Schlechte Noten verteilt der Europäische Rechnungshof (EuRH) über die Erfolge der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zur Verbesserung der Biodiversität auf landwirtschaftlichen Nutzflächen in den zurückliegenden zehn Jahren.
Dies geht aus dem am Freitag in Luxemburg veröffentlichten "Sonderbericht zu Biodiversität auf landwirtschaftlichen Flächen" hervor.
GAP hat kaum Erfolge beim Rückgang der biologischen Vielfalt erbracht
Die Biodiversität landwirtschaftlicher Nutzflächen geht trotz spezifischer GAP-Maßnahmen weiter zurück, so das Fazit der EU-Prüfer. Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) war hinsichtlich der Umkehrung des seit Jahrzehnten zu beobachtenden Rückgangs der biologischen Vielfalt nicht wirksam, und intensive Landwirtschaft sei weiterhin eine der Hauptursachen für diesen Verlust, kommen die Prüfer zum Schluss.
EU-Agrarbeihilfen haben nur geringe Effekte zugunsten von mehr Biodiversität
Die EU-Prüfer stellten Lücken in der EU-Biodiversitätsstrategie für das Jahr 2020 und ihrer Koordinierung mit der GAP fest. Außerdem gelangten sie zu dem Ergebnis, dass die Kommission die GAP-Ausgaben für die biologische Vielfalt nicht zuverlässig verfolgt und dass ein Großteil der GAP-Finanzierungen nur geringe positive Auswirkungen auf die Biodiversität habe.
In Europa sind Bestand und Vielfalt der Arten auf Agrarland seit vielen Jahren rückläufig. Die Feldvogel- und Wiesenschmetterlingspopulationen – ein guter Indikator für Veränderungen – haben sich seit 1990 um mehr als 30 % verringert. Intensive Landwirtschaft hat zu einem Rückgang der Bestandsdichte und der Vielfalt der natürlichen Vegetation und damit auch der Tiere geführt und bleibt eine der Hauptursachen für den Verlust an Biodiversität, heißt es im Bericht.
EU-Rechnungshof: "Seit 2011 sind messbare Erfolge weitgehend ausgeblieben"
Im Jahr 2011 vereinbarte die EU-Kommission eine Strategie, mit der diesem Verlust bis 2020 Einhalt geboten werden sollte. Sie verpflichtete sich, den Beitrag von Land- und Forstwirtschaft zur Erhaltung der Biodiversität zu erhöhen, und setzte sich zum Ziel, eine "messbare Verbesserung" des Erhaltungszustands von Arten und Lebensräumen, die von der Landwirtschaft beeinflusst werden, herbeizuführen.
"Bislang hat die GAP dem Rückgang der biologischen Vielfalt landwirtschaftlicher Nutzflächen, der sowohl für die Landwirtschaft als auch für die Umwelt eine große Gefahr darstellt, nicht ausreichend entgegengewirkt", erläuterte Viorel Ștefan vom Europäischen Rechnungshofs den aktuellen Befund.
"Der Vorschlag für die GAP nach 2020 und die Biodiversitätsstrategie bis 2030 zielen darauf ab, die GAP besser auf Herausforderungen wie den Verlust an Biodiversität, den Klimawandel oder den Generationswechsel auszurichten und zugleich die europäischen Landwirte weiter im Sinne eines nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Agrarsektors zu unterstützen."
Die Prüfer kritisieren in ihrem Berricht, dass in der Biodiversitätsstrategie der EU für 2020 keine messbaren Zielvorgaben für die Landwirtschaft festgelegt worden seien. Sie fordern für die Zukunft daher eine Umdenken in der GAP-Refom 2020.
Jutta Paulus: "Das Verschwinden der Ackerbegleitflora und vieler Schmetterlingsarten sind ein Alarmzeichen"
Die grüne Europaabgeordnete Jutta Paulus nimmt den Weltklimatag zum Anlaß, den EuRH-Bericht wie folgt zu bewerten:
"Der Bericht des Europäischen Rechnungshofs zeigt, dass die intensive Landwirtschaft einer der Hauptfaktoren ist, die unsere Biodiversität bedrohen. Vor allem im Bereich der Umweltbelastung durch Pestizide und Chemikalien liegt vieles im Argen", so Paulus. Die Pestizidzulassungsverfahren in der EU wiesen "scheunentorgroße Lücken" auf. Das Verschwinden insbesondere der Ackerbegleitflora und des Schmetterlingbestandes seien Alarmzeichen, erklärte Paulus gegenüber der Presse.
Die EU-Kommission habe mit der EU-Biodiversitätsstrategie und der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ gute Ansätze formuliert. Es fehle jedoch an einer sinnvollen Ausgestaltung dieser Strategien. Sofern keine Anpassungen vorgenommen würden, werde der Löwenanteil der Agrarsubventionen (40 Mrd. Flächenprämien im Jahr 2019 = 70% aller EU–Agrarausgaben) wie bisher nicht zur Verbeserung der biologischen Vielfalt eingesetzt, fürchtet Paulus.
Dies habe der Rechnungshof zweifelsfrei festgestellt. Die GAP-Gelder sollten künftig zur Vergütung von konkreten Naturschutz-, Umwelt- und Klimamaßnahmen der Landwirtschaft, im ökologischen Landbau und in der Unterstützung des Natura-2000-Netzwerks angelegt werden, so Paulus..
EU-Rechnungshof sieht Handlungsbedarf bei Biodiversitätsstrategie 2030
Die Prüfer empfehlen der Kommission, die Biodiversitätsstrategie für 2030 besser zu koordinieren, den durch Direktzahlungen und Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums geleisteten Beitrag zur Biodiversität von Agrarland zu verbessern, die Ausgaben im Zusammenhang mit der Biodiversität genauer zu verfolgen und zuverlässige Indikatoren für die Bewertung der Auswirkungen der GAP zu entwickeln.
Martin Häusling: "Intensive Landwirtschaft zerstört Biodiversität auf den Feldern"
Auch der Koordinator für Agrarpolitik der Grünen im EU-Parlament und Bio-Landwirt, Martin Häusling, fordert eine Neuausrichtung der GAP-Reform für mehr Biodiversität.
„Desaströser hätte der Zustandsbericht des Europäischen Rechnungshofes kaum ausfallen können. Die intensive Landwirtschaft zerstört Biodiversität auf den Feldern und Wiesen. Sie ist zugleich die Hauptgefahrenquelle für den Artenschwund auch in Natura-2000-Gebieten, in denen ebenfalls die Biodiversität zurückgeht.
"Der massive Einsatz von Pestiziden führt zu einem Rückgang der Artenvielfalt in Europa. Zudem kommt es durch die Klimakrise europaweit vermehrt zu Dürren, unter denen auch die Biodiversität leidet", so Häusling.
Die zugleich beobachtete Stagnation der Vogelpopulationen in Wäldern zeige, dass die aktuellen Methoden der Landwirtschaft Hauptfaktor für diesen katastrophalen Rückgang der Artenvielfalt seien, so Häusling.
"Ich verlange daher, dass die Kommission endlich in die Verhandlungen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) eingreift. Sie muss nach der Vorlage der eigenen Biodiversitätsstrategie und der Farm-to-Fork-Strategie bekennen, ob ihre Ideen mehr wert sind, als das Papier auf dem die Strategien geschrieben stehen". forderte Häusling in einer am Freitag verbreiteten Presseerklärung.
Es dürfe nicht sein, dass durch die Verhandlungen zur kommenden GAP das Grünland noch stärker zurückgehe als in der laufenden GAP-Periode 2014-2020.