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Milchhandwerker: Käse aus Schafmilch

Einst ging es auf dem Betrieb Böhner um Schweine. Heute melkt Nachfolger Frank Schafe. Die Milch verarbeiten sie auf dem Betrieb zu Frischkäse – eine Erfolgsgeschichte, die etwas ins Stocken gerät.

Lesezeit: 7 Minuten

Dieser Artikel erschien zuerst im Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben.

Zwei statt vier Zitzengummis baumeln am Melkgeschirr im Melkstand des Demeter-Betriebes Böhner. In Beverungen-Jakobsberg, ganz im Osten von NRW unweit der Weser, melkt Frank Böhner Schafe statt Kühe. Von seinen 400 Muttertieren der Rasse Lacaune geben etwa 250 Tiere zeitgleich Milch. Bis zu zweimal am Tag kommen sie in den 2 x 20 Side-­by-Side-Melkstand.

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Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Anja Wolff veredelt er seit sieben Jahren die Schafmilch zu Frischkäse. Damit besetzen die Jakobsberger Milchhandwerker eine Nische in der Nische. Denn in Deutschland werden gerade mal 14 .500 Schafe auf weniger als 100 Betrieben gemolken.

Das ganze Jahr Milch

Die Lacaune-Schafe lammen im Frühjahr und im Herbst. „Durch ein gestaffeltes Ablammen haben wir das ganze Jahr über Milch für die Käserei“, sagt Frank Böhner. Pro Tag kommen bis zu 200 l Milch zusammen. Das macht etwa 1 l pro Schaf und Tag. Im Vergleich zu Kuh und Ziege hat das Schaf eine geringe Milchleistung, aber einen höheren Fettanteil in der Milch. Das macht es attraktiv für den Biokäsemarkt. Aus 10 l werden etwa 4 kg Käse.

Die Milch fließt per Gefälle und ohne Pumpe aus dem Melkstand in die benachbarte Käserei. Dann dürfen die Milchsäurebakterien bis zu 24 Stunden wirken. „Das ist eine sehr langsame und flache Säuerung“, beschreibt Anja Wolff. Per Tuch trennt sie die Molke vom späteren Käse. Denn Handarbeit ist hier Trumpf. Die Milchhand­werker sehen sich schließlich als Manufaktur und nicht als Fabrik.

Am nächsten Tag gelangt der Frischkäse ins Gläschen. Zutaten wie Kräuter, Maulbeeren oder ­Chili kommen hinzu. Neben fünf Schafmilchsorten stellt das Paar mittlerweile auch Frischkäse aus Kuh- und Ziegenmilch her. Sie stammen von befreundeten De­meter-Höfen. „Wir sind auf Frischkäse im Glas spezialisiert“, sagt die 40-Jährige.

Der Käse ist geschlossen im Gläschen sieben Wochen haltbar, geöffnet wenige Tage. Nur etwas Salz konserviert ihn. Die Milchhandwerker käsen viermal die Woche. So entstehen zwischen 1 und 2 t Frischkäse. Das sind ungefähr 6.000 Gläser in der Woche – hochgerechnet bis zu 300 .000 Gläschen im Jahr.

Keine direkte Vermarktung

Zu Beginn haben sie noch 600 Gläser am Tag gefüllt, heute sind es bis zu 600 in der Stunde. Vor zehn Jahren hat Frank Böhner den Betrieb vom Vater übernommen. Der 38-Järige verwandelte die konventionelle Schweinehaltung in einen Schafmilchbetrieb. Dafür baute die Familie Schafstall und eine Käserei samt Wohnhaus am Ortsrand.

Gerade biegt ein Kühllaster auf die heutige Hofstelle. Er kommt zwei- bis dreimal die Woche. „Wir liefern ausschließlich an den Handel“, sagt Anja Wolff.

Woche für Woche beginnt dann das Jonglieren. Sie bekommt freitags die Bestellung für die nächste Woche. „Wir haben ein paar Ausweichprodukte wie einen Feta und im Sommer Eis“, sagt sie.

Dennoch müssen die Milchhandwerker die Produktion so abstimmen, dass sie kaum Überschuss an Schafmilch haben. „Wir können nichts an eine Molkerei abgeben. Ein Problem, das wir bei Ziegen- und Kuhmilch nicht hätten. Dort landet die überschüssige Milch in der Molkerei und wird zum Beispiel zu Milchpulver verarbeitet“, erklärt Frank Böhner.

Sieger auf Bio-Messe

Also jede Woche etwas Nervenkitzel. Das ganze Abenteuer nahm ab 2016 Fahrt auf. Ihre Sorte „Mara“, Frischkäse mit Maulbeere und Zeder­nuss, wurde damals auf der Biofach-Messe in Nürnberg als bestes neues Produkt ausgezeichnet. Der Biofachhandel in ganz Deutschland listete sie.

Außerdem kam ihnen die Plastikdebatte zugute. „Mit dem Käse im Glas hatten wir ein Alleinstellungsmerkmal“, erzählt Anja Wolff. Sie vergrößerten die Herde und weiteten die Produktion aus.

