Ein Kommentar von Patrick Liste, Chefredakteur Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben:
Blockierte Handelslager und verschärfte Düngeregeln: Selten war es „zwischen den Jahren“ so unruhig. Kann da 2021 überhaupt besser werden?
Der harte Brexit wurde abgewendet, die Agrarmärkte spüren den Austritt Großbritanniens aus der EU trotzdem. Vor allem aber leiden sie weiter unter Corona. Im Jahresverlauf könnten sich die Erzeugerpreise für Fleisch und Milch erholen. Wo möglich, sollte die Politik stützen. Zum Beispiel endlich den massiven Preisdruck bei gleichzeitig höheren Anforderungen des Lebensmitteleinzelhandels eindämmen. Der freiwillige Verhaltenskodex von Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner wirkt eher wie das Werfen mit Wattebällchen. Warum nicht einmal die Keule herausholen und Strukturen zerschlagen?
Praxisgerechte Kompromisse aus Brüssel nötig
In Brüssel stehen politische Weichenstellungen an. Bis 2050 soll Europa klimaneutral sein. Das soll mit dem Green Deal gelingen. Die pauschalen Ziele wie „50 % weniger Pflanzenschutzmittel und 20 % weniger Dünger“ klingen nach Ideologie. Sie sind deshalb in der Praxis verpönt – obwohl die Landwirte offen für mehr Klima- und Umweltschutz sind. Hier ist ein praxisgerechter Kompromiss nötig.
Genau wie bei der künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP): Kommission, Parlament sowie Ministerrat wollen ihre Verhandlungen zügig abschließen. Doch noch gibt es Gerangel. Klar ist aber: Die „Grüne Architektur“ stellt den europäischen Rahmen der GAP, die nationalen Strategiepläne regeln den Weg.
Hier ist Berlin gefordert: Die Politiker müssen die EU-Kommission zufrieden stellen, ohne deutsche Landwirte strenger ranzunehmen als unsere Nachbarn es tun. Und sie sollten die Chance der GAP nutzen, dass Landwirte Umwelt- und Klimaschutz entlohnt bekommen. Zudem muss Berlin die Arbeiten zur künftigen Tierhaltung (Borchert-Kommission) und Landwirtschaft (Zukunftskommission) vorantreiben.
Wichtige Fragen sind nicht geklärt. Ein sachlicher Dialog ist nur bis Sommer möglich – dann ist Wahlkampf.
Zielbilder definieren
Die Landwirte sollten sich deshalb stärker einbringen. Über Verbände und Organisationen sollten sie selbst definieren, welche Zielbilder sie von der Landwirtschaft in Deutschland haben. Dafür ist es nötig, sich stärker als bisher zu verknüpfen.
Neben etablierten Verbänden und zweimal „Land schafft Verbindung“ haben sich weitere Gruppen wie „Freie Bauern“, „Basis Bauern“ oder „Milchdialog“ gebildet. Die Forderungen und Vorgehensweisen sind teilweise unterschiedlich. Da spricht nichts gegen, sie sollten sich vielmehr ergänzen: Die „neuen“ Gruppen schaffen mit agilen Aktionen Gesprächsbereitschaft, die „alten“ stellen Verbindlichkeit her – gegenüber dem Lebensmittelhandel und der Politik. Denn nötig sind nicht nur kurzfristige Geldeffekte wie durch die Blockaden erreicht, sondern langfristig tragfähige Strukturen für die Bauern.
2021 hat gerade begonnen. Damit es ein besseres Jahr wird, müssen alle ihren Teil leisten.