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topplus Feste Preise?

Milchmarkt: Das weltweite Angebot drängt nicht

US-Analysten rechnen mit einem weiterhin knapp versorgten Milchmarkt. Das spricht für feste Preise. Diese werden allerdings auch benötigt, um die stark gestiegenen Produktionskosten zu decken.

Lesezeit: 6 Minuten

Unser Autor: Mathias Klahsen, LWK Niedersachsen in Oldenburg

Beim Blick auf die Milcherlöse kommt Freude auf. Im Mai lag der Erzeugerpreis in Deutschland im Schnitt bei 49,6 ct/kg (14,7 ct/kg über Vorjahresniveau). Zuletzt zahlten Molkereien im Norden schon 58 ct/kg. Diese Preise sind aber auch nötig, um die Produktionskosten zu decken.

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Bereits vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine hatten sich z. B. Futtermittel verteuert. Nach dem 24. Februar sind die Kosten aber nochmals stark gestiegen, für ein MLF 20/4 in Niedersachsen z. B. um über 22 %. Ähnliche Steigerungen gab es bei Diesel, Strom und Stickstoffdünger. Kein Wunder, dass sich Milcherzeuger Gedanken um die Rentabilität machen und sich fragen, wie es mit den Erlösen weitergeht.

Angebotsprognose gesenkt

Die meisten Beobachter geben darauf nur sehr ausweichende Antworten. Derzeit gibt es nämlich viele Un­wägbarkeiten, wie den Ukrainekrieg und dessen Auswirkungen auf die weltweite Wirtschaftslage, die Preisprognosen fast unmöglich machen.

Der jüngste Bericht des US-Agrarministeriums (USDA) gibt aber zumindest in puncto Angebot Entwarnung: Es erwartet in dem laufenden Jahr eine weltweite Kuhmilcherzeugung von insgesamt knapp über 545 Mio. t. Das liegt zwar immer noch auf dem Niveau des vergangenen Jahres. Im Dezember 2021 hatten die USDA-Beobachter für 2022 allerdings noch ein rund 4 Mio. t größere globale Milchmenge vorhergesagt als jetzt.

Die führenden fünf Milchexporteure werden voraussichtlich im Durchschnitt ca. 1 % weniger Milch erzeugen als im Jahr 2021:

  • Das USDA hat die ursprünglichen Erwartungen an die Milchmenge der EU gegenüber der Dezemberprognose um 3 % nach unten korrigiert und geht nun von 2 % weniger Milch aus als im Jahr 2021. Die anhaltende Trockenheit sorgt für überschaubare Anlieferungsmengen mit zugleich niedrigen Milchinhaltsstoffen. Wegen fehlender Regenfälle erwarten Analysten auch negative Auswirken auf die Grundfutterversorgung. Zudem wer­de der Rückgang der Milchviehbestände auch durch immer schärfere Umwelt- und Tierwohlauflagen befeuert, heißt es.
  • In den USA wird hingegen eine Stabilisierung der Milchproduktion in der zweiten Jahreshälfte erwartet, da die Milchleistung bei einem stabilen Milchkuhbestand leicht steigen dürfte. „Angesichts attraktiver Auszahlungspreise verlässt keine Kuh den Bestand vorzeitig“, berichtet ein Branchenkenner.
  • In Neuseeland hat die Trockenperiode am Jahresanfang zu einem Rückgang der Milchproduktion um 6 % geführt. Dann haben jedoch Regenfälle die Grundfuttersituation erheblich verbessert, sodass für 2022 insgesamt nur noch ein moderates Minus erwartet wird. Die Farmer wollen überdies von den hohen Auszahlungspreisen profitieren und steigern ihre Erzeugung jetzt sogar. Der Mangel an Arbeitskräften, die zuvor deutlich reduzierten Kuhbestände und steigende Produktionskosten werden das allerdings limitieren.
  • Das USDA hat seine Produktionszahlen für Australien gegenüber Dezember 2021 um gut 3 % gesenkt. Denn die erhoffte Entspannung in puncto Arbeitskräfteangebot ist nicht eingetreten. Außerdem veranlassen steigende Grundstückspreise australische Farmer zum Verkauf der Betriebe. Oder sie steigen auf Bullenmast um, denn diese ist ebenfalls lukrativ, aber nicht so arbeitsintensiv wie die Milcherzeugung.
  • Für Argentinien sagen die Analysten des USDA immer noch ein moderates Wachstum in der Milchproduktion voraus. Im Vergleich zur vorherigen Prognose wird allerdings nun ein kleineres Plus erwartet, da die kräftig steigenden Produktionskosten die Rentabilität schmälern. Und Kredite sind nach wie vor fast unbezahlbar – wenn sie überhaupt bewilligt werden.

