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IAMO

Russland wandelt sich mit aller Kraft zum führenden Agrarexporteur

Russland hat die USA als führende Weizenexportnation abgelöst und steht an der Schwelle Nettoexporteur von Schweine- und Geflügelfleisch zu werden. Ein Bericht aus dem Land vom IAMO.

Lesezeit: 5 Minuten

Unsere Autoren: Linde Götz und Taras Gagalyuk, Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO)

Der Agrar- und Nahrungsmittelsektor der Russischen Föderation hat ein sehr dynamisches Wachstum verzeichnet: Russland hat sich in weniger als 20 Jahren von einem Weizenimporteur zum größten Weizenexporteur der Welt entwickelt, und hat die USA als führende Weizenexportnation abgelöst.

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Zudem befindet sich Russland heute am Wendepunkt von einem großen Fleischimporteur zum Nettoexporteur von Schweine- und Geflügelfleisch. Viele Faktoren haben zu diesen Entwicklungen beigetragen: So verfügt Russland mit mehr als 200 Mio. ha landwirtschaftlicher Nutzfläche – in Deutschland sind es 17 Mio. ha -, die großflächig mit dem fruchtbaren Tschernosem-Boden bedeckt ist, und damit über 40 % der weltweiten Schwarzerde-Ressourcen verfügt, über hervorragende natürliche Bedingungen.

Landwirtschaft wieder im Fokus der Politik

Führende Politiker Russlands haben dem Agrar- und Ernährungssektor große Aufmerksamkeit geschenkt, obwohl dessen Anteil am russischen BIP und den Erwerbstätigen mit 3,4 % bzw. 5,8 % (2019) stark begrenzt ist. Dies hat dazu geführt, dass anspruchsvolle langfristige Ziele für die Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln festgesetzt wurden, deren Erreichung mit finanzkräftigen Programmen im Rahmen einer Importsubstitutionspolitik forciert wurde.

Dabei werden die Importe aus einzelnen Ländern, Regionen oder Unternehmen mittels Importsteuern bis hin zu Importverboten vermindert, das oftmals mit der Nichteinhaltung phytosanitärer Standards begründet wird. Zugleich wird dadurch die heimischen Agrar- und Nahrungsmittelproduktion vor internationaler Konkurrenz geschützt und deren Ausbau vorangetrieben.

Ziel der Selbstversorgung erreicht

Inzwischen sind die Selbstversorgungsziele für viele Nahrungsmittel bereits erreicht und die Nahrungsmittelimporte dementsprechend zurückgegangen. Jedoch ist das zusätzliche, bisher ungenutzte landwirtschaftliche Produktions- und Exportpotential noch immer groß. Und so haben sich die agrarpolitischen Ziele in Richtung des Agrarexports verschoben:

Erstmals im Rahmen eines Präsidialerlasses von Präsident Wladimir Putin im Jahr 2018 angekündigt und von Premierminister Michail Mischustin 2020 erneut bekräftigt, strebt die russische Regierung eine Steigerung der russischen Agrarexporte von 25 Mrd. US-Dollar (2018) auf 45 Mrd. US-Dollar im Jahr 2024 an.

Und schließlich haben neben dem guten geografischen Zugang zum Weltmarkt über die Häfen am Schwarzen Meer auch die starke Abwertung des russischen Rubels im Kontext der Ölkrise 2014 und der Aufgabe der Wechselkursfixierung die Wettbewerbsvorteile auf den globalen Agrarmärkten gestärkt.

Gezielter Ausbau der Großunternehmen

Im Mittelpunkt der Importsubstitutionspolitik stand die Förderung des Ausbaus der Produktion von Fleisch. Dabei fällt auf dass die dynamische Entwicklung im Geflügel- und Schweinesektor mit der Ausweitung der Großunternehmen, insbesondere der Agroholdings einhergeht, welche mittlerweile einen Anteil von zwischen 80 % und 90 % an der Produktion von Schweine- bzw. Geflügelfleisch hat.

Im Unterschied dazu spielen die Kleinproduzenten, die oftmals nur für ihre eigene Versorgung und für regionale Wochenmärkte produzieren, noch immer eine große Rolle in der Produktion von Rohmilch, Rindfleisch, Freilandgemüse und Obst, welche ein deutlich langsameres Wachstum verzeichnen. So haben Kleinproduzenten einen Anteil von fast 40 % bei der Produktion von Rohmilch, deren Produktionsmenge mit 31 Mio. t pro Jahr seit Jahren konstant ist.

