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Halbjahresbilanz zum Verbot des Kükentötens ernüchternd

Die Halbjahresbilanz des Kükentöten-Verbots fällt durchwachsen aus. Bei der Geschlechts­bestimmung im Ei und in der Bruderhahnmast gibt es noch einige Herausforderungen.

Lesezeit: 5 Minuten

Unsere Autoren: Dr. Falko Kaufmann, Prof. Robby Andersson, Hochschule Osnabrück

In Deutschland ist seit Anfang 2022 endgültig verboten, was seit Jahrzehnten weit verbreitete Praxis in der deutschen Geflügelwirtschaft war (international und in der EU noch ist): das Töten der männlichen Eintagsküken aus Legelinien direkt nach dem Schlupf. Acht Monate nach dem Verbot hält die Diskussion über die Alternativen in der Branche an. Die wichtigsten Hürden und Herausforderungen stellen wir hier noch einmal vor.

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Als Alternativen zum Töten der männlichen Eintagsküken sollen sich drei Verfahren etablieren:

  • der Einsatz von Zweinutzungsgenetiken mit besserem Fleischansatz bei den Hähnen bei kleinerer Legeleistung der Hennen,
  • die Geschlechtsbestimmung im Ei,
  • die Aufzucht der männlichen Eintagsküken als „Bruderhähne“.

Im Vergleich zu Rassen, die entweder ausschließlich für die Mast oder für die Eierproduktion gezüchtet wurden (Einnutzungsrassen), sind die Leistungen von Zweinutzungsrassen schlechter. Mittel- bis langfristig ist nicht mit einem flächendeckenden Einsatz solcher Tiere zu rechnen.

Königsweg in ovo-Geschlechtsbestimmung?

Als zukunftsfähige Branchenlösung wird grundsätzlich die Geschlechtsbestimmung im Ei („in ovo“) angesehen. Hier sind verschiedene Anbieter bzw. Technologien bereits am Markt etabliert, die eine Geschlechtsbestimmung im Ei mittels Durchleuchtung („Cheggy“ der AAT GmbH) oder auch endokrinologischer Analyse (Seleggt GmbH) ermöglichen.

Eine zentrale Herausforderung bei allen Methoden ist der frühestmögliche Zeitpunkt der Geschlechtsbestimmung, also ab welchem Bruttag das Verfahren mit einer möglichst hohen Treffergenauigkeit durchgeführt werden kann. Der Eingriff am Ei sollte hierbei so früh wie möglich erfolgen, um auszuschließen, dass der Embryo bereits ein Schmerzempfinden entwickelt hat.

Als sicher gilt, dass bis zum siebten Tag keine Empfindungsfähigkeit vorliegt, aber man ab dem 15. Bebrütungstag sicher von einem Schmerzempfinden ausgehen kann. Für den Zeitraum dazwischen gehen die wissenschaftlichen Meinungen und Studien auseinander. Entsprechend kritisch wird dieser Zeitpunkt hinsichtlich des Tierwohls gesehen.

Schon ab dem 1. Januar 2024 soll der neue Paragraph 4c im Tierschutzgesetz um einen Absatz erweitert werden, der eine Manipulation am Hühnerei oder Brutvorgang im Rahmen von Verfahren zur Geschlechtsbestimmung mit der Folge des Todes des Hühnerembryos untersagt. Sollte die Formulierung so umgesetzt werden, müssten die derzeit verfügbaren Verfahren so weiterentwickelt werden, dass eine zuverlässige Bestimmung des Geschlechts möglichst vor dem siebten Bebrütungstag erfolgen kann.

Ineffizienter Bruderhahn

Die geringe Akzeptanz der Zweinutzungshühner und die Unsicherheiten bei der Geschlechtsbesimmung im Ei verdeutlichen die aktuelle Bedeutung der dritten Alternative zur Tötung der männlichen Eintagsküken: die Aufzucht der sogenannten Bruderhähne. Gemeint sind damit die männlichen Nachkommen von Elterntieren, die für die Eiererzeugung gezüchtet werden.