Rege, aber oft auch ­schwierige AbsatzMärkte

Während das Angebot stagniert bzw. in Milch-Exportländern sogar rückläufig ausfallen soll, dürfte die globale Nachfrage nach Milch und Milcherzeugnissen rege bleiben, prognostiziert das USDA. Allerdings ist und wird der Export dadurch nicht zu einem Selbstläufer. Infolge der Coronapandemie kam es weltweit zu Verschiebungen bei der Nachfrage nach Molkereiprodukten. Exporteure haben es auf traditionellen Absatzmärkten plötzlich mit neuer Konkurrenz zu tun, oder sie müssen sich quasi von heute auf morgen um neue Vertriebswege bemühen.

Prominentestes Beispiel ist der normalerweise für westliche Käseanbieter sehr attraktive chinesische Markt: Seit dort wegen Corona knallharte Lockdowns verhängt werden, importieren die Chinesen weniger Käse aus Australien. Für diesen müssen neue Absatzkanäle in Japan und Südostasien erschlossen werden. Ähnliche Entwicklungen gibt es bei anderen Milcherzeugnissen.

In den kommenden Monaten erwartet das USDA eine Belebung der Käsenachfrage Chinas und anderer Importeure. Davon werden auch deutsche und andere europäische Exporteure profitieren. Die Käseexporte der EU-27 sollen gegenüber dem Vorjahr um 1 % auf rund 1,4 Mio. t zulegen. Hauptabnehmer von EU-Käse bleiben allerdings die USA gefolgt von Japan.

Tatsache ist, viele Milchverarbeiter in Europa konzentrieren sich mittlerweile stark auf Käse und Molke. Das führt in Verbindung mit geringen Rohmilchmengen zu Produktionsrückgängen bei Butter und Milchpulver. Das spiegeln die USDA-Zahlen wider:

  • Wegen der weiterhin starken Nachfrage aus den USA wird der Butterexport der EU voraussichtlich um rund 2 % auf 270.000 t steigen. Das Niveau des Jahres 2020 (316.000 t) wird aber deutlich verfehlt.
  • Bei Magermilchpulver erwarten Beobachter ohnehin einen Rückgang der Exporte führender Anbieter um 3 %. Die stärksten Einbußen wird dabei mit - 11 % aber wohl die EU hinnehmen müssen. Zuletzt lagen die Ausfuhren sogar 21 % unter dem Vorjahresniveau. In der zweiten Jahreshälfte wird allerdings eine zunehmende Nachfrage aus Ölförderländern erwartet – dort steigt die Kaufkraft infolge der stolzen Ölerlöse. Und nach dem Ende der Lockdowns dürfte auch China wieder mehr als Importeur in Erscheinung treten.
  • Allerdings gilt das voraussichtlich nicht für Vollmilchpulver. Für China gehen Analysten von einem weiteren Anstieg der Vollmilchpulverproduktion auf 1,05 Mio. t aus. Außerdem hat das Land während des Lockdowns umfangreiche Mengen an Vollmilchpulver eingelagert, weshalb für 2022 ein Rückgang der Importe um rund 6 % erwartet wird.

Vorsichtiger Optimismus

Unterm Strich spricht der jüngste Bericht des USDA für weiterhin relativ fest tendierende Milchpreise. Das begrenzte Angebot wird demnach auf eine zumindest stetige weltweite Nachfrage treffen. Gleichzeitig sind allerdings die Auswirkungen der Coronapandemie noch am Markt zu spüren. Das erschwert den Handel.

Gleiches gilt für die Tatsache, dass immer mehr Verbraucher beim Lebensmittelkauf schon wieder jeden Euro zweimal umdrehen. Falls der deutsche Lebensmitteleinzelhandel deshalb dem Beispiel „Fleisch“ folgen sollte und plötzlich auch bei den Preisen für Milch und Milchprodukte mauert, hätte das auch negative Folgen für die Erzeugererlöse. Noch kann davon keine Rede sein.

Die meisten Analysten sind „vorsichtig optimistisch“ gestimmt. Einen erheblichen Teil ihrer (hoffentlich attraktiven) Erlöse müssen Milchviehhalterinnen und -halter allerdings auch weiterhin für die steigenden Produk­tionskosten ausgeben. Von „goldenen Zeiten“ kann keine Rede sein.

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