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Onlinevermarktung von Bio-Rindfleisch: Rund 1.000 € mehr pro Tier

Louis und Cord-Henning Henke sind von der konventionellen Milchviehhaltung auf Bio-Mutterkuhhaltung umgestiegen. Sie vermarkten pro Monat zwei bis vier Tiere über ihren Onlineshop mit Lieferservice.

Lesezeit: 6 Minuten

top agrar sprach mit Hofnachfolger Louis Henke im Interview über seine Erfahrungen in der Online-Direktvermarktung von Rindfleisch.

Wie ist Ihr landwirtschaftlicher Betrieb aufgestellt? Wie lange sind Sie schon in der Direktvermarktung aktiv?

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Louis Henke: Mein Vater und ich führen einen Biobetrieb mit Mutterkuhhaltung im Heidekreis in Niedersachsen. Wir bewirtschaften 120 ha und betreiben eine Mutterkuhhaltung mit etwa 120 Tieren. 2017 haben wir uns dazu entschieden, aus der Milchviehhaltung auszusteigen und sind auf Bio-Mutterkuhhaltung nach EU-Standard umgestiegen. Auf Anfrage haben wir dann begonnen, einige Tiere schlachten zu lassen und das Rindfleisch an Freunde und Bekannte zu vermarkten. Heute gehen alle unserer Tiere in Direktvermarktung über unseren Onlineshop weg. Damit hätten wir nicht gerechnet! Das hat mich darin bestärkt, den Betrieb in Vollzeit zu übernehmen. Ursprünglich war das nicht geplant, weil ich in der Milchviehhaltung in unserer Größenordnung mit damals 45 Kühen wenig Zukunftsperspektiven sah. Aber manchmal lohnt es sich, neue Wege einzuschlagen.

Sie haben sich mithilfe des Start-ups „Friedhold“ einen eigenen Onlineshop für Ihre Produkte aufgebaut, über den Sie mittlerweile Ihr gesamtes Fleisch vermarkten. Wie kam es dazu?

Henke: Zu Beginn haben wir das Fleisch in 10 kg-Paketen ab Hof verkauft. Mit der einheitlichen Zusammenstellung der Pakete und den vorgegebenen Teilstücken waren aber nicht alle Kunden zufrieden. Im Gespräch mit IT-affinen Freunden kam die Idee eines Onlineshops auf, in dem die Kunden einzelne Teilstücke und Produkte individuell bestellen können. Aus der Idee entwickelten sie in kurzer Zeit ein Shopsystem unter dem Namen „Friedhold“. Gestartet sind wir mit dem Shop im Freundes- und Bekanntenkreis. Heute verkaufen wir das Fleisch unserer Tiere fast ausschließlich über unseren Onlineshop und beliefern Kunden im Umkreis von 50 km.

Wie funktioniert die Abwicklung?

Henke: Wir lassen alle zwei Wochen ein bis zwei Tiere schlachten. Das sind im Jahr knapp 45 Tiere. Die voraussichtlich verfügbaren Mengen stellen wir vorab in den Shop ein und geben den Schlacht- und Verkaufstermin an. So verkaufen wir nur das, was je Tier vorhanden ist. Mein Vater und ich liefern die bestellten Produkte an zwei Wochenenden im Monat aus. Über Friedhold erhalten wir automatische Übersichten, was bestellt wurde, und planen anhand dessen unsere Lieferrouten. Das erleichtert die Arbeit enorm. Pro Tier bleiben abzüglich der Kosten rund 1.000 € mehr übrig, als wenn die Tiere über den Viehhandel weggehen. Für den Shop und den Service erhält Friedhold 5 % Provision vom Umsatz.

Wie bedeutend ist die Direktvermarktung für Ihren Betrieb?

Henke: Uns ist klar, dass wir das Rad mit Fleischvermarktung nicht neu erfinden können. Dennoch ist es heute unser Hauptstandbein. Der Kundenkontakt und die Haltungsform kommen offenbar gut an. Der Umstieg auf Bio war ein Argument, um bei vielen Kunden einen Fuß in die Tür zu kriegen. Viele von ihnen schätzen die Qualität, zum Beispiel die lange Fleischreifung, die Weidehaltung und die hofeigenen Futtermittel. Natürlich hat das seinen Preis, den sich nicht jeder leisten kann. Wir bedienen damit nur eine Nische. Neben den Privatkunden liefern wir außerdem einen Teil unseres Fleisches an ein nahegelegenes Hotel.