Die Produktion von Rindfleisch ist stark an die Milchproduktion gekoppelt, und das Rindfleisch entstammt vorwiegend den Milchkühen, welche aus der Produktion genommen wurden. Der dennoch beobachtete Anstieg der Selbstversorgung bei Rindfleisch und Butter lässt sich nicht auf die Ausweitung der Produktion sondern vielmehr auf den Rückgang der Nachfrage im Zuge der russischen Wirtschaftskrise 2015/16 zurückführen.

Weizenexport zwecks Preisstabilisierung begrenzt

Ganz anders als der Fleisch- und Milchsektor hat der russische Getreidesektor nicht von den Lebensmittelsanktionen profitiert, sondern wird regelmäßig im Rahmen der Beschränkung der Weizenexporte besteuert.

Die Beschränkung der Weizenexporte zielt darauf ab, der Lebensmittelpreisinflation entgegenzuwirken und die Futtermittelpreise zu dämpfen. Es hat sich jedoch gezeigt dass die Wirksamkeit der Exportbeschränkungen beim Weizen zur Dämpfung der Brotpreise aufgrund des geringen Anteils der Weizenkosten an den Gesamtkosten der Brotproduktion gering ist.

Außerdem wirken sich Weizenexportbeschränkungen, indem sie das Marktrisiko erheblich erhöhen, langfristig negativ auf die weitere Entwicklung des Getreidesektors aus und wirken damit der Realisierung des zusätzlichen russischen Weizenproduktionspotenzials entgegen.

Weizenproduktion steigt weiter

Nichtsdestotrotz hat der russische Getreidesektor in den letzten zwei Jahrzehnten einen dynamischen Entwicklungspfad beim Übergang von einem Getreideimporteur zum weltweit größten Exporteur von Weizen gezeigt. Es ist sogar zu erwarten, dass Russlands Weizenproduktion in Zukunft weiter steigen wird, da das Land derzeit über ein enormes ungenutztes landwirtschaftliches Produktionspotenzial verfügt.

Hierbei ist die weitere Steigerung der Erträge durch erhöhten Einsatz von Düngemitteln als auch leistungsfähigerem Saatgut von Bedeutung. Zudem könnte die Getreideproduktion auch durch die Rekultivierung von Agrarflächen, welche nach der Auflösung der Sowjetunion aus der Produktion genommen wurden, gesteigert werden.

Ausbau der Transport- und Hafeninfrastruktur

Die Mobilisierung dieses Produktionspotenzials könnte erheblich zur Verbesserung der globalen Ernährungssicherheit beitragen, sofern es gelingt, zugleich auch das Exportpotenzial Russlands zu erhöhen. Dies erfordert jedoch umfangreiche Investitionen in die inländische Marktinfrastruktur, die eine kosteneffiziente Belieferung der Schwarzmeerhäfen mit Getreide aus einer Entfernung von bis zu 4.000 km ermöglicht, sowie eine stärkere Bindung der Preisentwicklungen im Inland an die Weltmärkte herstellt.

Weizen stellt das wichtigste landwirtschaftliche Exportprodukt Russlands dar und hat zusammen mit den anderen Getreidearten und Ölsaaten, vor allem Sonnenblumen, und Ölsaatenprodukten, insbesondere Sonnenblumenschrot und –öl, derzeit einen Anteil von ca. 60 % an den Exporteinnahmen im Agrarbereich aus, während der Anteil von Fleisch und Milchprodukten zusammen nur 3 % beträgt.

Daher wird die Mobilisierung des zusätzlichen Getreideproduktionspotenzials von großer Bedeutung sein, um das Ziel, die Agrarexporte bis 2024 auf 45 Mrd. $ zu steigern, zu erreichen. Daher ist der politische Wille, die Mobilisierung von Getreideexporten durch die Finanzierung von Investitionen in die Transport- und Hafeninfrastruktur und die Subventionierung der Rekultivierung von Flächen zu katalysieren, groß.

Dennoch wird die Rentabilität der Getreideproduktion in Russland auf lange Sicht auch von Faktoren jenseits der Politik stark beeinflusst, wie insbesondere der globalen Nachfrage nach Getreide und dem Klimawandel.

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