldevorschriften unmittelbar zum 1. Januar 2023 sei somit praktisch nicht möglich.

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