Was waren die Gründe für die Umstellung auf Bio?

Henke: Damals hatten wir etwa 45 melkende Kühe plus weibliche Nachzucht. Mein Vater hat hauptberuflich Holstein-Schwarzbunt gezüchtet und Deckbullen vermarktet. Ein Grund für den Ausstieg war auch die Änderung in der genomischen Zuchtwertschätzung. Wir haben uns bewusst dagegen entschieden, in einen Stall für 200 Kühe oder mehr zu investieren und wollten lieber in eine Nische gehen, auch wenn zum damaligen Zeitpunkt viele andere Betriebe neue Ställe gebaut haben. Wir wollten keine so hohe Geldsumme aufnehmen. Zu dem Zeitpunkt stand auch noch nicht fest, dass ich den Betrieb in Vollzeit übernehmen werde, da ich eigentlich Polizist bin. Ich hatte immer Freude an Landwirtschaft, aber mir fehlte die Perspektive. Da unser Betrieb aber nun mit der Vermarktung gut läuft, werde ich noch eine landwirtschaftliche Lehre machen und danach in Vollzeit zuhause einsteigen.

Wir haben uns bewusst dagegen entschieden, in einen Stall für 200 Kühe oder mehr zu investieren und wollten in eine Nische gehen.

Welche Herausforderungen bringt die Direktvermarktung im Netz mit sich?

Henke: Da unser Hof sehr ländlich gelegen ist, war der Lieferservice für uns quasi Pflicht. Dabei die Kühlkette und lebensmittelrechtliche Vorschriften einzuhalten, ist wichtig. Alle Teilstücke eines Tiers zu vermarkten, ist nicht immer einfach. Meist verkaufen wir 85 bis 90 % der Ware direkt. Wir sind froh, dass wir dabei auf einen treuen Kundenstamm bauen können. Übriggebliebene Produkte frieren wir ein und versuchen, sie zu einem späteren Zeitpunkt zu verkaufen. Das gleicht sich durch die regelmäßigen Verkaufstermine relativ gut aus. Die schwankende Nachfrage ist aber nach wie vor eine Herausforderung. Durch unsere Tiefkühlkapazitäten am Hof können wir das jedoch abfedern. Zudem versuchen wir, der schwankenden Nachfrage über eine hohe Produktvielfalt entgegenzuwirken. Da sich im Sommer Braten oder Gulasch meist schlechter verkaufen, lassen wir aus solchen Teilstücken Produkte wie Wurst oder Beef Jerkey herstellen. So versuchen wir eine ganzheitliche Verwertung zu erzielen und bieten mittlerweile über 50 Produkte an.

Wie arbeitsintensiv ist die Vermarktung?

Henke: Sie ist arbeitsintensiv, aber gut kalkulierbar. Wir lassen alle 14 Tage dienstags schlachten. Das Fleisch reift dann zehn Tage, sodass wir es am Freitag der Folgewoche abends beim nahegelegenen Metzger abholen können. Dann liefern mein Vater und ich am selben Abend und den Samstag und Sonntag darauf den ganzen Tag mit je einem Fahrzeug aus. Auch der Kundenkontakt nimmt einen wesentlichen Teil der Arbeit ein. Wir rufen jeden Kunden, der das erste Mal bei uns im Shop bestellt, vor der Lieferung an. Da wir alle zwei Wochen je rund 100 Privathaushalte anfahren, fällt die Arbeit bei der Auslieferung ebenfalls ins Gewicht.

Durch die festen Verkaufstermine ist das Geschäft planbar. Bei einem regelmäßig geöffneten Hofladen sähe das anders aus. Das Shopsystem von Friedhold ist eine gute Unterstützung für unsere Online-Direktvermarktung. Mittlerweile bietet das Start-up sein System für viele andere direktvermarktende Betriebe als eine Art „Baukasten-System“ an und unterstützt Kunden auch bei der Rechnungserstellung, beim Marketing und berät Landwirte.

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