Leider hat der Bruderhahn aus diesen spezialisierten Hybrid-Legelinien wegen des züchterischen Widerspruchs von Wachstum und Legeleistung nur unzureichende, ineffiziente und nicht marktkonforme Mastleistungen mit entsprechend geringem Fleischansatz.

Aus eigenen Studien und aus Angaben der Schlacht- und Verarbeitungsbetriebe wissen wir, dass die Hähne mindestens so lange aufgezogen oder gemästet werden müssen, bis sie ein Lebendgewicht von rund 1,5 kg erreicht haben, um die Tiere adäquat schlachten zu können bzw. aus ihnen ein adäquates Lebensmittel herstellen zu können. Je nach Genetik, Haltungsform und Fütterung wird dieses Gewicht erst nach ca. 80 bis 95 Tagen erreicht.

Mit zunehmender Haltungsdauer werden der Futteraufwand und vor allem die Futterverwertung immer ungünstiger: Bei einer Aufzuchtdauer von 82 Tagen brauchen die Bruderhähne durchschnittlich 3,2 kg Futter pro kg Zuwachs. Zum Vergleich: Das klassische, schnellwachsende Masthähnchen benötigt für ein Lebendgewicht von 1,5 kg ca. 29 Tage und hat eine Futterverwertung von ca. 1,6 kg Futter pro kg Zuwachs.

Hieraus leitet sich einer der am häufigsten genannten Kritikpunkte der Bruderhahnmast ab: die Ineffizienz des Aufzuchtverfahrens, welches sich vor allem durch den hohen Ressourceneinsatz (Futter, Energie) erklärt. Der Bruderhahn hat zudem das „Pech“, dass die aktuell weltweit angespannte Rohstoff- und Energieversorgung die Aufzucht der Hähne „unattraktiv“ erscheinen lässt.

Nicht zuletzt verursacht eine praxisübliche Bruderhahnaufzucht wegen des Mehraufwands an Einstreu, Futter, Elektrizität, Gas und Atmung dreimal so viel CO2-Äquivalent pro kg Schlachtgewicht wie die klassische Hähnchenmast.

Fleisch vom Bruderhahn ­wenig beliebt

Durch die schlechte Futterverwertung bzw. den damit verbundenen hohen Futteraufwand entstehen Kosten, die der Schlachtkörper unter aktuellen Marktbedingungen nicht bzw. kaum erlösen kann. Einige ökonomische Aspekte der Bruderhahnaufzucht könnten über die Vermarktung verbessert werden, grundsätzlich ist der Schlachtkörper des Bruderhahns im Bereich Frischvermarktung von Geflügelfleisch aber aktuell nicht marktkonform.

Dafür ist die Teilstückausprägung zu gering und die Konsistenz des Fleisches zu fest, was gegen eine Vermarktung und Verwendung als Kurzbratfleisch spricht. Daher geht der Löwenanteil des Fleisches der Bruderhähne in die Verarbeitung und landet, teils gemischt mit anderem Geflügelfleisch, in Frikassee, Geflügelklein oder Roh- und Brühwurstwaren.

Ein echtes Problem ist es aktuell, ein breites Angebot an hochwertigen Lebensmitteln von Bruderhähnen zu produzieren und auch entsprechend zu vermarkten. Einige Vermarkter bieten zwar erfolgreich verschiedene Produkte vom Bruderhahn an. Hier werden allerdings in der Regel nur recht enge und klar definierte Kundenkreise erschlossen. Hier spielt auch der Verbraucher bzw. die Verbraucherakzeptanz eine entscheidende Rolle.

In vielen Erzeuger- und Vermarktungskonzepten wird die teure Bruderhahnaufzucht daher über die Vermarktung der Eier quersubventioniert. 

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