Das zu Beginn beschaulich geplante Leben mit ein paar Schafen, die man melkt, wich Wochen, in denen sie 80 Stunden arbeiten mussten. Mittlerweile unterstützen zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sie in der Käserei.

Ein Gläschen mit 135 g Inhalt kostet 4,50 €. „Es ist ein Premium­produkt. Die Zutaten haben nur die höchste Qualität“, sagt sie. Die Zutaten müssen einen Demeter-Anteil von 90 % haben. Der Rest zumindest Bioqualität. Das erklärt den Preis.

Anja Wolff steckt hinter den Kreationen. „Wichtig ist die Gesamtkomposition aus Qualität, Optik und Geschmack“, fasst sie zusammen. Herauskommen Varianten wie Knoblauch-Kräuter, Himbeer-Schoko oder Curry-Dattel.

Käsen aus Leidenschaft

Beim Käsen hat sich das Paar kennengelernt. In Südtirol besuchten beide ein Seminar. Anja Wolff stammt aus Schleswig-Holstein. Zuvor hatte sie nichts mit Landwirtschaft zu tun. Nach ihrem Studium der Kulturwissenschaft in Magdeburg war die damals alleinerziehende Mutter auf Sinnsuche. Auf einer Alp lernte sie das Käsen und fand ­darin ihren Weg.

Frank Böhner hielt schon seit der Jugend ein paar Schafe. Während seines Zivildienstes arbeitete er auf einer Demeter-Hof­gemeinschaft am Bodensee. Ihn überzeugte das ganzheitliche Konzept. Er bereut bis heute nicht den radikalen Schritt. Das Wissen um den Ökolandbau vertiefte der Agrar­betriebswirt an der Fachschule in Kleve.

Höchster Punkt im Ort

„Im Vergleich zu anderen Bioverbänden sind die Regeln bei Demeter am strengsten“, sagt seine Partnerin. Sämtliche Eingriffe am Tier sind nicht erlaubt. Das Futter muss komplett aus biologischem Anbau stammen. Es kommt überwiegend von den 80 ha eigener Flächen. ­Davon sind 65 ha Ackerland und 15 ha Grünland.

Der Boden auf dem Kalksteinmassiv am Westufer der Weser ist steinreich und hat im Schnitt 35 Bodenpunkte – einer der niedrigsten Werte im Kreis Höxter. „Die Schafhaltung passt ideal zu dem kargen Standort“, sagt der Ostwestfale. Eiweiß für die Milchleistung beziehen die Tiere über Luzerne sowie Weiß- und ­Rotklee. Die Schafe beweiden portions­weise fünf bis sechs verschiedene Flächen.

Die Mutterlämmer bleiben auf dem Betrieb. Nur ein paar werden für die Zucht verkauft. Rund 20 % der Böcke mästen sie auf dem Betrieb selbst. Die anderen gehen an einen konventionellen Mäster.

Futterplatz für jedes Tier

An der höchsten Stelle des Ortes, bei 340 m über NN, steht der Schafstall. 2021 wurde er umgebaut. Im Herbst kann es hier sehr stürmisch werden. Hohe Decken lassen die Luft zirkulieren. „Dennoch zieht es nicht“, sagt Frank Böhner. In ihm stehen Gruppen von Mutterschafen mit ihren Lämmern.

Vorher kam das Futter noch in Raufen, nun gibt es zwei Futterbänder. Pro Tag bekommen die Tiere zwei Rundballen Heu. Als Kraftfutter dient eigenes Getreide wie Triticale oder Ackerbohnen.

Täglich kommt ein Ballen Stroh als Einstreu in den Stall. Verteilt wird er per Hand. „Die Rundballen lassen sich gut abrollen“, sagt der Schafhalter. Auf der ebenen Betonfläche wächst der Mist bis zu 30 cm an. Zweimal im Jahr kommt er raus und landet als Dünger auf den eigenen Flächen.

Frank Böhner unterstützen zwei 450-€-Kräfte in der Landwirtschaft. Wichtigste Stütze ist aber sein Vater Josef, mittlerweile über 70 Jahre alt. Er war damals eine der größten Triebfedern, als es darum ging, Schafe zu halten und zu melken, erinnert sich Anja Wolff.

Hoffen auf Weihnachten

Und Hilfe war vonnöten: Ihre Idee entwickelte eine Eigendynamik, mit der sie nicht gerechnet hatten. „Die Nachfrage wurde von Jahr zu Jahr mehr. Vor allem während der Corona-Zeit ging der Absatz durch die Decke“, blickt Anja zurück. Zusätz­lich musste sie drei Kinder im Homeschooling betreuen.

In diesem Jahr spürt das Paar zum ersten Mal eine Delle in der Nachfrage, zum Beispiel beim sonst gut laufenden Ostergeschäft. Wie im gesamten Biomarkt macht sich die Inflation bemerkbar. Viele Verbraucher achten zurzeit nur auf den Preis.

Für sie aber eine Chance durchzuatmen. Denn die vergangenen sieben Jahre waren ein wilder Ritt. Nichtsdestotrotz hoffen sie, dass das Weihnachtsgeschäft wieder positiver verläuft.

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